Tichys Einblick
Groteske Politik

Dieselverbote: In Stuttgart wird Vernunft zur Ausnahmeregel

»Wir sind laut, weil man uns den Diesel klaut:« Die Anti-Grünen-Demonstrationen in Stuttgart gewinnen an Kraft. Mittlerweile zeigt sich was passiert, wenn man versucht eine Stadt stillzulegen. In Berlin soll's damit erst richtig losgehen...

imago/Arnulf Hettrich

Wieder demonstrierten am vergangenen Samstag in Stuttgart rund 2000 Gegner des Diesel-Fahrverbotes. Die Bewegung scheint an Fahrt zu gewinnen. Mehr Bürger protestieren gegen die Unverschämtheiten, die ihnen die grüne-schwarze Landesregierung im Autoland Baden-Württemberg bietet. »Wir sind laut, weil man uns den Diesel klaut.« Für diesen Monat sind auch in anderen Städten weitere Demonstrationen angekündigt ebenso in Stuttgart an den nächsten Samstagen.

Ebenso werden Spenden für die ersten Klagen gesammelt. Vorher hatte die AfD in einer eigenen Demonstration gegen die Fahrverbote protestiert.

Nein, wie man jetzt als Dieselfahrer in Stuttgart zur Autobahn komme, könne sie auch nicht sagen, meinte die hilflose Sprecherin der Stadt Stuttgart, Sabine Laartz, gegenüber den Stuttgarter Nachrichten. Die wollte ihren Lesern aus gegebenem Anlaß neue Tipps für Fahrten aus der Stadt geben. Die Internet-Routenplaner wollten einfach den Diesel-Stuß in Stuttgart nicht begreifen. In der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg gilt seit dem 1. Januar ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge nach Euro vier und darunter. Und zwar auf dem gesamten Stadtgebiet bis hoch in die Außenvororte. Denn auch dort sind nach grüner Lesart die Bewohner von vor-zeitigen Todesfällen so betroffen, daß sie in Schutz genommen werden müssen und nicht mehr Diesel fahren dürfen.

Vernunft ist eine Ausnahmeregelung

Um den Ärger vieler Stuttgarter etwas zu dämpfen, hat die Stadt viele Ausnahmegenehmigungen erteilt. Die Liste ist lang und unübersichtlich. Rund 8000 Fahrzeuge wurden bisher überprüft, darunter übrigens auch der Wagen eines kroatischen Bestattungsunternehmers. Der wollte im Standesamt in der Eberhardstraße den Totenschein für eine verstorbene Kroatin abholen und stellte seinen Leichenwagen auf dem Behindertenpark ab. Das gehört jedenfalls noch zu den Problemen, die die Stadt unter dem wegen seiner Unfähigkeit berüchtigten grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn in den Griff bekommt: Ein Bußgeld in Höhe von 108 Euro sollte der Bestatter bezahlen.

Sein Auto hatte jedoch nur noch Euro Norm 3, durfte daher überhaupt nicht mehr bewegt werden. Lebensgefahr für Passanten, die reihum tot umzufallen drohten. Die Leiche im Wagen jedoch mußte schnell nach Zagreb. Da fiel jemandem auf, dass Leichenwagen in die lange Liste der Ausnahmefälle gehört. Vernunft ist ein Ausnahmefall in Stuttgart. Das Wiehern des Amtsschimmels ist weithin zu hören.
Im Januar hatte die Stadt lediglich auf die Fahrverbote hingewiesen, im Februar dann fünf Bußgeldbescheide in Höhe von 80 Euro verschickt. 209 Verstöße seien festgestellt worden, sagte die Stadt Stuttgart gegenüber der Stuttgarter Zeitung.

Die Mitarbeiter der Stadt prüften dann, in welche Diesel-Kategorie das Auto gehört. Ab 1. April gilt auch Stuttgarter Dieselfahrer, daß sie nicht mehr mit ihrem Auto in der Stadt fahren dürfen. Doch die Stadt betont derzeit auffällig, dass Diesel nicht gesondert kontrolliert werden, sondern nur im »Rahmen der allgemeinen Verkehrskontrollen« auch die Euro Norm festgestellt werde. Am 26. Mai finden in Baden-Württemberg Kommunalwahlen statt, für die die Stadt gerade 500 000 Euro für eine Werbekampagne verpulvert. Da macht es sich nicht so gut, einen Großteil der Stuttgarter Dieselfahrer allzu brutal die Folgen grüner Politik spüren zu lassen und auszusperren.

Geprüft oder nicht geprüft – ein Gesetz wird zum Symbol

Der Verkehrsminister Winfried Herrmann (Grüne) kann nicht begründen, warum im Bereich der gesamten Stadt das Fahrverbot gilt und nicht nur an jenen Stellen, an denen Werte über dem Grenzwert gemessen wurden. So kämpfen die Vororte droben auf den Fildern, die mit der Luftsituation im Stuttgarter Talkessel nicht viel am Hut haben, darum, dass sie aus der Umweltzone ausgeschlossen werden und bei ihnen Diesel auch legal fahren dürfen. Aus grünen Kreisen hört man die Aussage, dass die Umweltzone so weit gewählt wurde, weil ja schon die Schilder der alten Umweltzone standen. Der Schwabe ist sparsam. Das gilt immer.

Herrmann begründet das bisher allgemein mit super Modellrechnungen, die auch die Lebensgefahr für die Bewohner in den ruhigen Vororten errechnet haben. Modellrechnungen können so formuliert werden, dass sie sich an stehende Schilder orientieren. Das ist der Vorteil grüner Politik. Sie hat nichts mit Fakten zu tun, sondern mit Ideologie, und die ist ein Modell.

TE hat das Verkehrsministerium nach einer genauen Begründung gefragt, aber Herrmann konnte bisher die Fragen nicht beantworten und keine Begründung liefern. Außer dem unbändigen Drang der Grünen nach Terrorisierung der eigenen Bevölkerung gibt es auch keine.

Konsequenz in Berlin: Auto gleich ganz abschaffen

Das deckt sich mit den jüngsten Sprüchen aus Berlin. Dort will eine Regine Günther das Auto komplett abschaffen. »Wir möchten, dass die Menschen ihr Auto abschaffen“, hat sie gesagt. Günther hatte es vom WWF, einer ebenso undurchsichtigen international tätigen NGO, nahtlos in den Sessel des Senats für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin geschafft. Qualifikation? Verzeihung – die Frage überhaupt gestellt zu haben. Aber wenn man sich mit einer Lage nicht mehr auskennt, schafft man die Lage ab.

Die für den Verkehr zuständige Senatorin sieht also nicht ihre Aufgabe in der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, sondern: Auto weg! Sie fordert Autofahrer auf, sich von ihren Pkw zu trennen und übersieht, dass sie eigentlich überhaupt nichts zu fordern hat, sondern im Auftrag der Bürger Berlins zu handeln hat.
Rainer Wendt, der Polizeigewerkschaftsfunktionär, sagt es erfrischend deutlich: »Frau Senatorin, geht es eigentlich in Ihren Kopf, dass Sie gar nichts zu wollen haben? Dass Sie Beauftragte der Bevölkerung sind, in deren Auftrag Sie handeln sollen? Begreifen Sie, dass Sie keinen Volkserziehungsauftrag haben und dass es Sie einen Kehrricht angeht, ob die Menschen Autos haben oder nicht? Machen Sie einfach Ihre Arbeit, statt Menschen zu quälen und zu bevormunden! Oder gehen Sie einfach, aber der Dienstwagen bleibt da.« Ach Gott Herr Wendt, kapieren Sie gar nichts? Senatoren sind für das Parteiprogramm da, nicht für die Bürger.

Statt mit dem Auto sollten die Menschen künftig mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder in gemeinsam genutzten Fahrzeugen von Sharing-Anbietern ihre Alltagswege zurücklegen.

»Je weniger Autos auf der Straße, desto mehr Platz für jene, die wirklich auf das Auto angewiesen sind«, sagte Günther weiter. Sie singt das alte Lied vom besseren öffentlichen Personennahverkehr und Fahrrad fahren. Doch der ÖPNV ist so marode wie nie, auch Günther verbessert nichts und kann älteren, nicht mehr so fitten Menschen nicht erklären, wie sie mit dem Rad bei Wind und Wetter über die teilweise miserablen und gefährlichen Radwege kommen sollen. Wähler der Grünen sind eben forever Young.

Günther fordert populistisch elektrische Busse; die Städte, in denen bisher e-Busse fahren, geben sie gerade wieder zurück, weil die nicht halten, was sie versprechen.
Günther weiß aber: »Der Verbrennungsmotor hat ausgedient und wird sehr schnell ersetzt werden.« Durch was, weiß sie nicht.

Grün ist der Glaube, dass das Gute vom Himmel fällt.

Noch abgedrehter äußerte sich gerade Hiltrud Werner. Die wiederum sitzt seit zwei Jahren im Volkswagen-Vorstand und ist dort zuständig für »Integrität und Recht«. Sie folgte Christine Hohmann-Dennhardt, jener Juristin, die nach einem einjährigen Gastspiel bei VW mit 12 bis 15 Millionen Abfindung und einer kargen monatlichen Rente von 8000 Euro gehen mußte. Diplom-Ökonomin Werner warnte jetzt vor der AfD in Ostdeutschland: »In Ostdeutschland wird die AfD zunehmend zum Problem, auch in den Betrieben.« Die ehemalige Facharbeiterin für Textiltechnik aus Mecklenburg-Vorpommern erinnert sich augenscheinlich noch an die alte DDR und ihre Gepflogenheit, geschlossen eine Einheitspartei wählen zu lassen. Vorstand bei VW klingt klüger als die Dame ist. Sie macht Karriere auf dem Ticket der IG Metall.In deutschen Großkonzernen ist die Quote längst Pflicht. Das haben wir jetzt davon.

Diplom-Ökonomin Werner kann auf ein schönes Modell aus China blicken und seinem »social Scoring«. Wie AP berichtet, sollen bereits 23 Millionen Chinesen von der Regierung blockiert sein, sie dürfen weder Flug- noch Zugtickets kaufen. Sie wurden als »discredited« gebrandmarkt, weil sie ein falsches Verhalten an den Tag gelegt haben. Ihnen wurde offenbar auch nicht mitgeteilt, was sie falsch gemacht haben. Wenn man das zu Ende denkt: So könnte man das Diesel-Problem in Stuttgart lösen: Einfach die Kfz-Zulassungsstelle fragen, Diesel-Fahrer Einscannen und sperren. Schade, dass wir noch nicht China sind. Aber das kann ja noch kommen.

Immerhin will Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sachen Grenzwerte für Entlastung sorgen. Auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin befasst sich ab sofort die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina aus Halle in Sachsen-Anhalt mit den von der EU beschlossenen Grenzwerten der Luftverschmutzung.
Eine Arbeitsgruppe von 20 Professoren der Fachrichtungen Biologie, Chemie, Epidemiologie, Medizin, Statistik, Technik, Toxikologie, Wirtschafts-, Material- und Rechtswissenschaften, Soziologie und Verkehrsforschung, soll herausfinden, wie gut wissenschaftlich belegt die Werte sind. Blödsinn, vertippt, also nochmal: Sie soll »unabhängig und ergebnisoffen« die Studien untersuchen, die zurzeit die Basis für die Grenzwerte bilden. Na endlich. Aber was bei Kommissionen rauskommt, die die Kanzlerin persönlich auswählt, hat man schon bei der Ethik-Kommission zum Atomausstieg und jüngst beim Kohleausstieg erlebt. Nichts Gutes. Unternehmen sterben. E.on und RWE waren mal Witwen-und Waisenpapiere. Sie galten als sicher. Nach Merkel als totsicher. Das Auto beweist ihre Fähigkeit, weitere Industriezweige zu vernichten.

Eine Branche wird abgestellt

Die fatalen Folgen der Schlacht gegen das Automobil zeigen sich bereits deutlich: In diesem Jahr werden in Deutschland wesentlich weniger Autos als im vergangenen Jahr produziert werden. Am Vorabend zum Genfer Automobilsalon, der ersten wichtigen Automesse in Europa, erklärt der Chef des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, dass in diesem Jahr rund fünf Prozent weniger Autos produziert werden dürften. Das entspricht rund 4,8 Millionen weniger Autos, die von den Fließbändern rollen. Die Produktion in den ausländischen Werken der deutschen Hersteller dagegen um drei Prozent zunehmen werde. Arbeitsplatzverluste sind die Folge. Unausweichlich. Natürlich zuerst bei Zeitarbeitsfirmen, damit die Mitglieder der IG Metall länger bei Laune gehalten werden.

Gründe lägen in der ablaufenden Konjunktur und in Handels- und Zollrisiken. Welche Rolle die Angriffe auf die individuelle Mobilität dabei spielen, erwähnte der Verbandspräsident nicht offen.

Auf dem Genfer Autosalon zeigen diese Woche laut VDA auch die deutschen Hersteller neue Modelle und Studien, darunter viele Elektro- und Hybridautos. »Wir investieren in die Elektromobilität in den nächsten drei Jahren über 40 Milliarden Euro, hinzu kommen weitere 18 Milliarden Euro in die Digitalisierung, das vernetzte und automatisierte Fahren.«

Das Modellangebot deutscher Hersteller werde sich bis dahin auf rund 100 E-Modelle verdreifachen. Nötig seien aber mehr Ladestationen und Kaufanreize.
VW baut derzeit sein Werk in der Auto-Traditionsstadt Zwickau vollständig auf die Produktion von e-Mobile um. Nur noch batteriegetriebene Autos sollen dort von den Bändern rollen. Nur was, wenn die keiner kauft, weil die Leistung zu schlecht sind?

Die Antwort ist klar: Es wird Steuerprämien geben, Zuschüsse, Subventionen. Wenn es noch Steuerzahler gibt, die das leisten können.


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