Am kommenden Dienstag will die französische EU-Ratspräsidentschaft bei einem Treffen der Umweltminister eine Einigung über wichtige Teile des „Fit-for-55“-Pakets erzielen. Das vom EU-Parlament befürwortete absolute Verbrennerverbot für Neuwagen ab 2035 sollte dazu einen Beitrag leisten. Ihr CO2 Ausstoß soll bis 2030 um 37,5 Prozent und bis 2035 um 100 Prozent gegenüber 2021 reduziert werden. Schon am Freitagnachmittag sollen sich die Botschafter der EU-Staaten damit befassen. Technologische Ausnahmen wie Hybride oder alternativen Antriebsenergien wie synthetische Treibstoffe und e-Fuels, kurz: „Öko-Sprit“, werden darin strikt abgelehnt.
In einen biblischen Vergleich gesprochen: Samson würden nicht nur die Haare geschnitten, er würde skalpiert!
Um die Widersinnigkeit diesen ganzen Verbotsprozess nochmals zu verdeutlichen, folgende Parabel:
- Wenn Herr Schlau unter Magenproblemen leidet und Bohnenkaffe liebt, aber nicht mehr verträgt, was macht er dann? Zerschlägt er seine Kaffeemaschine oder befüllt er sie mit magenverträglicherem Kaffee? – Er nimmt magenverträglichen Kaffee! Bis er dann eines Tages auf ärztliche Empfehlung hin auf Tee umsteigt.
- Wenn Herr Dumm sein Verbrenner-Auto unbedingt braucht, dieses aber durch Betankung mit fossilem Sprit zu viele umweltschädliche Abgase ausstößt, die angeblich das Klima schädigen, was macht er dann? Zerschlägt er sein Verbrenner-Auto oder sucht er nach einer klimafreundlichen Alternative, z.B. Ökosprit? Herr Dumm zerschlägt sein Auto und wählt eine zweitbeste Lösung. Und kauft sich ein teures Elektroauto mit vergleichbar schlechterer CO2-Bilanz als sein alter Verbrenner. Er treibt also Teufel mit Beelzebub aus!
Herr Schlau erspart sich die Verschrottung des alten und den Kauf eines neuen Autos, sondern tankt als optimale Zwischenlösung solange Ökosprit mit geringem fossilen Anteil CO2-Anteil, jedenfalls solange, bis er sein Elektroauto sicher mit grünem Strom betanken kann.
Vor der entscheidenden EU Sitzungswoche in Brüssel ist der Disput um das Verbrennerverbot 2035 wieder voll entbrannt. Die Entscheidung liegt in Berlin, das Zünglein an er Waage ist das Votum, bzw. Nicht-Votum der Bundesregierung: Soll sie den Ast, auf dem Wohl und Wehe der deutschen Volkswirtschaft jetzt sitzen, absägen oder nicht?
In der Ampelkoalition ist zwischen FDP und Grünen Streit über die Brüsseler Positionierung der Bundesregierung in Sachen Verbrennerverbot ausgebrochen. Aus Sicht der FDP darf die Bundesregierung im Ministerrat dem Verbrenner-Aus nicht zustimmen, ohne dass eine Öffnungsklausel eingefügt wird. Diese soll den Absatz von Verbrennern weiterhin ermöglichen, wenn sie klimaneutrale synthetische Kraftstoffe nutzen. Die FDP will Technologieoffenheit. Sie wollen ermöglichen, dass klimaneutrale E-Fuel-Autos fahren können. Grüne und SPD lehnen solche Offenheit für einen anderen technologischen Weg zum Klimaschutz im Verkehr bisher kategorisch ab.
Lediglich BMW hat sich ex officio für eine Weiterentwicklung auch des Verbrenners ausgesprochen.
Hat der Verbrenner also unverhofft doch wieder Überlebenschancen? Das könnte so sein. Der Ampel-Dissens hat inzwischen die Brüsseler Bühne erreicht. Am Dienstag sollen sich die Umweltminister in Luxemburg darauf und weitere große Teile des Klimapakets einigen. Die Position der Bundesregierung könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Und die Bundesregierung konnte sich bisher nicht einigen. Das hat Folgen. Plötzlich gibt es auf EU-Ebene einen neuen Vorstoß, um das Aus des Verbrennungsmotors im Jahr 2035 zu verhindern. Nach dem Nein der FDP legt eine Gruppe von anderen EU-Staaten den Vorschlag vor, das Aus zu verschieben. Dies Staaten sprechen sich ebenfalls gegen das von der Kommission vorgeschlagene Verbot von Verbrennungsmotoren 2035 aus. Nach Meldungen der FAZ fordern Italien, Bulgarien, Rumänien, Portugal und die Slowakei in einem gemeinsamen Papier, das Aus auf 2040 zu verschieben.
Beide Vorschläge hatte bereits das Europaparlament diskutiert aber abgelehnt.
Jetzt kommt es allein auf das Votum Deutschlands an – wie entscheidet die Bundesregierung?
Allein haben die fünf Unterzeichner des Papiers im Ministerrat nicht die ausreichende Sperrminorität, um das Verbrenner-Aus 2035 zu stoppen. Auch die ebenfalls zu erwartende Ablehnung des Verbots durch Ungarn ändert daran nichts. Genau an dieser Stelle kommt die Sollte sich die Bundesregierung wegen des Widerstands der FDP nicht auf eine gemeinsame Position einigen können und sich in der Folge enthalten müssen, wirkt das in diesem Fall wie eine Gegenstimme. Weil damit das für eine qualifizierte Mehrheit nötige Ziel verfehlt würde, dass 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen müssen, wäre der Vorschlag der EU-Kommission gescheitert.
Wenn der Umwelt-Ministerrat am Dienstag den 28.06. seine Position festgelegt hat, ist damit der Gesetzgebungsprozess allerdings ohnehin noch nicht abgeschlossen. Minister und Europaparlament müssen sich anschließend noch auf eine gemeinsame Position verständigen.
Selbst wenn sich die EU-Staaten auf eine Aufweichung oder Verschiebung des Verbrennerverbots 2035 einigen, kann das Parlament das noch kippen.
Vorhang zu, und alle Fragen offen!