Die Absatzlage deutscher Autohersteller in China hat sich im Verlauf 2024 drastisch verschlechtert. Vertriebs-Sonderaktionen der Vor-Ort-Verantwortlichen zur Rettung von „Kopf und Kragen“ brachten nur Strohfeuer-Erfolge, konnten den Abwärtstrend aber nicht umkehren. Die jüngsten Unternehmensdaten signalisieren folgendes Bild (China: Wie deutsche Autohersteller den Absturz stoppen wollen | Automobilwoche.de):
- Der BMW-Absatz in China brach im dritten Quartal um 30 Prozent ein (Januar bis September 2024: minus 13 Prozent) – ein Vorgang ohne Vorbild für die erfolgsverwöhnten Münchner. Dem Vernehmen nach waren fehlende Bremszulieferungen aus dem fernen Deutschland die Ursache.
- Bei Mercedes fehlte es nicht an Teilen, es fehlte an betuchten Kunden. Der Absatz schrumpfte von Januar bis September um 10 Prozent, in der gewinnträchtigen Luxusklasse (Top-End) sogar um -19 Prozent, im unteren Einstiegsbereich (Entry) für künftige High-End Kunden „nur“ um -12 Prozent.
Die Rendite sank damit trotz aller früheren Ziele von CEO Källenius auf einen zuvor selbst in Krisenzeiten seltenen Tiefstand: Die Pkw-Sparte erbrachte nur noch 1,21 Milliarden Euro Gewinn, die (bereinigte) Umsatzrendite schrumpfte auf 4,7 Prozent – im Vorjahr waren es noch 12,7 Prozent. „So niedrig fiel die Marge seit Jahren nicht mehr aus.“ (China-Schwäche beschert Mercedes-Benz Gewinneinbruch | Automobilwoche.de) - Noch dramatischer war die Lage des Volkswagen-Konzerns, dessen Marktanteil in den letzten viereinhalb Jahren von 19 auf 14 vH geschrumpft ist. Und der Rückgang hält an: Im 3. Quartal 2024 lag der Absatz um 15 Prozent niedriger als im Vorjahr (per September 2024 minus 10 Prozent), während der chinesische Markt – gestützt durch starke September-Verkäufe von E-Autos (NEV) um +42,3 Prozent (darunter reine batteriebetriebene BEV: +23,8 Prozent; Plug-in-Hybride PHEV: +84,2 Prozent) – gleichzeitig per September leicht um 3 Prozent zunahm. – Da der VW-Verbrenner-Absatz besonders betroffen ist, überlegt VW die Schließung einiger Werke auch in China.
- Vor allem den erfolgsverwöhnten Rendite-Weltmeister Porsche hat es in China schwer getroffen. Porsche meldete in den ersten neun Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Absatzrückgang um 29 Prozent. Mit nur noch 43.280 Auslieferungen in China fiel damit der einst größte Markt sogar hinter Nordamerika und Europa zurück. Nur am Rande: Vom batterieelektrischen Modell Taycan verkaufte Porsche im September nur noch 23 Exemplare. Als Folge der China-Schwäche, aber auch wegen sinkender Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in Europa und den USA brach der Gewinn von Porsche im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um knapp 27 Prozent auf 4,04 Milliarden Euro ein.
Mit entsprechenden dramatischen Rückwirkungen auf das Gesamtergebnis des VW-Konzerns, der bis dato alle Verluste aus fragwürdigen Strategieentscheidungen durch Porsche-Gewinne dämpfen konnte.
Was sind die Ursachen für die deutschen Wettbewerbsverluste? Was haben die chinesischen Wettbewerber anders – sprich: kundenkonformer gemacht? Die „Mutter“ aller Marktverluste der deutschen Autohersteller ist der rasche, massiv staatlich geförderte Wandel des chinesischen Marktes vom ehemals reinen Verbrennermarkt zum Elektroauto-Markt (NEW = New Electric Vehicles). Zur Erinnerung: Im August 2024 wurden in China erstmals mehr NEW (BEV + PHEV) zugelassen als Verbrenner, die bisherige Domäne der deutschen Hersteller. Da wandern alte Kunden ab oder neue wandern woanders hin.
In den unteren Massensegmenten haben die deutschen Hersteller kein adäquates Angebot an Elektroautos, und in den gehobenen Segmenten greift die kaufkräftige chinesische Klientel bei Elektrofahrzeugen inzwischen lieber zu den heimischen Marken wie BYD, Nio oder Xiaomi, die vor allem bei Software und Infotainment („BlingBling“) oft einen Schritt voraus sind und den Geschmack der Kunden besser treffen. Oder halten sich aus konjunkturellen Gründen stark zurück, was früher nicht der Fall war.
Das hat Folgen. Denn Image, Handling und Fahrwerk, die große Stärke von deutschen Verbrenner-Modellen, spielen im Zeitalter des Software-basierten Infotainment-Automobile und der E-Mobilität eine immer geringere Rolle. In China ist bereits mehr als jedes vierte neu zugelassene Fahrzeug ein BEV. Angesichts des harten Kosten-Wettbewerbs der Hersteller und der größeren Skalen sind die heimischen Fahrzeuge zwangsläufig fast immer deutlich günstiger als Porsche Taycan, Mercedes EQS oder BMW i7, zumal sie nicht selten mit Verlust verkauft werden.
Kam diese Entwicklung überraschend?
Anders als vielfach in der Presse unterstellt, traf diese Markt-Entwicklung im Reich der Mitte die deutschen Autohersteller nicht überraschend, sie war seit mehreren Jahren erwartet worden. Nicht erwartet worden war hingegen, wie schnell und mit welcher Intensität die Wettbewerbssituation sich in China zu den eigenen Ungunsten verändern würde. Vor allem hatten die deutschen Autobauer völlig unterschätzt:
- wie lern- und kopierfähig die chinesische Autoindustrie ist und wie schnell sie – vor allem dank deutscher „Alt“-Autoexperten und freiwilligem Knowhow-Transfer durch Zwangs-Joint Ventures aufholen und bei Technik und Qualität im Automobilbau auf Augenhöhe emporsteigen würde,
- dass die chinesische Autoindustrie in der Elektromobilität autonom sogar „von der Schulbank zum Katheter“ wechseln und an die Weltspitze gelangen würde. Aus Schülern wurden Lehrmeister, die man plötzlich zum Bau wettbewerbsfähiger eigener Elektroautos brauchte,
- wie schnell der chinesische Markt dank massiver staatlicher materieller und vor allem administrativer Unterstützung auf Elektrotechnologie + Infotainment umsteigen würde und Verbrenner an Bedeutung verlören, sogar im Luxussegment.
Fakt ist, dass alle deutschen Hersteller, jeder in seinem Marktsegment aus einer sicher geglaubten Marktstellung heraus die aufziehende Wettbewerbsgefahr auf dem Inlandsmarkt völlig unterschätzt haben. Offensichtlich waren sich alle ihrer eigenen Marktstellung, aus welchen Gründen auch immer, zu sicher. Mit ein Grund mag darin liegen, dass sich die chinesische Autoindustrie zunächst ausschließlich auf den Inlandsmarkt konzentrierte. Erst wachsende Überkapazitäten in den letzten Jahren trieben die Hersteller ins Ausland – mit Zielrichtung vor allem Europa, weil der Marktzutritt in den USA oder Japan verwehrt war, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. wenn man sie denn zuglassen hat. In China selber scheint, nach allem was man hört und sieht, die deutsche Autoindustrie eindeutig auf der Verliererstraße – Hersteller wie Zulieferer.
Die Frage ist, können die deutschen Hersteller den Abwärtstrend noch stoppen? Was muss geschehen, dass sie zumindest die heutige Marktstellung gegen den heimischen E-Autos-Wettbewerb verteidigen können? Welche Maßnahmen wurden und werden ergriffen? Und vor allem, sind diese zielführend? Welche strategischen Optionen haben die deutschen Autohersteller gegenwärtig in China?
Die Automobilwoche hat in einer Analyse aufgelistet, welche Maßnahmen die einzelnen Hersteller bisher ergriffen haben, um wieder „in die Erfolgsspur zu kommen“ (China: Wie deutsche Autohersteller den Absturz stoppen wollen | Automobilwoche.de). Auf Basis eines groben Überblicks der Maßnahmen erfolgt anschließend eine Bewertung der Erfolgswahrscheinlichkeit der getroffenen Aktivitäten.
Volkswagen
Am schlimmsten unter der raschen Erstarkung der chinesischen Elektroauto-Industrie hat der VW-Konzern gelitten. Rasche Wechsel im Führungspersonal konnten fehlende Wettbewerbsfähigkeit bei Produkt und Preis nicht wettmachen, der Marktanteil des Volkswagen-Konzerns in China schrumpfte von über 20 vH vor wenigen Jahren auf inzwischen unter 15 vH. Und dies, obwohl die Modellvielfalt angesichts der marktstarken Joint-Venture-Partner SAIC und FAW fast unüberschaubar groß ist. Aber „vorbei die Zeiten, als der Jetta bei Taxifahrern noch das Fahrzeug der Wahl war“ (Automobilwoche).
Anders als früher, ist beim Auto-Gigant in Wolfsburg, bis 1945 „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ genannt, das Problembewusstsein da: China als Autoland und mit jährlich über 20 Millionen Pkw-Neuzulassungen weltgrößter Automarkt, lässt sich nicht wie der Rest der Welt vom Mittelandkanal aus bearbeiten. Um den Verlust von Marktanteilen zu stoppen und vor allem bei Elektrofahrzeugen endlich eine nennenswerte Rolle zu spielen, hat VW wie auch die anderen deutschen Hersteller seine Strategie angepasst und voll auf China fokussiert. Nicht mehr „in Wolfsburg, für China“ lautet jetzt die Devise, sondern „in China, für China“.
Das Resultat: Volkswagen koppelt sein China-Geschäft ab. So wurden in den vergangenen Monaten lokale Entwicklungszentren gestärkt und kräftig ausgebaut, um die Marktbedürfnisse besser abzubilden. In Hefei, Provinz Anhui, etwa zwei Zug-Stunden westlich von Shanghai, hat Volkswagen für 2,5 Milliarden Euro inzwischen das größte Entwicklungszentrum des Konzerns außerhalb Deutschlands gebaut. Bis Ende 2024 werden 3000 Ingenieure hier arbeiten. Sie sollen künftig die Autos für den wichtigsten Markt von VW entwickeln.
Und besonders entscheidend: Wolfsburg hat kaum noch Mitspracherecht! Für Oliver Blume die wichtigste Entscheidung in seiner noch jungen Funktion als CEO des VW-Konzerns. Bemerkung am Rande: Damit wird die gesamte China-Truppe von Entwicklungsingenieuren in Wolfsburg redundant.
Damit entsteht im Reich der Mitte praktisch „ein chinesisches Wolfsburg“ (Automobilwoche). Mit dem Start-up Xpeng, ein Soft-Ware-Spezialist, wurde dazu eine Partnerschaft eingegangen nebst Kapitalbeteiligung. Die Partnerschaft mit dem Start-up Xpeng und hohe Investitionen in das neue chinesische Forschungszentrum Hefei soll die Wende zum Besseren bringen. Dort entwickeln beide Hersteller neue China-Modelle auf Basis der „China Electrical Architecture“ (CEA).
Die Kosten gegenüber den bisherigen VW E-Autos auf MEB-Basis (Modulare E-Antriebs-Baukasten) sollen um 40 Prozent sinken. Erste, „china-borne“ und lokal produzierte Modelle sollen 2026 auf den Markt kommen. VW-China-Vorstand Ralf Brandstätter sieht „die Partnerschaft als entscheidenden Faktor für eine glorreiche Zukunft … Hohe Wirtschaftlichkeit und ein schnelles Entwicklungstempo sind im dynamischen Marktumfeld Chinas von entscheidender Bedeutung für unsere Wettbewerbsfähigkeit“(Automobilwoche).
Nichtdestotrotz steckt VW sich inzwischen in China bescheidene Ziele. So peilt der Konzern bis 2030 lediglich noch eine Stabilisierung des Marktanteils bei 15 Prozent an.
Audi
Audi hat sich mit dem VW-Joint-Venture-Partner SAIC zusammengeschlossen, um in den nächsten Jahren in hohem Tempo neue Modelle für die unteren Marktsegmente zu entwickeln. Im oberen Bereich startet das Unternehmen im eigenen Werk Changchun Ende des Jahres die Serienproduktion von A6 und Q6 e-tron, „die brandneu auf den Markt kommen und bei Reichweite und Effizienz einen großen Sprung machen“ (Automobilwoche)
Mit der SAIC-Partnerschaft wollen die Ingolstädter die ersten drei Modelle für das Kompakt- und Mittelklasse-Segment abdecken. Die Markteinführung des ersten Modells ist für die zweite Jahreshälfte 2025 geplant.
Zielgruppe für die Erweiterung der Modellpalette ist die jüngere Generation. Design und digitale Systeme sind darauf ausgerichtet. Hintergrund dafür ist, dass Audi seit seinem Start 1988 in Shanghai mit Partner FAW als erster Premium-Hersteller aus dem Ausland in China tätig war und damals ausschließlich Behördenfahrzeuge produzierte. Seit damals hat Audi als Hersteller mit den markanten vier Ringen das Image-Problem, als Behördenauto wahrgenommen zu werden.
„Gerüchten zufolge könnte das neue E-Auto erstmals nicht die vier Ringe tragen, sondern lediglich den Schriftzug Audi. Die neue Modellfamilie, die im SAIC-Volkswagen Anting in Schanghai produziert wird, soll die Marke damit wieder attraktiver machen“ (Automobilwoche).
Mercedes
Obwohl Teileigentum vom Vielmarken-Konzern Geely, der für Mercedes auch den Elektro-Smart vermarktet, setzt der Nobelhersteller bislang nicht auf eine große Partnerschaft, aber auf eine konsequente Lokalisierung. Neben dem Ausbau des Entwicklungszentrums in Peking eröffnete Mercedes in diesem Jahr einen neuen Software-Hub in Schanghai. „Wenn der chinesische Kunde im Auto Karaoke singen will, dann bekommt er das von uns“, sagte Mercedes-Chef Ola Källenius auf der Automesse in Peking. Nur wenige Monate später kündigte er neue Milliarden-Investitionen in China an.
So wird Mercedes erstmals auch das beliebte SUV GLE in China lokal produzieren. Bisher wurde das Modell ausschließlich im US-Werk in Tuscaloosa für alle Märkte hergestellt. Wie viele andere Modelle auch erhält das GLE-Modell dann für die chinesische Kundschaft einen verlängerten Radstand und spezielle Infotainment-Angebote. Allerdings handelt es sich beim GLE noch um ein klassisches Verbrenner-Modell, das lediglich als Plug-In-Hybrid elektrifiziert werden kann.
Und der Verbrenner-Luxus-Markt schwächelt. Die eigentlichen Probleme hat Mercedes allerdings derzeit bei den reinen Elektroautos, wo chinesische Anbieter wie Xiaomi, BYD und Geely durchaus attraktive Alternativen anbieten und ein harter Preiskampf tobt. Und die Kunden nicht bereit sind, einen Premium-Aufschlag für Image-Fahrzeuge wie den EQS zu bezahlen.
Große Hoffnungen setzt Mercedes deshalb auf die MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture), die 2025 auch in China eingeführt werden soll. Diese neue Plattform sollte ursprünglich auf „electric only“ ausgelegt werden, dann aber wurde dual auf „electric first“ umgeschwenkt, da sich die Elektromobilität nicht so entwickelte, wie CEO Ola Källenius das erwartet hatte. Den Auftakt in China macht der CLA, der dank des eigenen Betriebssystems Anpassungen auf das chinesische Infotainment erleichtern und jederzeit Updates aus der Ferne ermöglichen soll. Mit einem neuen elektrischen Antriebsstrang und verbesserter Batterie-Zellchemie soll der CLA rund 750 Kilometer weit kommen und innerhalb von 15 Minuten 400 Kilometer nachladen.
Das eigene Betriebssystem soll die Anpassungen auf das chinesische Infotainment erleichtern und jederzeit Updates aus der Ferne ermöglichen. Der CLA muss zeigen, ob Mercedes damit wieder auf Augenhöhe mit den chinesischen Herstellern kommen kann.
BMW
Obwohl BMW neben Tesla der einzige eigenständige ausländische Autohersteller in China ist, ähneln die Probleme jenen von Mercedes sehr. 2022 hatte BMW den Joint-Venture-Partner Brilliance komplett übernommen.
Die Neue Klasse von BMW ist ein Meilenstein in der technologischen Entwicklung. Alle Hoffnungen, in Europa wie in China, ruhen daher auf der Neuen Klasse. Mit den Modellen der Neuen Klasse will BMW ab 2026 wieder seine Marktstellung festigen. Mit der Neuen Klasse soll der Durchbruch auf dem chinesischen Elektromarkt gelingen, der bislang von einheimischen Autoherstellern dominiert wird.
Kein Wunder, denn so bietet beispielsweise Senkrechtstarter Xiaomi sein viel beachtetes Debütauto SU7 laut ADAC zu einem Einstiegspreis von umgerechnet rund 28.000 Euro an. Auch andere Marken bewegen sich eher in diesem Preissegment. „Der BMW i3 startet dagegen in der günstigsten Variante bei knapp 50.000 Euro, allerdings soll es inzwischen satte Rabatte auf fast alle elektrischen Modelle von BMW geben“ (Automobilwoche).
Die Produktion der ersten BMW E-Fahrzeuge, ein kompaktes SUV sowie eine Limousine im Segment des BMW 3er, ist ab 2026 im Werk Dadong in der Provinz Shenyang geplant. BMW hat dafür umgerechnet 2,5 Milliarden Euro investiert. „Die geplante Investition unterstreicht nicht nur unser Vertrauen in die langfristigen wirtschaftlichen Perspektiven Chinas, sondern auch in die Innovationskraft unserer chinesischen Partner“, so Oliver Zipse. Für China werden spezielle Varianten der Modelle entwickelt.
Optimistischer Ausblick für deutsche Hersteller in China
Bleibt am Schluss die entscheidende Frage, ob es den deutschen Autoherstellern gelingen wird, mit all diesen Maßnahmen ihren „China-Markt“ gegen die anrennende chinesische Elektro- und aufkommende Verbrenner-Konkurrenz zu verteidigen? Die Antwort lautet: Ja – vorausgesetzt, die externen und politischen Rahmenbedingungen bleiben gleich und verschlechtern sich nicht. Sieben Gründe sprechen – der groben Richtung nach – für Optimismus:
- Alle deutschen Hersteller – die einen früh wie BMW, die anderen spät wie Volkswagen – haben inzwischen erkannt, dass China von der Struktur, dem Entwicklungstempo und – besonders wichtig – von den Kundenbedürfnissen her ein Markt sui generis ist. China ist anders. Und der chinesische Automarkt ist auch anders, nicht vergleichbar mit allen übrigen großen Automobilmärkten der Welt – vor allem nicht USA und Europa.
- Von Albert Einstein stammt die Erkenntnis: „Man kann ein Problem nicht mit den gleichen Denkstrukturen lösen, die zu seiner Entstehung beigetragen haben.“ Diese Erkenntnis scheint sich inzwischen bei allen deutschen OEMs durchgesetzt zu haben. Bei allen wurde die Bearbeitung des China-Marktes von der heimischen Entwicklungs-, Logistik- und Vertriebsorganisation an Aller, Neckar und Isar abgekoppelt und verselbständigt, oder mit dem jeweiligen Joint-Venture-Partner verknüpft. Audi gibt sogar seine Ringe auf, dafür werden sie – dem Vernehmen nach – unter den Augen seiner chinesischen Entwicklungsingenieure größer.
- Alle bearbeiten künftig den chinesischen Markt konsequent nach der Devise: in China, für China. In Produktion und Entwicklung werden die Voraussetzungen geschaffen, vergleichbare Produkte und Kostenstrukturen wie der chinesische Elektroauto-Wettbewerb zu erlangen. Ziel ist zumindest Wettbewerbsgleichheit.
- Die wilden Jahre der raschen Expansion auf dem Elektro-Markt gehen zu Ende, der Markt konsolidiert und mit ihm wird der Auslesewettbewerb effizienter. Die Anzahl der chinesischen Anbieter schrumpft rapide, die deutschen Hersteller haben den Vorteil, weiterhin über ein breites Verbrenner- und zunehmendes PHEV-Angebot zu verfügen. Unabdingbar: Das Verbrennerstandbein muss erhalten und wettbewerbsfähig gehalten werden. Dabei hilft die Entwicklung in der Heimat, so sie nicht administrativ geschwächt wird.
- Das breite Spektrum an Antriebstechnologien ist bislang noch ein Wettbewerbsvorteil für die deutschen Autobauer, weil die chinesischen Autoanbieter sich bislang auf E-Autos konzentriert haben. Die meisten chinesischen Autohersteller können, ähnlich wie Tesla nur Elektro. Die Probleme aus der Elektrotechnologie, wie Wertverluste bei Gebrauchtwagen und hohe Kosten des Batterierecyclings, werden in den nächsten Jahren bei den chinesischen Wettbewerbern massiv zunehmen.
- Finanzkraft und Durchhaltevermögen werden zu Pluspunkten der deutschen Hersteller, wenn bei den chinesischen Konkurrenten die staatlichen Subventionen der Importzölle wegen abgebaut werden müssen.
Der wichtigste Grund für die Zukunft der deutschen Autoindustrie in China lässt sich nur ordinal bestimmen: Die deutschen Hersteller haben gezeigt, dass sie den für sie mit Abstand wichtigsten Markt nicht kampflos aufgeben wollen. Verbrennermobilität können sie besser als andere, Elektromobilität zu niedrigen Kosten sind sie dabei, von den China-Partnern zu lernen. Die junge chinesische Autoindustrie hat es vorgemacht, wie man das innerhalb weniger Jahre lernen kann.