Nach der scharfen Kritik am neuen Bußgeldkatalog soll die neue Straßenverkehrsordnung wieder teilweise entschärft werden. Wie Deutschen Presse-Agentur dpa berichtete, arbeitet das Verkehrsministerium an einer Korrektur von Teilen des Bußgeldkatalogs.
Genaue Einzelheiten, wie die Straßenverkehrsordnung geändert werden soll, sind noch nicht bekannt. Bundesverkehrsminister Scheuer erklärte am Freitag in einer kurzen Stellungnahme: »Wir bitten die Bundesländer allein bei dem – von ihnen eingebrachten – #Fahrverbot (bei über 21 km/h innerorts & über 26 km/h außerorts) Verhältnismäßigkeit wiederherzustellen.«
Laut dpa sei das Verkehrsministerium auf die Länder zugegangen, deren Zustimmung Scheuer benötigt. Die hatten jedoch über den Bundesrat die ursprünglich von Scheuer vorgelegte neue Fassung der Straßenverkehrsordnung noch einmal verschärft, bevor sie dann am 28. April in Kraft getreten ist. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte den neuen Bußgeldkatalog insgesamt als »gerechter und sicherer« bezeichnete. Vor allem Radfahrer und Fussgänger würden jetzt besser geschützt werden.
Den neuen Katalog hatte der Automobilclub »Mobil in Deutschland« als eine »Führerschein-Vernichtungsmaschine« bezeichnet. Vor allem die neue Verordnung, dass mit 21 km/h Überschreitung innerorts und 26 km/h außerorts gleich der Führerschein für einen Monat weg ist, stiess auf heftige Kritik. Sie sei »unverhältnismässig«, so zitiert dpa jetzt auch Stimmen aus dem Verkehrsministerium.
Immer mehr Gemeinden richten Tempo-30-Zonen ein, die sich häufiger mit Tempo-50-Zonen abwechseln und oft nur noch auf bestimmte Stunden beschränkt sind. Damit steige das Risiko für Vielfahrer, ihren Führerschein zu verlieren mit unabsehbaren beruflichen Folgen.
Automobilclubs wie »Mobil in Deutschland«, ADAC, AfD und FDP hatten die Regeln als teilweise überzogen heftig kritisiert. Tenor: Die verschärften Bußgelder seien unverhältnismäßig und ohne Not entstanden.
Die Petition »Führerschein-Falle der StVO-Novelle rückgängig machen«, die »Mobil in Deutschland« initiierte, bekam bereits mehr als 140.000 Unterstützer. Michael Haberland, Präsident von »Mobil in Deutschland e.V.« und Initiator dieser Petition: »Wir fürchten um die automobile Mobilität in diesem Land und möchten 2 Millionen AutofahrerInnen vor dem Verlust des Führerscheins bewahren.«
Haberland weiter: »Da hat der Bundesrat zu Lasten der Autofahrer falsch entschieden, daher ist es sinnvoll, wenn wir hier wieder zur alten Regelung zurückkehren. Zumal wir 2019 die wenigsten Verkehrstoten seit Beginn der Statistik vor 60 Jahren hatten.«
Auch die lebhafte Reaktion der Leser auf den Bericht in TE war ziemlich eindeutig: »Was auf die Autofahrer jetzt zukommt, ist nichts anderes als eine drastische Verschärfung dieser modernen Form der mittelalterlichen Wegelagerei. Offiziell proklamiert als der Verkehrssicherheit dienend, geht es letztlich nur darum, die Stadtsäckel der Gemeinden weiter bzw. noch mehr zu füllen. Das durch die Blitzerei eingenommene Geld, das ist allgemein bekannt, ist eine feste Plangröße in den Budgets der Städte und Gemeinden. Dass es letztlich vor allem ums Abkassieren geht, sieht man daran, dass oft genug an Stellen geblitzt wird, wo es keinerlei Rolle für die Verkehrssicherheit spielt, ob man ein paar km/h schneller fährt, als erlaubt«, schreibt ein Leser und fährt fort: »Wohlgemerkt: Ich heiße es keinesfalls gut, wenn rücksichtlose Raser auf Autobahnen, Landstraßen oder in Städten andere gefährden. Aber: Es ist etwas ganz anderes, ob jemand bewusst (bzw. die Gefahren ignorierend) mit 70 km/h durch eine 30er-Zone brettert oder jemand, weil er bspw. gerade in Gedanken versunken ist oder intensiv dem Radioprogramm zuhört, versehentlich 15-20 km/h zu schnell ist.«
Resümee: »Mit diesem neuen Bußgeldkatalog wird nochmals klarer zum Ausdruck gebracht, wie sehr man den Auto fahrenden Bürger verachtet.«
Nicht umstritten in der neuen Straßenverkehrsordnung hingegen ist eine neue Regel: Wer im Stau durch eine Rettungsgasse fährt, kann mit einem Monat Fahrverbot, zwei Punkten und 320 Euro Strafe bestraft werden.
Kurz nach Inkrafttreten der neuen Straßenverkehrsordnung flackerte auch wieder eine Diskussion über ein Tempolimit auf den wenigen freien Autobahnteilstrecken auf. Allerdings steht Deutschland mit 3,8 Verkehrstoten pro 100 000 Einwohnern gegenüber Polen mit 7,4, Belgien 5,5 und Österreich 4,7 an oberster Stelle der Verkehrssicherheit. Allerdings steigen hierzulande die schweren Unfälle von Radfahrern. Vor allem die Kollisionen zwischen zwei Radfahrern steigen stark an, wie Unfallforscher vom Allianz Zentrum für Technik sagen. Die Polizei sieht die Schuld bei knapp zwei Dritteln aller Radunfälle bei den Radlern.
2018 verunglückten über 96.000 Menschen in Deutschland auf Rädern. Laut Polizei spielt bei fast 60.000 dieser Unfälle ein Fehlverhalten der Radfahrer eine Rolle. Häufigste Unfallursache übrigens: Radeln auf der falschen Straßenseite.
Radfahrer fühlen sich auf markierten Radstreifen nicht sicher, wie die Unfallforscher der Versicherer herausgefunden haben: »Obwohl die Mehrheit der Unfälle an den Knotenpunkten geschehen, finden sich auf den Streckenabschnitten auch viele Unfälle im ruhenden Verkehr. Viele davon stehen im Zusammenhang mit geöffneten Fahrzeugtüren. Hohe Unfalldichten und Unfallraten zeigten sich insbesondere für schmale Radfahr- und Schutzstreifen sowie für solche, neben denen geparkt wird.«
Bessere Zeiten herrschen in Herbst und Winter. Da herrscht gähnende Leere auf den Radstreifen und wertvoller Innenstadtraum bleibt ungenutzt.