Tichys Einblick
Zweifelhafte Studie in der Tagesschau

E-Autos sind ohne Subventionen in der Breite kaum wettbewerbsfähig

Eine von der Tagesschau verbreitete Studie will wissen, dass Elektro-Autos schon jetzt kostengünstiger sind als Verbrenner. Bei genauerem Hinsehen kommt man zu einem anderen Ergebnis.

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Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft zu den Kosten von E-Autos und Verbrennern schaffte es als zweite Meldung in die Tagesschau vom 29.12.2019: „E-Autos günstiger im Kostenvergleich“ lautete die Bildunterschrift [zu sehen hier, ab Minute 2:26]. Damit sekundierte der öffentlich-rechtliche Rundfunk einmal mehr dem politischen Programm der Grünen, in deren Auftrag dieser Report entstanden ist. Zwar folgte auch ein Hinweis auf den für die Ergebnisse relevanten erhöhten „Umweltbonus“ und im anschließenden Erklärvideo wurde von einem Experten sogar ansatzweise Kritik geübt, doch dürfte bei den meisten Zuschauern vor allem die Überschrift hängenbleiben; und dass ein grüner Politiker Kritik übt an der beihilferechtlichen Überprüfung der erhöhten Subventionen für Käufer von E-Autos seitens der EU-Kommission. Eine solche Art der wohlwollenden Darstellung nennt man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk heutzutage „Framing“.

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) steht nun nicht unbedingt im Verdacht, mit grünen Ideen und damit auch mit der Elektromobilität auf Kriegsfuß zu stehen. Liest man die Auftragsstudie – die eigentlich nur ein kurzes Exposee von 12 Seiten ist – selbst, so ist man angenehm überrascht von der eher nüchternen und sachlichen Diktion, in welcher der Bericht verfasst ist und in der die Ergebnisse im Original transportiert werden. Hinsichtlich der Berechnung der monatlichen Kosten der Fahrzeuge beruft sich die Untersuchung ausschließlich auf Angaben aus der Autodatenbank des ADAC für Neuwagen und versucht sich damit unangreifbar zu machen. Betriebskosten, Fixkosten und Werkstattkosten der 12 insgesamt kalkulierten Fahrzeugmodelle entsprechen exakt den vom ADAC ausgewiesenen Werten für den Referenzfall einer fünfjährigen Haltedauer und einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km. Lediglich beim Wertverlust wird die zusätzliche Ersparnis durch den ab 01.01.2020 höheren „Umweltbonus“ berücksichtigt. Im Ergebnis kommen auf dieser Basis bei den Pärchenvergleichen alle Elektroautos einschließlich des Kleinstwagens e-up! von VW besser weg. Die Differenz zugunsten des batterieelektrischen Modells reicht von jährlich 144 Euro für den BMW i3s bis zu 4908 Euro beim Tesla Model 3 Long Range AWD. Im Durchschnitt macht die Einsparung beim Kauf eines Elektroautos nach Angaben der Studienautoren 12 Prozent aus.

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So weit so gut: Damit wäre ja eines der Hauptargumente für den Käuferstreik bei Elektroautos in Deutschland vom Tisch. Neben unzureichender Ladeinfrastruktur, zu langen Ladezeiten, relativ niedriger Reichweite, Unsicherheiten hinsichtlich der Haltbarkeit der Batterie und bezüglich des Wiederverkaufswertes wurden immer wieder auch die zu hohen Anschaffungskosten eines solchen Fahrzeugs als Hemmnis für den Markthochlauf genannt. Gerade konnte man noch in der Welt lesen, dass die praktischen Erfahrungen mit dem neuen elektrischen Mercedes EQC eher unterirdisch sind, was Reichweite und Ladezeiten angeht. Dieses Fahrzeug mit einem Listenpreis von 71.281 Euro (ohne Extras) und monatlichen Gesamtkosten von 1.085 Euro laut ADAC war allerdings nicht im Sample des FÖS enthalten.

Bei genauerem Hinsehen kommen aber doch Zweifel, ob man die Schlussfolgerungen der Studie einfach so für bare Münze nehmen sollte. Dass sich eine generalisierte Aussage, E-Autos seien mittlerweile kostengünstiger als Verbrenner, so nicht halten lässt, untermauern die nachfolgenden Argumente, die eine differenzierte Analyse der Kostenvergleiche vornehmen.

Schwachpunkte der FÖS-Studie

Zu diskutieren ist zum einen die Auswahl der Fahrzeugpaare. Die Studie argumentiert, dass sie sich auch diesbezüglich an eine vorliegende Untersuchung des ADAC anlehnt, was allerdings irreführend ist, da in den Tabellen des ADAC vom Oktober 2019 sehr viel mehr Fahrzeuge mit den verfügbaren E-Autos verglichen werden und nicht spezifische Pärchen. Die Auswahl der Pärchen ist in jedem Fall zu hinterfragen und natürlich vor dem Hintergrund des vermuteten Studienzwecks zu problematisieren. So fragt man sich, warum dem VW e-Golf nicht ein entsprechendes Dieselmodell gegenübergestellt wird, wenn die Kosten im Vordergrund stehen. Allerdings hätte der Golf Comfortline 2,0 TDI mit 110 kW unter den gegebenen Annahmen mit Gesamtkosten von monatlich 656 Euro auch nicht die Nase vorn gehabt (VW e-Golf: 548 Euro). Stutzig wird man jedoch beim Vergleich des Tesla Model 3 Long Range AWD mit dem BMW 335d Gran Turismo Sport Line x-Drive Steptronic. Hier hat man sich von den in der Übersicht des ADAC ausgewiesenen Verbrenneralternativen ein Modell mit extrem hohen Kosten herausgesucht. So kommt der Tesla auf monatliche Gesamtkosten von 827 Euro, während der BMW für den Nutzer mit 1.236 Euro zu Buche schlägt. Dies liegt nicht nur, aber primär an dem hohen Wertverlust des BMW. Ausweislich der Angaben des ADAC liegt dieser nach fünf Jahren bei fast 64 Prozent, d.h. der Wert eines repräsentativen Fahrzeugs ist auf fast ein Drittel geschrumpft. Der vergleichbare Wertverlust des Tesla wird jedoch auf nur 55 % geschätzt, was mit einigen Fragezeichen versehen werden sollte.

Bei meiner Berechnung dieses Gesamtwertverlustes wurde berücksichtigt, dass der ADAC bei der Kalkulation der monatlichen Wertminderung fahrzeugtypische Ausstattungspakete hinzuaddiert, die interessanterweise für Elektroautos und Verbrenner sehr unterschiedlich ausfallen. So valutiert die kostenrelevante Zusatzausstattung für den verglichenen Tesla Modell 3 nur mit 1.600 Euro, während beim BMW 335d 6.540 Euro in die Kalkulation einfließen. Dieses wichtige Detail wird leider in der Untersuchung des FÖS nicht thematisiert. Ein höherer Umfang der kundentypischen Zusatzausstattung treibt selbstverständlich die Kosten für den monatlichen Wertverlust nach oben.

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Generell ist zu beachten, dass die verwendeten Daten des ADAC insbesondere für relativ neu auf dem Markt befindliche Modelle lediglich Schätzwerte darstellen, die zwar mit großer Sorgfalt erhoben werden, aber naturgemäß gewissen Schwankungen unterliegen. Besondere Vorsicht ist bei den für die Ergebnisse des Vergleichs besonders relevanten Angaben zum Wertverlust von E-Autos geboten. Hier ist die Datenbasis noch relativ schwach und negative Überraschungen sind durchaus möglich.

Der entscheidende Knackpunkt der Studie ist jedoch die holzschnittartige Annahme, dass jedes Fahrzeug 5 Jahre gehalten und mit durchschnittlich 15.000 km im Jahr genutzt wird. Tatsächlich sind die Anforderungen an die Fahrzeuge und deren Einsatzbedingungen jedoch ganz unterschiedlich. So werden laut der Untersuchung Mobilität in Deutschland 2017 Dieselfahrzeuge im Durchschnitt 20.000 km im Jahr gefahren, während E-Autos nur 13.000 km benutzt werden. Dies dürfte daran liegen, dass mit Elektrofahrzeugen heute selten sehr lange Fahrten durchgeführt werden, die für die Gesamtfahrleistung besonders relevant sind. Es erscheint plausibel, dass Autofahrer einen Diesel wählen, wenn sie von einer deutlich höheren jährlichen Fahrleistung ausgehen und nicht umgekehrt mehr fahren, weil sie einen Diesel gekauft haben. Vergleicht man Fahrzeuge mit unterschiedlichen Fahrleistungen, um unterschiedlichen Nutzerprofilen gerecht zu werden, darf man nicht mehr über Absolutbeträge argumentieren, sondern muss die kalkulierten Kosten je Kilometer vergleichen. Für den BMW 218d aus der FÖS Studie betragen die Km-Kosten bei 20.000 km Jahresfahrleistung laut ADAC 46,1 Cent, während der i3S mit 55 Cent zu Buche schlägt; dabei wird zugunsten des E-Autos eine Fahrleistung von 15.000 km in Höhe des Bundesdurchschnitts angenommen.

Gegenüber dem e-Golf mit 43,8 Ct/km (15.000 km) kommt der nicht in der FÖS-Übersicht enthaltene vergleichbare VW Golf 2.0 TDI SCR Comfortline DSG (7-Gang) bei 20.000 km Jahresfahrleistung auf 45,4 Ct. Angesichts der Berechnungsunsicherheiten sieht ein wirklich relevanter Kostenvorteil anders aus, zumal aus Kundensicht erst ein deutlich höherer Preisvorteil des E-Autos in der Lage wäre, die zahlreichen Nachteile dieser Alternative auszugleichen. Um in den Augen der Kunden wegen der langen Ladezeiten und der Unwägbarkeiten im Hinblick auf Ladeinfrastruktur und Wiederverkaufswert als gleichwertige Alternative wahrgenommen zu werden, wäre ein deutlicher Preisabschlag erforderlich. Kostenparität dürfte nicht ausreichen, um einen repräsentativen Kunden für das E-Auto zu gewinnen.

Wichtiger für die Diskussion ist allerdings die Tatsache, dass nach einschlägigen Erhebungen nur noch rund 35 % der Neuwagen von Privaten erworben werden, während der Großteil auf das sogenannte Flottengeschäft entfällt. Hier spielen andere bzw. zusätzliche Faktoren eine Rolle, wie z.B. die erhöhte steuerliche Subventionierung im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung. Besonders bedeutsam ist allerdings die Frage der Rabattierung von Neufahrzeugen. Während insbesondere Diesel-Fahrzeuge wegen der Skandalisierung des Diesels in den letzten Jahren nur mit hohen Rabatten im Markt platziert werden konnten, sind hinsichtlich der Rabatte für Elektroautos keine belastbaren Informationen verfügbar. Bereits heute nehmen die Autohersteller eine implizite Rabattierung über Ihre politisch ausgehandelte hälftige Beteiligung am „Umweltbonus“ vor. Ab diesem Jahr ist mit verstärkten Rabattaktivitäten für E-Autos zu rechnen, da die Hersteller die für sie verbindlichen Flottengrenzwerte nur mit einem massiv höheren Anteil von verkauften batterieelektrischen Fahrzeugen und Plug-In-Hybriden erreichen können. 

Anreizverzerrungen bleiben undiskutisert

Als Quintessenz bleibt, dass man sich mit der Aussage, E-Autos seien bereits heute flächendeckend günstiger als Verbrenner, auf dünnem Eis bewegt. Eine entsprechende Schlagzeile in den Acht-Uhr-Nachrichten scheint recht mutig und eher irreführend zu sein. Unter realistischen Annahmen schrumpfen die vom FÖS errechneten Vorteile sehr stark oder kehren sich zum Teil auch ins Gegenteil um. Ein Ärgernis bleibt, dass bis zur Mittelklasse primär die massive staatliche Subventionierung für die in der FÖS-Studie errechneten Kostenvorteile von Elektrofahrzeugen verantwortlich ist. Für den VW e-up!, der in der FÖS-Studie monatlich 13 Euro billiger ist als der Verbrenner, macht der erhöhte Umweltbonus von 6.000 Euro mehr als ein Viertel des Kaufpreises aus. Wenn es den Umweltbonus nicht gäbe, wäre die Fahrt mit dem Elektroauto für den Käufer monatlich rund 63 Euro teurer als mit dem vergleichbaren Benziner. Ohne die jetzt nochmals erhöhten Zuschüsse für Neuwagenkäufer bleibt die Wettbewerbsfähigkeit der E-Mobilität in den volumenstarken Segmenten der Klein- und Kompaktfahrzeuge noch in weiter Ferne.

Die Anreizverzerrungen dieser Subvention, für welche die Steuerzahler insgesamt aufkommen müssen, werden aber in der öffentlichen Diskussion überhaupt nicht mehr thematisiert. Dies ist besonders ärgerlich, zumal von E-Autos nur recht bescheidene Klimawirkungen ausgehen. Unabhängig von der Diskussion über den ökologischen Rucksack der Batterie und die Höhe der spezifischen CO2-Emissionen je km bedeutet jedes E-Auto automatisch zusätzliche Nachfrage nach konventionell erzeugtem Strom, da der Strom aus erneuerbaren Quellen bevorzugt ins Netz eingespeist und damit bereits genutzt wird. Eine Berechnung eventueller CO2-Vorteile von E-Autos anhand der Durchschnittsemissionen des deutschen Strommix ist daher verfehlt; in der ökonomisch einzig relevanten Marginalbetrachtung muss zusätzlich konventioneller Strom mit relativ hohen Emissionen erzeugt oder aus dem Ausland importiert werden. Ein Hochlauf der Elektromobilität führt damit lediglich zu einer Verlagerung des Emissionsproblems in den Energiesektor. Dort sind zwar über das Emissionshandelssystem die CO2-Emissionen gesamteuropäisch gedeckelt, doch kommt es mit einem starken Ausbau der E-Mobilität perspektivisch zu erheblicher Nutzungskonkurrenz und deutlich steigenden Preisen für alle Stromkunden. Dieses Thema wäre jedoch in einem weiteren Beitrag zu vertiefen. 


Prof. Dr. Alexander Eisenkopf ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Verkehrspolitik an der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen.

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