Tichys Einblick
Weniger Förderung

Schwere Zeiten für Elektroautos

Die E-Auto-Förderung wird neu geregelt und gesenkt. Der Tag der Wahrheit, wie begehrt die elektrisch fahrenden Vehikel bei den potenziellen Kunden wirklich sind, rückt damit näher. Erste Signale vom Markt verheißen im Frühjahr 2023 nichts Gutes.

IMAGO / mix1

Die E-Auto-Förderung sinkt 2023 drastisch. Statt 6.000 Euro wird es nur noch 4.500 Euro geben. Plug-In-Hybride erhalten gar keine Förderung mehr. Auch in weiteren Eckpunkten wurde die staatliche Förderung neu ausgerichtet. Zwar glauben Optimisten, weniger Förderung hätte die Neuzulassungen im Frühjahr 2023 nicht ausgebremst (Automobilwoche), andere Marktkenner sehen die Absatzdynamik bei den Stromern aber bereits deutlich eingebremst. Und das dicke Ende komme ja noch im Herbst 2023, wenn die Förderung für gewerbliche Kunden völlig wegfällt, dann auch für batterie- und brennstoffzellenbetriebene Elektroautos (BEV). Was ist geschehen?

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Die Bundesregierung hat die Förderung von Elektrofahrzeugen neu ausgerichtet, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Seit 1. Januar 2023 konzentriert sich die Förderung für elektrische Fahrzeuge nur noch auf Automobile, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben. Wobei sich der „nachweisliche positive Klimaschutzeffekt“ nur auf den CO2-Ausstoß am Fahrzeug selber konzentriert – ob es mit fossilem Treibstoff oder mit Strom betrieben wird – und nicht darauf, wie CO2-trächtig der Strom für den Elektroantrieb produziert wurde, ob nachhaltig aus Wind und Sonne, oder ob „schmutzig“ aus Kohle und Erdgas.

Seit 1. Januar 2023 erhalten demnach nur noch batterie- und brennstoffzellenbetriebene Elektroautos (BEV) den Umweltbonus. Plug-In-Hybride (PHEV), als Fahrzeuge mit dualem Antriebssystem, fallen völlig aus der Förderung heraus. Aber auch für reine Elektroautos gibt es nicht mehr so viel Geld wie bisher.

Konkret sieht die neue Regelung wie folgt aus: Der staatliche Zuschuss beim Kauf von reinen Elektroautos (batterie- oder brennstoffzellenbetrieben) wurde seit Januar 2023 von 6000 Euro je nach Kaufpreis auf nur noch 3.000 bis 4.500 Euro abgesenkt. Die Autobauer legen wie bisher nochmal die Hälfte des staatlichen Anteils dazu. Im Einzelnen:

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck erläuterte die Neuregelung wie folgt: „Die Elektromobilität hat den Übergang in den Massenmarkt geschafft: Das 1-Million-Ziel wurde 2021 erreicht und in diesem Jahr werden wir bereits nah an die zwei Millionen herankommen. E-Fahrzeuge werden also immer beliebter und brauchen in absehbarer Zukunft keine staatlichen Zuschüsse mehr … Für die nun anstehende Förderphase setzen wir einen klaren Fokus auf Klimaschutz und konzentrieren die Förderung auf rein batterieelektrische Fahrzeuge. Das sorgt für mehr Klimaschutz im Verkehr und setzt die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zielgerichtet ein.“

Mit der Zwei-Millionen Annäherung dürfte der „grüne“ Leiter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) allerdings gründlich daneben liegen. Von Januar bis April 2023 wurden in Deutschland 124.500 reine Elektroautos (BEV) zugelassen (+18 Prozent), und 49.300 PHEV (- 48 Prozent), damit nur noch die Hälfte weniger als im Vorjahr. Auf das gesamte Jahr hochgerechnet, bedeutet das Frühjahresergebnis ein Absatzvolumen von BEV von nur einer halben Million Neuzulassungen in 2023 statt der erhofften 1 Million.

Auch das von der Bundesregierung angepeilte Ziel von 10 Millionen Elektroautos im Jahr 2030 rückt in weite Ferne. In den verbleibenden acht Jahren dürften gerade mal die Hälfte auf deutschen Straßen neu zugelassen werden.

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Die Kernfrage lautet: Hat sich der Markt für Elektroautos in Deutschland bereits so etabliert, dass er in Zukunft ohne staatliche Kaufprämien auskommt? Haben Elektroautos in der Gunst der Kunden Benzin- und Dieselfahrzeuge abgelöst, sodass der Staat sich in Zukunft nur auf den zügigen, und von VDA immer wieder angemahnten Ausbau der Ladeinfrastruktur beschränken kann? Oder erleben Verbrennerautos wieder eine Renaissance, weil sie in Zukunft mit eFuels klimaneutral gefahren werden können, ihr CO2-Fußabdruck also dann nicht mehr klimaschädlich ist? Voraussetzung dafür allerdings ist, dass eFuels bis 2035 in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.

Fakt ist, das Batterie und Batteriesystem rund 40 Prozent der Gesamtkosten an Elektroautos ausmachen und entsprechend verteuern. Nur als Beispiel: In E-Autos werden 6000 Speicherchips verbaut, in Verbrennern nur 4000. Batterie und Batteriesystem kosten je nach Batteriechemie und -aufbau, Speicherkapazität und Ladegeschwindigkeit der Batterie bis 10.000 Euro und mehr.
Elektroautos sind aufgrund der teuren Batterierohstoffe und höherer Produktionskosten – Stand heute – in der Regel um ein Drittel teurer als Verbrennerautos. Dieser Preisabstand wird zwar in Zukunft mit technischem Fortschritt kleiner werden, dennoch sind leistungsfähige Elektroautos auch in Zukunft deutlich teurer und damit weniger massentauglich als Verbrenner.

Die Frage ist, ob der Homo oecologicus den Homo oeconomicus überwinden kann. Tauschen die Kunden ihre alten Verbrenner gegen neue, wesentliche teurere Elektroautos aus, wenn der geldwerte Nachteil ab Herbst 2023 erst größer, dann ab 2024 irgendwann ganz verschwindet?
Alle vorliegenden Indikatoren sprechen gegen dieses Kundenverhalten, vor allem bei den gewerblichen Kunden. Die Vorstellung, die Kunden würden aus ökologischen Gründen in Zukunft in toto auf Elektroautos umsteigen, ist irrig.

Eine nachhaltige Mobilitätswende auf freiwilliger Basis hin zur Elektromobilität ist nicht in Sicht. Das Verhalten der PHEV-Kunden seit Wegfall der Kaufsubvention seit Jahresbeginn spricht Bände. Kunden waren bis dahin vor allem Flottenbetreiber. Seit Anfang des Jahres läuft quasi nichts mehr: Zählte man 2022 noch knapp 152.000 neu zugelassene PHEVs in den Fuhrparks, waren es in den ersten vier Monaten 2023 gerade noch knapp 23.000 (Automobilwoche). Viele Fuhrparks haben Plug-ins aus ihrer Car Policy gestrichen (dataforce).

Das gilt vor allem bei kleineren und mittleren Fuhrparkbetreibern, die die Mehrzahl der Firmenwagen stellen. „Sie sind noch stärker kostengetrieben und werden sich im Zweifelsfall lieber wieder für einen Verbrenner entscheiden“ (Dataforce, Benjamin Kibies).

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Hauptgrund sind die Kosten, die Ökologie kommt erst an zweiter Stelle. Ohne die staatlichen Zuschüsse sind Plug-ins mit Abstand am teuersten. Berechnungen von Dataforce für einen Kompakt-SUV (drei Jahre Haltedauer; Laufleistung 50.000 Kilometer) kommen für einen PHEV auf Kosten von 51.666 Euro (inkl. Steuer und Kraftstoff), für einen Benziner von 44.752 Euro und für ein BEV von nur 43.745 Euro, also deutlich günstiger. „Entfällt jedoch die Prämie von 4.500 Euro und bleiben die Kraftstoff- und Strompreise auf dem aktuellen Niveau, so haben die Benziner wiederum die Nase vorn“ (Kibies).

Im Gegenteil: Ab Herbst 2023 steht die nächste Bewährungsprobe für Elektroautos ins Haus, Dann entfallen die Kaufprämien für BEV bei gewerblichen Kunden ganz. Anders als vielfach vermutet haben sie bereits bislang die Kürzungen zu Jahresbeginn weniger gut weggesteckt. Denn die Zahlen-Optik täuscht: Insgesamt wurden von Januar bis April 2023 rund 870.000 Pkw neu zugelassen (+ 11 Prozent), davon 124.500 BEV (+ 18 Prozent; Anteil 14,3 vH). Im Jahr 2022 hatte der BEV Anteil mit 470.600 Neuzulassungen noch bei 17,7 vH gelegen.

Im April 2023 legten die Neuzulassungen mit 203.000 Einheiten um knapp 13 Prozent zu, die BEV Zulassungen mit 29.740 um + 34 Prozent, die PHEV brachen mit 11.790 um 46 Prozent ein.
Bemerkenswert an der April-Entwicklung ist, dass bei gewerblichen Kunden deutlich höhere Zuwächse zu verzeichnen waren, die dem Verbrennerbereich zuzuordnen sind (Vermieterkanal 23.500 Neuzulassungen, + 42 Prozent; Flottenmärkte 71.500, + 29 Prozent). Damit liegen die gewerblichen Zulassungen quasi auf dem durchschnittlichen Niveau der starken Jahre 2016 bis 2019 (Automobilwoche).

Tesla rockt den Weltmarkt
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Nach wie vor dominieren die Verbrenner bei den Neuzulassungen: Im April lag der Anteil der BEV bei 14,7 vH, der Anteil der Benziner war mit 37,7 vH doppelt so hoch, bei Diesel-Pkw lag der Anteil noch immer bei 17,8 vH. Insgesamt haben vor allem gewerbliche Kunden bislang wesentlich zum Wachstum des Marktes für E-Autos beigetragen.

Optisch geschönt wurden die Zulassungszahlen der BEV im Jahr 2023 auch dadurch, dass Bestellungen aus 2022 verzögert erst 2023 ausgeliefert wurden. Die aktuelle Nachfrage gerade von Vermietern und Flottenbetreibern dürfte zusätzlich durch sinkende Preise für BEV aufgrund des aktuellen Preiskampfes am Markt gedämpft werden.

Das Autovermietungsunternehmen Sixt hat Ende letzten Jahres eine Kooperation mit dem chinesischen Elektroautobauer BYD abgeschlossen. Noch vor Tesla ist BYD inzwischen der weltgrößte Bauer von Elektroautos der Welt geworden. Sixt hat zunächst mehrere Tausend Fahrzeuge des chinesischen Autoherstellers bestellt. Die ersten können zunächst in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien gemietet werden. Insgesamt will der Anbieter nach eigenen Angaben in den kommenden sechs Jahren rund 100.000 Elektroautos von BYD kaufen, vor allem aus dem Volumensegment.

Großaufträge wie jener von der Firma Sixt mögen das Bild aufhellen, ändern aber nicht den Trend. In Deutschland steht dem Markt für Elektroautos im Herbst die Stunde der Wahrheit bevor.

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