Das Jahr 2023 hatte für Elon Musk am Ende noch einige unschöne Überraschungen bereit, die für den Wachstumsfanatiker desaströs gewirkt haben müssen. In Deutschland brachen die Neuzulassungen von Tesla regelrecht ein, mit 4001 Einheiten wurde im Dezember 2023 das Vorjahresniveau um 77,1 Prozent verfehlt, nachdem der US-Elektroautopionier im Jahr 2022 noch ein Absatzwachstum von 76,2 Prozent erzielen konnte.
Dabei ist es nicht die hohe negative Zuwachsrate gegenüber dem Vergleichsmonat, weil der Dezember 2022 als Vergleichsbasis durch vorgezogene Käufe und Tesla-interne Dispositionen nach oben verzerrt war. Bemerkenswert ist das niedrige absolute Zulassungsvolumen von 4001 Einheiten im Dezember 2023. Eine solche Absatzmenge entspricht theoretisch der Wochenproduktion des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide.
Global hat der US-Elektroautobauer auch vergangenes Jahr wieder sein selbst gestecktes Verkaufsziel erreicht: 1,8 Millionen Fahrzeuge wollte das Unternehmen 2023 ausliefern, 1.808.581 sind es am Ende geworden (+38 Prozent). Produziert hat Tesla allerdings rund 36.000 Fahrzeuge mehr (+35 Prozent), die offensichtlich unverkauft auf Halde stehen – trotz hoher Rabattangebote.
Zudem wurde der umtriebige Elektroautopionier Elon Musk am Jahresende 2023 vom Thron des Spitzenreiters unter den Elektroauto-Herstellern gestoßen. Nicht von VW, BMW oder Mercedes, sondern von einer bis dato wenig bekannten chinesischen Automarke namens BYD (mediales Akronym für Build Your Dreams).
Aus der Traum, von dem Musk seit 2019 erzählte: dass Tesla im Jahr 2030 rund 20 Millionen Batterie-Elektroautos auf dem Weltmarkt absetzen wird. Rund ein Viertel des gesamten heutigen Weltmarktvolumens – allein nur Tesla. Hinzu kommt, dass die jüngste Überarbeitung des Models 3 mit solchen technischen Neuerungen in Konstruktion und Fertigung aufwartet, die zwar zu erheblichen Kostensenkungen beim Hersteller führen, beim Verbraucher im Reparaturfall aber immense Kostensteigerungen nach sich ziehen.
Dass Musk mit seiner Absatzplanung völlig daneben liegt, hängt nicht nur an seiner Selbstüberschätzung, sondern hat vor allem einen sachlichen Grund. Und der heißt BYD – der neue Star am chinesischen Autohimmel. Die Konkurrenz im E-Automarkt wächst schnell, schneller sogar als der Markt. Und sie kommt in erster Linie aus China, so wie BYD. BYD wurde erst Mitte der 1990er in Shenzhen bei Hongkong als Batteriehersteller gegründet, wechselte dann 2003 durch Übernahme einer maroden Fabrik für Verbrennerautos ins Autogeschäft und stellt sowohl Elektro- als auch Verbrennerautos als Plug-In-Hybride her.
Mit hohen zweistelligen Wachstumsraten expandierte BYD noch schneller als Tesla in den Anfangsjahren. Allein im Dezember 2023 verkaufte BYD 340.178 Elektro- und Hybridautos, darunter 190.754 vollelektrische Fahrzeuge, in etwa so viele wie Mercedes (174.000) und BMW (210.000) in drei Quartalen. Im Gesamtjahr 2023 verkaufte BYD bereits knapp drei Millionen Autos („Tesla und BYD mit neuen Verkaufsrekorden“, Süddeutsche Zeitung vom 2. Januar 2024). Das rasante Wachstum hat BYD inzwischen sogar in die Top 10 im Ranking der weltweiten Autohersteller katapultiert.
BYD blieb zwar 2023 im Jahresergebnis mit rund 1,5 Millionen E-Autos noch hinter Tesla zurück, meldete aber für das vierte Quartal 2023 einen neuen Absatzrekord: 526.409 vollelektrische Fahrzeuge (BEV). Und hat damit erstmals Tesla überrundet. Absehbar wird sich von nun an die Schere im Absatz beider Elektroautobauer weiter rapide öffnen, denn BYD „kann“ auch Verbrenner, was Tesla nicht kann.