Tichys Einblick
Testfahrten

Eisige Temperaturen setzen Elektroautos mächtig zu

Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt kann die Reichweite eines Elektroautos um ein Drittel schrumpfen, zeigt ein Test mit 31 Stromern in Norwegen.

IMAGO / Joerg Boethling

Elektroautos fühlen sich – ähnlich wie die Menschen – vor allem im Frühsommer wohl, bei Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad. Temperaturen um den Gefrierpunkt oder gar darunter hingegen mögen sie überhaupt nicht. Beim Elektroauto muss dann ein nicht geringer Teil der Energie für die Heizung des Akkus und des Innenraums aufgewendet werden. Sie steht dann nicht mehr für den Fahrbetrieb zur Verfügung. Entsprechend geringer fällt die Reichweite der Stromer aus, wie sich auch bei Testfahrten von EDISON in diesen Wochen immer wieder zeigt.

Das belegen auch die jüngsten Tests des norwegischen Automobilverbandes NAF und der Fachzeitschrift Motor im hohen Norden. Bereits zum wiederholten Mal haben die Experten bei Temperaturen zwischen Null und minus 10 Grad Celsius Reichweitentests mit Elektroautos verschiedener Hersteller unternommen. Die Autos starteten in Oslo – mit vollaufgeladener, aber nicht vorgeheizter Batterie – und machten sich dann im Pulk auf eine rund 400 Kilometer lange Fahrt über trockene Straßen in Richtung Bergen an der Westküste. Dabei zeigten sich auch jüngst wieder eklatante Unterschiede zwischen den Herstellerangaben und den Testwerten – zwischen elf und über 30 Prozent.

Mercedes EQS verliert 20 Prozent Reichweite

Am weitesten kam beim jüngsten Test das Tesla Model Y in der Ausführung Long Range: Erst nach 451 Kilometer war die erste Ladepause fällig. Die vom Hersteller angegebene Reichweite von 507 Kilometern wurde demnach nur um elf Prozent unterschritten. Obwohl er auf dem Papier eine deutlich größere Reichweite hat, konnte der neue Mercedes-Benz EQS 580 nicht mit dem Tesla mithalten: Statt 645 Kilometer kam der Stromer aus Stuttgart nur 513 Kilometer weit – etwa 20 Prozent weniger als nach den offiziellen Verbrauchsangaben zu erwarten gewesen wäre.

Noch eklatanter wären die Unterschiede zwischen den im WLTP-Verbrauchstest ermittelten Verbrauchswerten und Reichweitenangaben beim Skoda Enyaq iV 80. Die Reichweite wich so stark von den Werksangaben ab, dass die Tester die Fahrt vorsichtshalber noch einmal mit einem anderen Auto wiederholten. Doch die Werte blieben die gleichen: Statt rund 500 Kilometer kam der populäre Stromer aus dem VW-Konzern nur rund 350 Kilometer weit – über 30 Prozent weniger als erwartet.

Porsche Taycan gegen Kälte gut gewappnet

Demgegenüber fuhr der siebensitzige SUV „Tang“ des chinesischen Herstellers BYD bei der Testfahrt fast so weit wie im Prospekt versprochen. Gut schlug sich aber auch der Porsche Taycan und der neue Kia EV6, die bei den eisigen Temperaturen nur etwa zwölf Prozent ihrer Reichweite einbüßten. Das vergleichsweise schlechte Abschneiden des allradgetriebenen Polestar 2 war da eher überraschend: Die schwedischen Entwickler sollten mit den winterlichen Bedingungen vertraut sein.

Die Übersicht mit 31 getesteten Elektro-Fahrzeugen finden Sie hier >>>


Dieser Beitrag von Franz F. Rother ist zuerst bei Edison erschienen. Wir danken Verlag und Autor für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.

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