Tichys Einblick
Aufmucken statt ducken

Geduckte Manager und vorlaute Politiker

Sind Politiker die besseren Manager? Gerade wollen sie genau das in der Auto-Industrie noch mal beweisen. Möglicherweise ist das dann endgültig zu viel Beweis für den Standort Deutschland - eine kurze Bilanz.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Sie galt lange als Vorzeigebranche Deutschlands, nach dem schmerzhaften Verlust der führenden Rolle von Pharma- und Chemieindustrie, der generellen Niederlage in IT- und Internetwirtschaft gilt sie sogar als letzter „Leading Sector“ der deutschen Wirtschaft: Die Automobilindustrie. Immerhin rund 700.000 Beschäftigte werden ihr zugerechnet, sie hat das höchste Produktionsvolumen, ist exportstark und forschungsintensiv. Eigentlich ein Erfolgsmodell.

Eine betreuungsbedürftige Branche

Neuerdings wird sie als extrem politisch betreuungsbedürftig angesehen. Glaubt man Politikern und Medien, muss sie vor sich selbst gerettet werden, weil sie die angeblich neuen Markttrends nicht erkannt habe. Sie habe das Elektro-Auto verschlafen. Das will zwar trotz Kaufhilfen kaum ein Konsument, aber das macht nichts: Klar, das soll durch Staatseingriffe und -vorgaben jetzt nachgeholt werden. Politiker, insbesondere vom grünlinken Flügel wissen, was die Käufer wollen; aber auch konservative Parteien überschlagen sich mit Ideen, Subventionen für das richtige Produkt und Ratschlägen. Trotz fetter Prämien wurden in der bisherigen Laufzeit Anträge für Staatshilfen für gerade mal 23.024 E-Autos gestellt; zieht man Hybrid-Fahrzeuge ab und solche, die hauptsächlich von Behörden geordert wurden, bleiben mickrige 10.150 übrig, die Privatkunden bestellten. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 wurden 3,4 Mio Verbrenner mit Benzin- oder Dieselmotor zugelassen. Die Konsumenten haben also trotz Staatshilfe ihr Urteil gesprochen.

Das ist kein Argument gegen das E-Auto an und für sich. Wenn sein Preis in dem Maß sinkt, wie endlich die zuverlässige Reichweite steigt – warum nicht? Es hat Vorteile, auch wenn die Schadstoffbilanz wegen der problematischen Batterieherstellung und Stromerzeugung negativ ist. Immerhin ein Drittel aller Patente in diesem Bereich entfällt auf deutsche Unternehmen; sie sind also durchaus aktiv. Die Frage ist nur: Warum Staatsprämien? Was machen die Autofirmen falsch, wenn sie wie bisher auch Produkte anbieten, die die Kunden verlangen? Warum die ständigen Ratschläge grüner Besserwisser, die von E reden, aber selbst auch nur Verbrenner fahren?

Politiker die besseren Manager? Eine kurze Bilanz

Auto-Manager sind keine allwissenden Götter und machen genug, leider sogar strafbare Fehler. Aber sind Politiker (und Journalisten, die in deren Horn blasen) wirklich bessere Manager? Der Berliner Flughafen belehrt uns eines Besseren. Die Hauptstadt gibt anderen Ratschläge, aber sicherheitshalber keine Prognose mehr ab zur Fertigstellung; zur Kostenüberschreitung übrigens auch nicht. Oder die berühmte Energiewende.

Gut, es wurden einige Kernkraftwerke früher abgeschaltet als geplant; sicherlich ein Erfolg für den, der´s mag. Die Kosten der Wende werden regierungsamtlich grob auf 1.000 Milliarden veranschlagt; jeder vierköpfige Haushalt ist mit rund 300 € pro Jahr daran beteiligt, Tendenz weiter steigend. Die Menge des problematischen Atommülls hat sich nicht reduziert, sondern wegen der nur teilweise abgebrannten Brennstäbe ist das Gefährdungsrisiko gewachsen, ebenso der Ausstoß an schädlichen „Klimagasen“, die eigentlich vermieden werden sollen. Die Landschaft wird durch Windräder verschandelt oder mit Mais-Monokulturen für die Vergasungsanlagen ruiniert. Stromleitungen fehlen, die Versorgungssicherheit wackelt krisengefährlich von Winter zu Winter, altertümliche Braunkohlekraftwerke oder ausländische Kernkraftwerke retten die Versorgung zur Not. Ein Erfolg sieht anders aus.

Derzeit wird über fehlende Internetversorgung in Stadt und Land Klage geführt; ein Kanzlerkandidat fordert kräftige Erhöhung der Investitionen in Infrastruktur. Das ist unbestritten eine staatliche Kernaufgabe: Aber warum hat seine Partei in den vergangenen drei Legislaturperioden, in denen die mitregieren, genau dies unterlassen, wenn es jetzt so brennt? Gibt es das Internet erst seit Juni 2017?

So geht es in vielen Bereichen: In den nächsten Jahren fehlen 51.000 Lehrer. Der langjährige Lehrerverbandspräsident Josef Kraus nennt das ein unbegreifliches Versagen: „Die Damen und Herren Minister haben es nämlich nicht geschafft oder nicht schaffen wollen, ihre Personalpolitik langfristig zu planen; über den Tellerrand einer vier- oder fünfjährigen Legislaturperiode haben sie kaum hinausgesehen.“ Dabei sei diese Prognosen einfach mit einem Taschenrechner zu bewerkstelligen. In der Bildungspolitik komplett versagen, aber wissen, welche Antriebssysteme sich durchsetzen?

Aufmucken statt wegducken

Nein, weder Beamte, noch Politiker oder Journalisten sind die Super-Manager, als die sie sich so gerne ausgeben. Mehr Bescheidenheit würde helfen. Und ein Ratschlag aus der Erfolgszeit der sozialen Marktwirtschaft: Der Staat ist gut für das Setzen von Rahmenbedingungen. Wirtschaft wird dagegen in der Wirtschaft gemacht.

Manager mögen vielleicht Murkser sein, Politiker aber können es sicherlich nicht besser. Wenn man sich allerdings etwas wünschen dürfte: Statt peinlich herumzudrucksen und mit gesenktem Kopf hinterher zu laufen, sollten das Manager auch mal sagen. Aufmucken statt ducken lautet die Devise. Gut genug dafür bezahlt werden sie ja, und ein Rhetorik-Kurs kostet nicht die Welt. Mut vor Kanzlerinnen-Thronen gehört zum Geschäft.

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