Die Erholung der internationalen Automobilmärkte hat im 2. Quartal 2021 deutlich an Kraft verloren. In Deutschland brach die Autoproduktion im Juni wegen fehlender Teile regelrecht ein, saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um gut 13 Prozent. Gegenwärtig werden nur noch halb so viele Autos in Deutschland produziert wie vor der Pandemie.
Das global langsamere Erholungstempo ist zum einen marktbedingt, weil
- immer neue Corona-Wellen und Schreckensmeldungen von der Klima-und Wetterfront einerseits,
- angesichts des drohenden faktischen Verbots von Verbrenner-Pkw in Europa die Käufer zunehmend über die richtige Antriebswahl für ein neues Gefährt – Verbrenner oder Elektro – verunsichert und Zurückhaltung beim Neukauf animiert. Der Markt für (Verbrenner-)Gebrauchtwagen dagegen boomt, die Händlerläger sind leer wie lange nicht mehr.
Zum anderen angebotsbedingt, da alle großen Hersteller weltweit zunehmend die Produktion kürzen oder ganz einstellen müssen, weil absehbar bis ins Jahr 2022 hinein der gesamten Weltautomobilindustrie, nicht nur den deutschen Herstellern, wichtige elektronische Vorprodukte (Speicherchips) fehlen.
Aktuell kann die gestiegene Autonachfrage weltweit nicht befriedigt werden. Insgesamt wurden bis Juni 2021 in den sieben großen Märkten immer noch 2,7 Millionen (-8 Prozent) weniger Autos abgesetzt als in 2019 (vgl. Schaubild oben). Selbst Hersteller von technisch wenig anspruchsvollen Automodellen sind Gewinner der Mangellage.
Aus dieser Sonder-Situation aber gleich, wie kürzlich vom Chefökonom des Handelsblatt Research Instituts (HRI), Bert Rürup getan, abzuleiten, dass
- die deutsche Autoindustrie in einer veritablen Krise steckt,
- schlimmer noch, dass dieser traditionellen deutschen Vorzeigebranche ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell fehlt
zeugt von eher bescheidenen Insiderkenntnissen.
Ebenso verkennt Lage und Charakter der Branche in Gänze, wer behauptet, dass: „Die Autobranche … im Strukturwandel bescheidener geworden..(sei)“; die Unternehmen planten weiter einen Arbeitsplatzabbau. (Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien),
Weder ist die deutsche Autoindustrie in der Krise, noch ist sie bescheidener geworden! Absatzhöchststände und Rekordgewinne bei allen Herstellern im ersten Halbjahr 2021 durch anfangs höheren und werthaltigeren Absatz und vor allem scharfe Sparprogramme zu Lasten der Arbeitskosten so wie avisierte künftige Milliardeninvestitionen in die Elektromobilität belegen das Gegenteil.
Universitäre Autoexperten und Branchen-Outsider mögen zwar glauben, Vorständen und Chefstrategen der deutschen Hersteller und Zulieferer fehle ein Geschäftsmodell und ein Gespür für die Zukunft. Das Gegenteil ist richtig. Zu fragen ist in einer Marktwirtschaft immer: Kann es der internationale Wettbewerb besser als die deutsche Paradebranche? Gibt es dort bessere Geschäftsmodelle? Die Antwort lautet: Nein, kann er nicht, im Gegenteil. Der internatioanle Marktanteil der deutschen Autoindustrie ist bis zuletzt gestiegen, nicht gefallen!
Die deutsche Autoindustrie ist heute technologisch breiter und vor allem tiefer aufgestellt, als der übrige internationale Wettbewerb in toto. Nirgendwo auf internationalem Parkett ist ein einzelner Hersteller oder eine nationale Autoindustrie – auch in China nicht – erkennbar, die den deutschen Herstellern technologisch überlegen wäre. Was nicht ausschließt, dass einzelne Wettbewerber mit temporären Pionier-Innovationen auf den Feldern der Elektronik und Chemie (Batteriebau) Vorsprünge auf den Markt bringen, die aber nicht von Dauer sind; vergleichbar der Lage von Ausreißern bei der Tour de France, die auch immer wieder ein- und dann überholt werden.
Eine wirkliche Herausforderung für alle globalen Autohersteller kommt von der EU-Kommission, die Ende Juli das Ende des Verbrennermotor besiegeln will. Die EU-Kommission wird kommende Woche ihr „Fit-for-55“-Klimapaket vorlegen. Es wird erwartet, dass sie darin vorgibt, dass Neuwagen bis 2035 ihren CO2-Ausstoß um 100 Prozent reduzieren müssen – was einem Verbot von Verbrennern gleichkommt.
Bemerkenswert dabei – nicht nur für Bert Rürüp – ist, dass Brüssel noch immer an dem Irrglauben festhält, Elektromotoren würden keine Klimagas-Emissionen verursachen – ganz gleich, ob der Strom von Kohle- oder Gaskraftwerken, Kernkraftwerken oder Windrädern produziert wurde. Von seriösen Wissenschaftlern (Prof. Thomas Koch et al.) wurde inzwischen das Gegenteil nahgewiesen – offensichtlich ohne Erfolg. Und zum anderen wurden CO2-neutrale Antriebsmedien wie e-Fuels von Brüssel überhaupt nicht in Erwägung gezogen – offensichtlich weil hier auch eine fossile Verbrennung stattfindet, aber eben nicht additiv sondern substitutiv.
Internationale Automobilmärkte
Schlagzeilen:
- Wachstumtrend auf dem Weltmarkt deutlich abgeschwächt
- Europäische Märkte weiter im Aufwärtstrend, aber unter Vor-Corona-Niveau
- China erneut mit Einbußen
- US-Markt ebenfalls verlangsamt
- BRIC Staaten und Russland mit starken Nachholeffekten
- Deutschland weiter im Erholungsmodus, aber chipgebremst
Corona und seine Folgen beherrschen weiterhin die internationalen Automobilmärkte Zwar verzeichnen alle Märkte im ersten Halbjahr 2021 aufgrund des Einbruchs im Vorjahr hohe Zuwachsraten. Zum Sommer hin stößt die Erholung angebotsbedingt aber an Grenzen! Ein Zustand, wie er seit Jahrzehnten in der Branche nicht mehr zu beobachten war.