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IAA

Geschäftsmodell Kampf gegen Automobilität

Der Auftakt zur IAA verspricht, dass die Medien nicht nur blinkendes Blech in den Mittelpunkt rücken, sondern auch das mittlerweile erfolgreich gewordene Geschäftsmodell »Kampf gegen das Auto«.

imago images / Jan Huebner

Die Polizei verspricht schon im Vorhinein, sich zurückzuhalten, wenn am Samstag halb Frankfurt bei Demonstrationen gegen das Auto lahmgelegt werden soll. Sie werde »diese angemeldeten Versammlungen bzw. Aufzüge begleiten, um die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und die entsprechenden Verkehrsmaßnahmen durchzuführen«. Ein Bündnis »Sand im Getriebe« hat sich angekündigt und sieht Gesetzesübertretungen als erlaubt an. »Kreative Protestaktionen« werde man dulden, heißt es dazu von Seiten der Polizei. Jedenfalls solange es »nicht gefährlich« werde.

Der Auftakt zur IAA verspricht, dass die Medien nicht nur blinkendes Blech in den Mittelpunkt rücken, sondern auch das mittlerweile erfolgreich gewordene Geschäftsmodell »Kampf gegen das Auto«. Es sind »Großdemonstrationen« aller Einschlägigen angekündigt.

Immerhin hat der Verband der Automobilindustrie VDA als Veranstalter der Messe den Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann wieder ausgeladen. Der wollte in seiner Ansprache einer »Mobilitätswende« das Wort reden, »um den Klimawandel aufzuhalten« (zu lesen: hier). Er zitiert dazu ausgerechnet einen der umstrittenen Protagonisten aus der Klimafraktion, Mojib Latif. Der betone immer wieder, dass Klimaschutz »unumgänglich sei, wenn wir die günstigen Bedingungen auf der Erde erhalten wollen. Damit verbindet er auch eine optimistische Haltung, an die ich ausdrücklich anknüpfen möchte: Für Professor Latif ist Klimaschutz der Innovationsmotor schlechthin.«

Niemand hat den sich sehr grün gebenden Oberbürgermeister (SPD) einer wichtigen Industriestadt Deutschlands auf die technisch-physikalischen Realitäten aufmerksam gemacht oder ihn über das zerstörerische Desaster der »Energiewende« mit seinen Milliardenkosten unterrichtet. Jetzt bleiben seine Aufrufe »Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien« und »wir brauchen einen ökologischen Umbau der Industrie« in der Frankfurter Festhalle ungesprochen – jedenfalls von ihm.

Bundeskanzlerin Merkel versprach bei der Eröffnungsveranstaltung am Donnerstag wieder einmal einen »schnellen Ausbau der Infrastruktur«. Der Umbruch in der Mobilität sei eine Herkulesaufgabe, führte sie in ihrer Durchhalterede weiter aus. Die Verlässlichkeit der Ladeinfrastruktur sei für den Erfolg der Elektromobilität von größter Bedeutung. Sie sagte allerdings nicht, woher der Strom kommen solle, der in die »Ladeinfrastruktur« fließen solle. Kraftwerke werden reihenweise abgeschaltet. Doch Merkel: »Wir können das schaffen.« Schließlich solle auch der neue 5G Mobilfunkstandard 2022 zur Verfügung stehen – zumindest entlang der Autobahnen.

Feldmann hätte seine Kraft vermutlich besser dafür einsetzen sollen, dass Frankfurt ein attraktiver Messestandort bleibt. Denn möglicherweise war dies die letzte IAA – zumindest in Frankfurt.

Der Vertrag zwischen Messe und VDA läuft in diesem Jahr aus. Viele Autohersteller wie Alpine, Aston Martin, Cadillac, Citroën, Chevrolet, Dacia, DS, Mazda, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Renault, Rolls-Royce, Toyota und Volvo haben abgesagt und sind nicht vertreten. Die Hersteller sind schon seit längerem unzufrieden mit den drastisch überhöhten Preisen in der Stadt am Main im Verhältnis zum Gegenwert; andere haben ihr Ausstellungsbudget drastisch zusammengestrichen und füllen zum Beispiel wie BMW nicht mehr allein eine ganze Halle mit Autorundkurs. BMW teilt sich jetzt die Halle 11 mit Opel; der Hersteller, der mit der ersten »Internationalen Motorwagen-Ausstellung Berlin« 1897 von Anfang an dabei war.

Sie bevorzugen andere Ausstellungsformen wie eigene Hausmessen und vermehrte Internet-Auftritte.

Die automobile Musik spielt immer mehr in asiatischen Ländern – etwa in Shanghai. Dagegen wirkt die IAA wie scheintot. Sie spiegelt nicht mehr die Autowelt wieder, wie sie zumindest außerhalb Deutschlands stattfindet. Das Thema Elektroauto wird aufgeblasen und steht diametral den Wünschen der Kunden entgegen. VW-Chef Herbert Diess tut nichts anderes, als der grünen Politik nach dem Munde zu reden und zu betonen, wie »elektrisch« der noch größte Autohersteller der Welt werden solle – und ruft gleichzeitig nach mehr Knete vom Staat.

In den Hallen bewundern normale Autofahrer die neuen Modelle und sehen sich sicherlich auch das Porsche Elektrospitzenmodell an. Der heißt Taycan, in der stärkeren Version sogar »Turbo S«. Auf den leistungsverheißenden Zusatz »Turbo« glaubten die Porsche-Leute nicht verzichten zu können. Selbst bei einem Elektroauto. Für 150.000 Euro kann man vielleicht rund 400 Kilometer elektrisch fahren. Das erste Porsche-Fahrzeug war vor über 100 Jahren auch ein Elektroauto. Das gaben die Wiener Taxler, die das zuerst fuhren, schnell wieder zurück: zu geringe Reichweite, permanent leere Batterien. Den Siegeszug traten die Autos mit Verbrennungsantrieb an.

Und nein, das Thema Klima steht bei den meisten Autonutzern nicht an vorderster Stelle. Sie wollen preisgünstig gute individuelle Fortbewegungsmöglichkeiten.

In den Medien werden am Wochenende die Proteste und Randale draußen gegen das Auto und die Mobilität gefeiert. n-tv gibt einen Vorgeschmack und wagt sich an das Thema »Auto und Mobilität«. Er sendet ein Gespräch zwischen zwei jungen Frauen vor der IAA. Eine »Tina Velo« wird gefragt:

»Zahlreiche Umweltverbände haben Proteste im Rahmen der IAA angekündigt. Tina Velo hatte die Chance, mit Herbert Diess zu sprechen. Wie wichtig ist Ihnen dieser Austausch?«

»Uns war der Austausch schon sehr wichtig, weil … Wir wollten klar demaskieren, dass dieser Konzern lange nicht so grün ist, wie er gerne tut und auch noch mal sehr deutlich machen, wie wichtig unsere Proteste sind«.

»Können Sie sich denn auch weiter eine Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie vorstellen, dass man sich ja zusammen einen Tisch setzen zu können?«

»Man kann dann von einer Zusammenarbeit sprechen, wenn sie sich wirklich klar gegen das Auto positionieren. Und das tun sie in der Form noch nicht.« Ihr kommen die Worte jetzt selbst wohl ziemlich komisch und schräg vor, der Kopf ist jetzt ziemlich schräg geneigt: »Sie möchten sich noch nicht klar vom Individualverkehr verabschieden.«

FDP-Mann Holger Franke kommentiert: »Die Automobilindustrie wird erst dann ein Partner, wenn sie sich klar gegen das Auto positioniert« – ich denke, mit solchen Leuten muss man nicht reden.«


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