Der Schrecken jedes ernsthaften Konjunkturanalysten hat sich auch im August 2020 wiederholt: Die Veränderungsraten im Vorjahresvergleich bei Produktion und Zulassungen sind weiter teils tiefrot. Und trotzdem befinden sich Markt und Autoindustrie auf Erholungskurs. Die Ursache für diese missverständliche Diskrepanz ist der dazwischenliegende Wendepunkt: Die konjunkturelle Erholung läuft, die Talsohle wurde verlassen, das alte Vor-Krisenniveau aber bisher nicht wieder erreicht. Noch nicht…
Automobilmärkte im Aufwärtstrend, Corona wirkt nach (Quelle VDA)
Im August haben sich die internationalen Automobilmärkte weiterhin positiv entwickelt, allerdings mit regionalen Unterschieden (Tabelle + Schaubild 1):
- In Europa (EU27 & EFTA & UK) lagen die Neuzulassungen trotz Erholung mit 884.400 weiterhin deutlich unter den Vorjahreswerten (-18 Prozent). Dies betraf alle fünf größten Einzelmärkte, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Die größten Vorjahreseinbußen gab es in Deutschland und Frankreich. Dort war die Nachfrage jeweils um ein Fünftel niedriger als im Vorjahr. In Spanien verringerte sich der Vorjahresabstand deutlich auf -10 Prozent, im Vereinigten Königreich auf -6 Prozent. Der italienische Markt blieb trotz anhaltender Corona-Restriktionen bereits wieder stabil.
- Nach den ersten acht Monaten 2020 steht der europäische Pkw-Markt damit bei einem Zulassungsvolumen von 7,3 Mio. Fahrzeugen. Das ist nur noch ein Drittel (-33 Prozent) weniger als im Vorjahreszeitraum.
- Der US-Light-Vehicle-Markt (Basic Cars und Light Trucks) zeigte sich mit 1,3 Millionen Neuzulassungen trotz Erholungsmodus weiter labil, die Verkäufe lagen im August um 19 Prozent unter Vorjahresniveau. Insgesamt wurden bisher mit 9,0 Mio. Light Vehicles rund ein Fünftel weniger verkauft (-21 Prozent) als 2019.
- In China hingegen setzte sich dagegen der Aufwärtstrend fort: Die Auslieferungen legten den vierten Monat in Folge zu, der Nachholbedarf bricht sich Bahn. Mit 1,7 Mio. Fahrzeugen lag der Absatz bereits wieder um fast 6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die Bilanz der ersten acht Monate fällt aber trotz der positiven Entwicklungen seit Mai insgesamt noch negativ aus., weil in den Monaten zwischen Januar und August das Marktvolumen um mehr als 15 Prozent auf 11,1 Mio. Einheiten eingebrochen ist.
- Der indische Markt entwickelte sich „theoriegerecht“, und konnte trotz steigender Infektionszahlen erstmals in diesem Jahr einen Zuwachs verbuchen. Im August kam es aufgrund der angestauten Nachfrage der vergangenen Monate mit 215.900 Neufahrzeugen zu einem Schub bei den Neuzulassungen (+14 Prozent). Es war der erste Wachstumsmonat in diesem Jahr. Seit Jahresbeginn ist das Marktvolumen um insgesamt 38 Prozent auf 1,2 Mio. Fahrzeuge gesunken. Da bleibt viel Luft nach oben.
- In Japan blieben die Pkw-Verkäufe mit einem Rückgang von 15 Prozent (270.300 Einheiten) weiter schwach. Im Jahresverlauf liegt der japanische Markt mit 2,4 Mio. abgesetzten Pkw weiterhin 19 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Demographische Ursachen dürften dabei auch eine Rolle spielen.
- Der brasilianische Light-Vehicle-Markt blieb auch im August weiter stark unter Corona Einfluss. Mit 173.800 Einheiten ist er gegenüber dem Vorjahr geschrumpft. Nach den ersten acht Monaten ergibt sich für den brasilianischen Markt ein Rückgang um 36 Prozent (1,1 Mio. Fahrzeuge).
- Die Pkw-Produktion – in Stückzahlen, nicht in der Wertschöpfung – hat in allen großen Automobil-Ländern die Talsohle verlassen, mit Ausnahme Japan. Am stärksten war die Erholung in China und den USA. Selbst in Deutschland wurde inzwischen der Vorkrisentrend wieder erreicht, der allerdings bereits damals schon leicht abwärtsgerichtet war.
- FazitDie von uns erwartete Erholung von Markt und Autoindustrie ist in vollem Gange, allerdings nach wie vor labil und von der latenten Gefahr neuerlicher Corona-Rückschlägen etwas eingebremst. In Deutschland kommt die Verunsicherung der Käufer bezüglich der Wahl des „richtigen“ Antriebssystems hinzu.
Der eigentliche Aufschwung dürfte im Herbst einsetzen, vorausgesetzt, das Infektionsgeschehen bleibt weiterhin beherrschbar und Impfstoffe sind in Sichtweite.
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