Schon ironisch: Da gibt man den Verbrennungsmotor als veraltete Technologie aus, die in jüngster Zeit abgewickelt werden muss, und setzt alles auf den E-Antrieb. Ob E-Auto, E-Bike oder E-Scooter: Politiker und eine kleine grüne Pressegruppe kamen kaum aus den Lobpreisungen heraus.
Heute fast vergessen, aber es gab einmal einen E-Scooter-Hype in Deutschland. Der hielt zwar nur ein paar Wochen an, war aber besonders dicht in der Zeit vor der Gesetzesverabschiebung. Wohlgemerkt: Die fand nicht unter einer grünen Regierung, sondern unter Federführung der CDU statt. Im Sommer 2019 kamen die Fahrzeuge nunmehr im Straßenverkehr zum Einsatz.
Vielleicht hat die Corona-Krise ihren Anteil daran, dass aus der Sache ein Flop wurde. Doch schon bei der Verabschiedung im Bundestag hatte man auf monströse Beispiele in Nachbarländern verwiesen. Etwa in Frankreich, wo weggeworfene E-Scooter in der Seine verrotteten. Die angeblich so nützlichen und klimaschonenden Geräte wurden vielerorts zum Stolperstein auf dem Bürgersteig – ab dem Sommer 2019 auch in Deutschland.
Trotz der Forderung nach Fahrverboten, Verbrennerverbotsabsichten und einem nahezu täglichen agitatorischen Kampf gegen alles, was nicht per Akku läuft, zeichnet sich wieder einmal ab, dass die von Regierungsseite vorgegebene Zukunftstechnologie womöglich keine große Zukunft hat. Ab Samstag sollen in Gelsenkirchen alle 350 Leihroller aus dem Straßenverkehr geräumt werden – sie dürfen dann nicht mehr auf Straßen und Bürgersteigen stehen oder benutzt werden.
Privat bleiben die Fahrzeuge zwar erlaubt. Aber die Idee hinter dem E-Scooter war nicht der private Erwerb, sondern ein Gefährt, das im Verkehr für jeden schnell zur Hand ist. Gelsenkirchen, das üblicherweise nicht als Stadt der Avantgarde gilt, hat nun eine Vorreiterrolle eingenommen – es ist die erste deutsche Großstadt, die diesen Schritt vornimmt. Es könnten sich weitere anschließen. Das, was eigentlich als Stärke des E-Rollers gilt, entpuppt sich als Schwäche:
„Diese beschriebene Anonymität zur Nutzung eines Verleih-E-Scooters ist daher als Hauptursache dafür anzunehmen, dass Personen sich in Sicherheit wähnen, in Fällen von Fehlverhalten nicht ermittelt und belangt werden zu können.“
So begründet die Stadt den Beschluss. Der ist allerdings noch nicht völlig in trockenen Tüchern. Das Hauptverfahren läuft noch. Und die Leihroller-Firmen können danach Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Denn würde sich das Gelsenkirchener Vorbild durchsetzen, dann wäre ein ganzes Geschäftsmodell bedroht. Der E-Scooter wäre dann nicht mehr ein Zugpferd der Zukunft, sondern eher das Hochrad der Moderne: ein Unikat für Liebhaber, aber als Massengefährt angezählt – wenn es das denn je war.