Tichys Einblick
China – USA – Europa – Deutschland

Drohender Handelskrieg lässt Autoindustrie zittern

Mit Strafzöllen wollen sich die USA vor chinesischen Billigimporten schützen. Die Abschottungspolitik sorgt in Brüssel für Alarmstimmung, eine Umlenkung von Warenströmen wird befürchtet. Die EU droht ebenfalls mit Abwehrzöllen, China droht zurück. Die Welt steht vor einem Welthandelskrieg.

picture alliance / Rupert Oberhäuser | Rupert Oberhäuser

Der Abriss nationalökonomischer Grundfesten geht weiter: Nach der in der Wirtschaftstheorie nicht vorgesehenen Null-Zinspolitik ist nun das Theorem vom freien Welthandel, seit David Ricardo Wachstums- und Wohlstandsgenerator sine qua non, an der Reihe. Die politische Auseinandersetzung zwischen den USA und China um die Vormachtstellung in der Welt droht den bisher freien Welthandel zum Erliegen zu bringen. Und stürzt die deutsche Autobranche – Hersteller wie Zulieferer – ins Verderben.

Anders als bei der Zinspolitik wären die wirtschaftlichen Folgen verheerend. Vor allem die deutsche Autoindustrie, deren Wertschöpfung zu zwei Dritteln auf Exporte angewiesen ist, käme stark ins Schleudern. Und mit ihr die gesamte deutsche Volkswirtschaft: Vollbeschäftigung adé, Wohllebe passé! Die Wertschöpfung der Autoindustrie ist international verflochten wie keine andere Industriebranche. Produktionsstillungen und temporäre Werkschließungen als Folge der Chipkrise währen der letzten zwei Jahre 2022 können als Beispiel dienen für das, was den heimischen Autoherstellern zustoßen würde, wenn der freie Warenaustausch in der Welt nachhaltig und dauerhaft zum Erliegen käme.

Die deutsche Industrie, vor allem die deutschen Autohersteller müssten einen internationalen Handelskrieg fürchten. Dabei wären es sogar weniger die direkten Ex- und Importbeschränkungen, die die Hauptkontrahenten USA und China gegeneinander verhängen könnten. Vielmehr zu fürchten wären die Sekundär-Effekte eines solchen Handelskrieges, die dann zwangsläufig in einer verflochtenen Handelswelt auch auf Drittmärkte übergreifen würden. Aus gutem Grund fürchtet die deutsche Autoindustrie schon seit längerem, zwischen die Fronten eines geopolitischen Konfliktes zwischen den USA und China zu geraten. Derisking ist das Schlagwort, dass dazu in der deutschen Politik die Runde macht.

Handelsstreit zwischen USA und China eskaliert

So viel zum Grundsätzlichen. Mitte Mai 2024 zündeten die USA eine neue Eskalationsstufe im Handelsstreit mit China. Präsident Joe Biden verhängte neue Zölle auf Einfuhren aus der Volksrepublik im Wert von „maßvollen“ circa 20 Milliarden Dollar. Zum Schutz der heimischen Wirtschaft sollen im Wahljahr insbesondere Halbleiter, Batterien, Solarzellen und strategisch wichtige Mineralien stärker belastet werden. Hinzu kommen Abgaben auf Hafenkräne und einige medizinische Produkte. Erhöhte Zölle auf Stahl, Aluminium und vor allem auf Elektroautos waren bereits zuvor angekündigt worden.

Die Biden-Regierung verschärft damit vollumfänglich die von Vorgänger Donald Trump eingeführten Handelsbeschränkungen – dies vor allem vor dem Hintergrund, dass eine harte Haltung gegenüber Peking bei US-Wählern populär ist. Die neuen Regeln im Handel mit China treten schrittweise von 2024 bis 2026 in Kraft.

Am stärksten steigen die Abwehrzölle auf E-Autos – sie werden noch im laufenden Jahr vervierfacht, von 25 Prozent auf dann 100 Prozent. Zu Recht bezeichnete der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament Bernd Lange (SPD) den neuen 100-Prozent-US-Zoll auf chinesische Elektroautos als „rein protektionistisch“. Präsident Joe Biden reagiert damit rein plakativ auf die Konkurrenz durch chinesische Fahrzeuge, die deutlich günstiger angeboten, wenn auch bislang nicht gekauft werden, als die von amerikanischen Herstellern – auch weil die über vergleichbare Modelle bisher nicht verfügen. Fakt ist, chinesische Elektroautos spielen am amerikanischen Markt keine Rolle, Verbrenner ebenso wenig.

Zoll-Begründung der Biden-Administration: Die chinesische Regierung unterstützt die einheimischen Hersteller mit hohen Subventionen, was zu gewaltigen Überkapazitäten und entsprechendem Exportdruck führt. Andere Zölle verdoppelt die US-Administration auf 50 Prozent, wie die für Chips oder Solarzellen. Weitere werden erstmals erhoben, beispielsweise auf bestimmte Erze. Zölle auf Lithium-Ionen-Batterien und Batterieteile verdreifachen sich auf 25 Prozent („Rein protektionistisch“: Anti-China-Zölle der USA werden zum deutschen Problem – n-tv.de).

Auswirkungen auf europäische Industrie

Wenn die USA ihre Märkte stärker abschotten, wächst in Europa zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit vor Umlenkungseffekten der chinesischen Exportströme. Höhere US- Handelsbarrieren könnten den Druck auf europäische Unternehmen verstärken, da chinesische Exporteure dann zunehmend auf den EU-Markt ausweichen. Auch der Verband der Maschinenbauer (VDMA) befürchtet einen solchen Effekt.

Für die europäische Autoindustrie selber gilt das weniger, da de facto kaum chinesische E-Autos in die USA verkauft werden – und damit nichts umgelenkt zu werden braucht. Dafür stehen andere Branchen im Fokus. So wird vom Wirtschaftsinstitut IW in Köln berichtet, dass bereits in praktisch allen deutschen Industriebranchen chinesische Konkurrenzprodukte im Handel seien, die zu Preisen weit unter dem marktüblichen Level angeboten würden. – Dass das auf Ebene der Verbraucher die Kaufkraft stärkt und generell Wettbewerb so funktioniert, wird nicht erwähnt.

Eine Studie des Kreditversicherers Allianz Trade warnte im April, die deutsche Industrie verliere in immer mehr Schlüsselsektoren mit einstiger Vormachtstellung gegenüber China an Boden. Bei Maschinen, Chemikalien und elektrischer Ausrüstung seien chinesische Exporteure auf dem Weltmarkt inzwischen erfolgreicher als deutsche. „Auch in Europa, dem klassischen ‚Hometurf’ der deutschen Firmen gewinnen die chinesischen Unternehmen zunehmend an Marktanteilen“ (Allianz Trade). „Innerhalb der Europäischen Union (EU) haben in den letzten zehn Jahren zehn von elf Sektoren des deutschen verarbeitenden Gewerbes einen Rückgang des Exportmarktanteils verzeichnet.“ („Rein protektionistisch“: Anti-China-Zölle der USA werden zum deutschen Problem – n-tv.de).

Im Autoexport ist China jetzt auf Platz 1 der Weltrangliste

Bei Automobilen gilt global inzwischen das Gleiche. Im Autoexport hat China im Jahr 2022 erst Japan, 2023 dann auch Deutschland mit über vier Millionen Exportautos von Platz 1 der Weltrangliste verdrängt. Und die europäischen Autohersteller helfen sogar dabei, indem sie immer mehr Exporte aus Europa durch eigene Produktionen in China oder Nordamerika ersetzen – zum Leidwesen der Außenhandels-Statistiker.

Dass der unverhohlene amerikanische Protektionismus zwangsläufig die Warenströme aus China noch stärker als bisher nach Europa lenken dürfte, steht außer Frage. Experten, die den US-Strafzöllen keine großen globalen Auswirkungen beimessen, irren. Die europäische Industrie wird ohne Zweifel in Mitleidenschaft gezogen. Denn nach der Ankündigung der USA ist absehbar, dass chinesische Hersteller künftig noch stärker auf den europäischen Markt drängen werden, als ohnehin schon angekündigt.

Mehr noch: Schon wird Europa angesichts der sich abzeichnenden EU-Handelsrestriktionen und Zöllen als Produktionsstandort für eigene Werke stärker ins Visier genommen. Allein Elektroauto-Gigant BYD hat acht Giga-Autotransportschiffe mit jeweils einer Ladekapazität von 7000 Autos in Auftrag gegeben. Das erste BYD Transportschiff „Explorer“ ist bereits im Februar 2024 in Bremerhaven gelandet, die dort entladenen 3000 Elektroautos blockieren bis dato noch unverkauft die Hafen-Lagerflächen. Von n-tv lakonisch, aber treffend kommentiert: „Schimmel statt Marktanteil“ (https://www.n-tv.de/wirtschaft/BYD-erntet-in-Europa-Schimmel-statt-Marktanteile-article24956726.html).

Auch wenn sich das im Falle BYD ab 2025 spürbar ändern dürfte, wenn der chinesische Elektrogigant dann aus seinem neuen Werk in Ungarn die europäische Version seines chinesischen Erfolgsmodells Seagull – kostet in China weniger als 10.000 Euro – auf den europäischen Markt bringen wird. Und dennoch: Zweifel an den gebetsmühlenartigen Behauptungen in der Öffentlichkeit bleiben: Danach soll der E-Auto-Markt aktuell angeblich deshalb schwächeln, weil gerade kleine und preisgünstige Elektroautos gefragt seien, die aber von den deutschen (verschlafenen) Herstellern noch nicht angeboten würden. Von französischen Herstellern werden diese angeboten, aber nicht gekauft. Ob sie aber dann, wenn chinesische Autos der unteren Klasse von BYD, Geely u.a. demnächst real angeboten werden, auch gekauft werden, ist noch offen.

Was ebenso gern von der Politik und den Autoverbänden verschwiegen wird: Die europäischen Autohersteller selber helfen den chinesischen Kollegen sogar noch bei der Markteroberung in Europa. Zum einen werden leerstehende, überflüssige Autofabriken chinesischen Autobauern angeboten und liebend gerne verkauft (Ford Saarlouis, Nissan Spanien). Auch weil die chinesischen Autobauer die einzigen sind, die sich noch für solche Leerkapazitäten interessieren. Zum andern scheuen sie auch nicht davor zurück, selber in ihren eigenen europäischen Werken für China-Hersteller chinesische Autos zu bauen.

Auch die EU wird wohl Zölle gegen chinesische Produkte einführen

Paradebeispiel dafür ist Stellantis mit CEO Carlos Tavares an der Spitze. Wie kein Zweiter in Europa warnte Stellantis-Chef Tavares noch Ende letzten Jahres vor chinesischen Wettbewerbern und sprach von „furchtbarem Kampf“ und dem Untergang der europäischen Autoindustrie. Nach einer Kapitalbeteiligung an dem China-Elektro-Start-Up Leapmotor, von dem sich Stellantis in China Entwicklungsvorteile und „China Speed“ verspricht, holte er Leapmotor ins eigene europäische Haus und baut demnächst Leapmotor-Autos im Stellantis Werk in Polen (Fiat-Werk in Tychy, Polen), angepasst an den europäischen Markt (Kommentar: Mit Leapmotors holt sich Stellantis neue Konkurrenz ins eigene Haus | Automobilwoche.de). Demnächst folgen BYD in Ungarn und Chery in Spanien. Etwaige EU-Strafzölle werden so elegant umgangen.

Ob die chinesische Marktoffensive, egal wo und auf welche Weise auch vorgetragen, letztlich Erfolg haben wird oder nicht, ist letztlich zweitrangig. Marktexperten glauben nicht daran und sehen die Zukunft eher weiter bei Verbrennern mit Wasserstoff/Klimasprit und bei Hybriden. Sicher ist dagegen, dass als Folge der rigiden US-Handelspolitik auch die Europäische Union die chinesischen Praktiken beklagt, über Zölle nachdenkt und noch vor der Europawahl am 9. Juni eine Entscheidung fällen will – nach letztem Stand der Informationen (23.05.2024) zugunsten von Zöllen. Mit womöglich weitreichenden Konsequenzen für chinesische Gegenzölle; im Gespräch sind Landwirtschaftsprodukte, Käse und Branntwein.

Deutschlands Autohersteller fürchten bereits seit längerem, zwischen die Fronten eines Handelskriegs zu geraten. Der geopolitische Konflikt zwischen den USA und China verstärkt diese Sorgen aus gutem Grund. Der chinesische Markt ist für Deutschlands Autoindustrie der Wichtigste überhaupt: Der VW-Konzern verkaufte 2023 mehr als drei Millionen Autos in China – rund ein Drittel des Gesamtabsatzes. Früher waren es sogar knapp fünf Millionen und die Hälfte des Absatzes. Platz 1 im Welt-Ranking ging dadurch wieder an Toyota verloren.

Sorgen in der Politik vor zunehmendem Protektionismus

Ähnlich bedeutsam ist der chinesische Markt für BMW und Mercedes, wo jeweils über ein Drittel des weltweiten Konzernabsatzes im Reich der Mitte getätigt werden. Und wo aus den China-Werken der Premium-Hersteller zunehmend mehr Modelle nach USA und Europa exportiert werden (jüngstes Beispiel der vollelektrische BMW MINI Aceman).

Der drohende Handelskrieg zwischen den USA und China sorgt natürlich auch die Politik. Die Gefahr ist, dass ein Zollkonflikt rasch ausufern und sich gegenseitig hochschaukeln kann, auf der chinesischen Seite Gegenmaßnehmen provoziert oder zu generellen Im- und Exportverboten essentieller Zulieferungen für die heimische Industrie führen könnte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte in einer Rede auf dem IHK-Tag vor einer Abschottung der Märkte: „Protektionismus macht am Ende alles nur teurer.“ Damit spricht der Bundeskanzler, wenn auch verklausuliert, die inflationsdämpfende und kaufkraftstärkende Wirkung der chinesischen Billigimporte auf dem deutschen Markt an. Andererseits die versorgungspolitische Abhängigkeit u.a. der Autoindustrie von chinesischen Zulieferungen. Was man nach Olaf Scholz benötige, sei „ein fairer und ein freier Welthandel“.

Von diesem freien Welthandel haben vor allem die deutschen Autobauer lange profitiert. Aber er ist keine Einbahnstraße. Jetzt trübt sich jedoch nicht nur die politische Großwetterlage ein. Denn gleichzeitig drängen die Chinesen mit absolut qualitativ und vor allem preislich konkurrenzfähigen Elektroautos auf die Märkte. Bis dato aber ohne großen Erfolg: Die Zulassungszahlen in Deutschland zeigen aktuell noch einen sehr überschaubaren Marktanteil chinesischer Hersteller mit 0,7 vH; ähnlich sieht es in den USA aus. In der EU liegt der Marktanteil aber bereits bei 5 vH, konzentriert auf einige wenige Märkte.

Die Ansichten über Strafzölle der EU sind geteilt. Deutschland neigt aus Rücksicht auf seine exportstarke Industrie zur Milde gegenüber Peking. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) etwa plädiert gegen Zölle und warnt wie Kanzler Scholz vor einem globalen Handelskrieg (Steigende Zölle: Handelskrieg wäre verheerend für deutsche Autobauer | Automobilwoche.de)

BMW-Chef Oliver Zipse wurde jüngst besonders deutlich und sprach im Zusammenhang mit den Plänen der EU-Kommission von „ins Knie schießen“. Weniger drastisch, wenngleich in der Sache ähnlich äußerten sich auch schon die Chefs von VW und Mercedes. Dabei spielt sicher die Einsicht eine Rolle, dass EU-Zölle nicht nur rein chinesische Autohersteller treffen würden. Der Schuss würde auch nach hinten losgehen: Die als Eintrittsschwelle für chinesische Hersteller geplanten Zölle würden die deutsche Autobauer selber treffen. Denn alle deutschen Hersteller, vor allem die Premium-Autobauer, produzieren in China gebaute Autos nach Europa. Und USA. Das trifft zum Beispiel auf den BMW iX3 oder den Mini zu, die ebenfalls von den Zöllen betroffen wären. Unter anderem deshalb spricht BMW CEO Oliver Zipse wohl von „Knieschuss“, und sieht auch Bundeskanzler Olaf Scholz Zölle skeptisch.

Deutsche Bürger mehrheitlich für Zölle auf chinesische Elektroautos

Ungeachtet solcher Bedenken betonte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis, die Subventionen in China seien eine Gefahr für die europäische Industrie. Und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – die Wahlen im Blickfeld – spricht markige Worte: „Wir werden unsere Firmen verteidigen, wir werden unsere Wirtschaft verteidigen, wir werden nie zögern, das zu tun, wenn das nötig ist“, sagte sie kürzlich zum Thema Strafzölle (Steigende Zölle: Handelskrieg wäre verheerend für deutsche Autobauer | Automobilwoche.de).

Ganz anders äußert sich die Mehrheit der Bundesbürger selber, die nach einer jüngsten Civey-Exklusiv-Umfrage zu zwei Drittel Zölle auf chinesische Elektroautos à la USA begrüßen würden; nur jeder Fünfte wäre strikt dagegen (Elektroautos aus China: Deutsche für höhere Zölle | Automobilwoche.de). – Was Verbrennerfreunde als weiteren Beleg dafür werten, dass E-Autos nur begrenzte Marktchancen haben. Unter den EU-Mitgliedstaaten gehen die Interessen allerdings weit auseinander, was Strafmaßnahmen gegen Wettbewerbsverzerrungen durch China betrifft.

Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Zölle als Gegenmittel unterstützt, äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz in der Vergangenheit skeptisch bis ablehnend. Bei seinem Besuch in China im April sprach er sich für offene Automärkte mit fairen Wettbewerbsbedingungen aus, bei einem Besuch in Schweden daraufhin, dass gegenwärtig die Hälfte der Neuzulassungen von chinesischen E-Autos in Europa von westlichen Marken stammten, die in China produzierten und die Fahrzeuge dann nach Europa verschifften. Außerdem wies Scholz darauf hin, dass viele europäische Hersteller ihre Fahrzeuge (seit Jahrzehnten) erfolgreich auf dem chinesischen Markt verkauften. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing lehnt Strafzölle gegen chinesische Fahrzeuge ab („Rein protektionistisch“: Anti-China-Zölle der USA werden zum deutschen Problem – n-tv.de).

Wie China im Fall eines EU-Strafzolls reagieren würde, ist derzeit völlig unklar. Reine Importzölle auf Autos aus der EU würden nur Porsche sowie BMW, Daimler und VW bei Exclusiv-Modellen treffen, weil sie den gehobenen chinesischen Massenmarkt ohnehin längst aus eigenen Werken in China beliefern. Es sind aber durchaus andere Maßnahmen denkbar, zum Beispiel Zölle auf nicht in China hergestellte Komponenten.

EU und vor allem Deutschland stehen vor einem Dilemma

Sollte China als Reaktion auf die amerikanischen Zölle nun seinerseits die Zölle auf Autos anheben, die aus den USA nach China exportiert werden, würde das die deutschen Autobauer ebenfalls treffen. Die in China verkauften SUVs von Mercedes werden größtenteils in Amerika gebaut. Selbst wenn Europa also formal nicht an einem Handelskrieg beteiligt wäre, würde die deutsche Autoindustrie über ihre multilateral verflochtenen Lieferströme leiden.

China sieht das natürlich anders. Als Chinas Staatspräsident Xi Jinping bei seinem jüngsten Europabesuch mit den europäischen Bedenken konfrontiert wurde, wischte er die Bedenken vor einer Exportoffensive beiseite und schrieb chinesische Erfolge der überlegenen Wettbewerbskraft der heimischen Unternehmen zu. Probleme mit Überkapazitäten habe China nicht, sagte er in Paris.
Fakt ist, dass Xi bereits seit 2015 eine „Made in China“-Strategie verfolgt, die das Land in mehreren Kerntechnologien, darunter in der Chip- und der E-Auto-Branche, international führend machen soll. Entsprechend werden diese Branchen subventioniert.

Eine Studie des IfW Kiel weist nach, dass im Jahr 2022 mehr als 99 Prozent der börsennotierten chinesischen Unternehmen direkte staatliche Subventionen erhalten. Gezielt würden damit Schlüsseltechnologien zur Marktreife gebracht. Hinzu kamen – staatlich angeordnet

Mit all diesen Segnungen ausgestattet, konnten chinesische Unternehmen bei vielen grünen Technologien sehr schnell expandieren. Erst konzentrierten sie sich planvoll auf den chinesischen Heimatmarkt und nahmen den bis dato dominierenden ausländischen Investoren Marktanteile ab. Bei Automobilen fokussierte sich die Staatsregierung von Anfang auf Elektroautos, zum einen weil man bei der Verbrennertechnik nicht mithalten konnte, zum anderen weil die ausländischen Anbieter keine Elektroautos im Programm hatten. Und dezimierten sich selber. Inzwischen dominieren wenige Große wie, BYD, Nio, Chery Geely und SAIC den heimischen Markt und stehen in den Startlöchern, um in EU-Märkte vorzudringen, der Weg in die USA ist ihnen ja versperrt.

Nach der Weltmarktführung bei Photovoltaikanlagen und Batteriezellen strebe China laut IfW Kiel nunmehr offensichtlich die Führungsrolle auch bei Elektrofahrzeugen und Windturbinen an. Da der chinesische Binnenmarkt krisengeschüttelt schwächelt, drängten die chinesischen Firmen nun auf die Weltmärkte, wo sie ihre Produkte oft zu sehr günstigen Preisen anbieten. Laut Bloomberg-Daten erreichen Chinas Batteriehersteller bis 2025 Produktionskapazitäten, die die globale Nachfrage dreimal bedienen könnten. Exporte chinesischer E-Autos legen rasant zu, auch nach Europa. Berichten zufolge sollen die Schiffsflotten für Produzenten wie BYD, Chery und SAIC von derzeit 33 E-Auto-Transportern mehr als verdoppelt werden.

Dass Peking Überkapazitäten für den Export aktiv fördert, um heimische Produktionskapazitäten stärker auszulasten, stellte auch die EU-Kommission im April in einem Bericht fest. Ähnlich wie bei E-Autos sehe es bei Batterien aus. Was tun, sprach Frau von der Leyen?

Handelspolitische Beschränkungen als Ultima Ratio

Die EU und vor allem Deutschland stehen vor einem Dilemma: Ohne handelspolitische Gegenmaßnahmen gegen China drohen gigantische Fehlinvestitionen der deutschen Autoindustrie in die Elektromobilität, nicht nur bei den Herstellern (vor allem VW mit den E-Fabriken Zwickau und Emden), sondern in der ganze Breite auch bei den Zulieferern. Ohne Gegenmaßnahmen also der Niedergang der heimischen Autoindustrie at home, mit Gegenmaßnahmen die Bestrafung der heimischen Autoindustrie at home durch chinesische Handelsrestriktionen bei Rohstoffen und notwenigen Bauteilen. Was tun? Dazu folgende Grundsätze einer Lösung:

  1. Im Vordergrund aller Lösungsansätze muss die Einsicht bestehen, in jedem Fall einen globalen Handelskrieg zu vermeiden. Dabei würden alle verlieren.
  2. Die EU als demokratisches, marktwirtschaftlich organisierte Institution sollte in jedem Fall handelspolitische Restriktionen vermeiden und marktwirtschaftliche Lösungen suchen.

Folgende Vorgehensweise erscheint politisch sinnvoll und marktwirtschaftlich tragfähig:

Handelspolitische Beschränkungen sollten die Ultima Ratio im politischen Handwerkskasten bleiben.

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