Tichys Einblick

Der europäische Automarkt ist 2020 um ein Viertel eingebrochen

Der Einbruch im vergangenen Frühjahr war extrem - aber er ist vorbei. In der deutschen Automobilindustrie ist dank einer Rückkehr des Exports und der Inlandsnachfrage gegen Jahresende 2020 das Vor-Corona-Produktionsniveau wieder erreicht worden.

Renault-Produktion in Moskau

imago images / ITAR-TASS

Mit der Überschrift „Europäischer Pkw-Markt bricht 2020 um ein Viertel ein“ beschreibt der Verband der Automobilindustrie (VDA) in seinem jüngsten Bericht die Lage der internationalen Automobilmärkte. Das ist insofern etwas missverständlich, als der Leser glauben könnte, der Einbruch des Pkw-Marktes reiche auch bis Jahresende 2020. In Wirklichkeit bricht er nicht sondern er ist eingebrochen, und zwar im 1. Halbjahr Corona bedingt auf einzelnen Märkten von teilweise bis zu -90 Prozent.

Danach setzte die erhoffte Erholung bei den Neuzulassungen ein, erst schwach, dann gegen Jahresende 2020 immer stärker. Inzwischen hat die Erholung der Automobilnachfrage in Kombination mit der zunehmenden Elektronisierung im Auto-, Antriebs- und Batterie-Management eine solche Nachfrage nach Halbleiterchips ausgelöst, dass Lieferengpässe zu branchenweitem Produktionsstillstand und Kurzarbeit geführt haben – zumindest in der deutschen Automobilindustrie. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz könnte die Planungsgenauigkeit möglicherweise erhöhen. 

Aktuell zeigt der Konjunkturtrend auf allen europäischen Märkten (Ausnahme: Großbritannien) nach oben, dies allerdings von Land zu Land unterschiedlich stark und auch nicht immer kontinuierlich. Weltweit hat der aufgestaute Nachhol- und Ersatzbedarf den Aufwärtstrend, vor allem in China, bis zum Jahresende 2020 auf Kurs gehalten.

Das lässt für 2021 hoffen – trotz neuerlichem Lockdown. 

2020: Jahr der Gegensätze – Nach Einbruch differenzierte Erholung der Märkte 

Die Coronakrise hat sich 2020 auf den internationalen Märkten massiv ausgewirkt. In nahezu allen Ländern der Welt gingen die Verkäufe zeitweise drastisch zurück, bevor die Erholung einsetzte. Im Jahresdurchschnitt musste von den drei großen Absatzregionen Europa (EU27 & EFTA & UK) den größten Rückgang um rund ein Viertel hinnehmen. In den USA gingen die Neuzulassungen ebenfalls zweistellig zurück. Nur der chinesische Markt erholte sich zügig, und blieb im Gesamtjahr 2020 als einziger einstellig unter dem Vorjahresniveau.

Im Verlauf des zweiten Halbjahres wiesen China und USA die deutlichste Markterholung auf

Automobilindustrie im Wechselbad – Produktion mit Einbußen

Die Automobilproduktion folgte der Nachfrage. In allen Ländern gab es 2020 deutliche Einbußen. Zwar kam es im zweiten Halbjahr zu einer deutlichen Erholung. Diese reichte aber nicht aus, den Produktionsverlust der ersten sechs Monate aufzuholen.

Besonders bemerkenswert ist, dass in der deutschen Automobilindustrie dank einer Rückkehr des Exports und der Inlandsnachfrage gegen Jahresende 2020 das Vor-Corona-Produktionsniveau wieder erreicht worden ist – und niemand hat‘s gemerkt.

Ausblick

Im Jahr 2021 dürften die internationalen Märkte auf breiter Front wachsen, ob das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht wird ist aus heutiger Sicht schwer zu prognostizieren. Corona und die neuerlichen Mutationen stellen nicht kalkulierbare Unwägbarkeiten dar. 

Der VDA vertritt folgende Auffassung: „Es ist davon auszugehen, dass sich im neuen Jahr eine langsame Verbesserung der Marktlage einstellt. Die Rückgänge des Jahres 2020 werden aber nicht vollständig wettgemacht. Die für die kommenden Monate zu erwartenden höheren Zuwachsraten dürfen vor dem Hintergrund der extrem niedrigen Absatzzahlen während der Lockdownphase im Frühjahr 2020 nicht überbewertet werden. Es dürfte sich hier vor allem um einen „technischen Aufschwung“ handeln. Der Fahrzeugabsatz in den jeweiligen Märkten wird sich – mit Ausnahme Chinas – nur langsam dem jeweiligen Vorkrisenniveau annähern.“

Für Europa rechnet der VDA in 2021 mit einem Wachstum von 12 Prozent auf 13,4 Mio. Neufahrzeuge, für die USA mit + 9 Prozent auf 15,8 Mio. Einheiten. Der chinesische Pkw-Markt dürfte mit 21,4 Mio. Einheiten (+8 Prozent) das Vor-Corona-Niveau wieder übersteigen. 

Für den Pkw-Weltmarkt geht der VDA davon aus, dass der Pkw-Absatz 2021 nach einem Einbruch um 15 Prozent in 2020 um 9 Prozent auf wieder 73,8 Mio. zulegen könnte. Aber auch dieses Absatzvolumen liegt dann immer noch deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau (rd. 80,0 Millionen). Wachstumsspielraum nach oben wäre in den Folgejahren also noch gegeben.

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