Tichys Einblick
Luftnummer

Lindners „E-Fuels“ sind Augenwischerei – das Verbrenner-Aus kommt trotzdem

Christian Lindner ist stolz: In letzter Sekunde scheint er doch noch eine Ausnahme vom Verbrenner-Aus durchgedrückt zu haben. Doch die „E-Fuels“ sind reine Augenwischerei und als Technologie wohl nur eine Luftnummer. Das wird nichtmal zur Verschaukelung der eigenen Wählerschaft reichen.

IMAGO / photothek

Christian Lindner ist stolz: In letzter Sekunde scheint er doch noch eine Ausnahme vom Verbrenner-Aus durchgedrückt zu haben. „Ich halte die Entscheidung, den Verbrennungsmotor zu verbieten, für falsch“, hatte Lindner erklärt. „Mit synthetischen Flüssigkraftstoffen im Kolbenmotor ist Klimaneutralität genauso möglich.“

Diese synthetischen Flüssigkraftstoffe – sogenannte „E-Fuels“ – haben es jetzt auch in die umstrittene EU-Richtlinie zum Verbrenner-Verbot geschafft. „E-Fuels“ können klimaneutral produziert werden, wenn bei der Herstellung neben CO2 aus der Atmosphäre ausschließlich erneuerbare Energie eingesetzt wird. E-Fuels könnten somit heutige konventionelle Kraftstoffe langfristig ersetzen. „Unter E-Fuels, manchmal auch electro-fuels, versteht man synthetische Kohlenwasserstoffe oder auch Alkohole wie etwa Methanol, die mithilfe von elektrischer Energie aus Kohlendioxid und Wasser hergestellt werden. Da elektrische Energie, also vereinfacht ‚Strom’, angewandt wird, um aus den energiearmen Ausgangsstoffen Kohlendioxid und Wasser energiereiche Kraftstoffe zu machen, nennt man E-Fuels auch strombasierte Kraftstoffe“, sagt Roland Dittmeyer, Leiter des Instituts für Mikroverfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie. Die FDP verkauft sie als die Zukunftshoffnung des Verbrenners: Mit synthetischen Kraftstoffen könne auch „der alte Golf 3 klimaneutral sein“, erklärte Lindner gerne im Wahlkampf.

„Effiziente Verbrennungsmotoren, die klimaneutral erzeugte Kraftstoffe nutzen, können entscheidend zum Klimaschutz beitragen“, meint auch ADAC-Präsident Karsten Schulze. Aber: Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, sind noch überhaupt nicht marktreif – und eher theoretische Zukunftsmusik mit ungewissen Aussichten. Die Technologie unter dem Schlagwort „Grüner Wasserstoff“ steckt noch in den Kinderschuhen. Aufgrund der zahlreichen einzelnen Schritte fallen bei der Herstellung von E-Fuels hohe Wirkungsverluste an. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben aktuell am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig.

„Im Ergebnis dürfen wir eine Energieeffizienz von etwa 50 Prozent erwarten“, meint Professor Roland Dittmeyer. Der Fokus von Forschung zu und Entwicklung von E-Fuels läge daher ohnehin auf „Anwendungen, die batterieelektrisch auf absehbare Zeit nicht funktionieren, wie der Flug- oder Schiffsverkehr“. Für den PKW-Verkehr sind E-Fuels aber keine Lösung – höchstens für die FDP, die sich jetzt als „Retter des Verbrenners“ gegen grüne Ideologie verkaufen kann. Doch Lindner rettet keinen einzigen Arbeitsplatz der Autoindustrie und macht auch keinen Golf 3 klimaneutral – er meint nur, sein Gesicht zu wahren. Im Ergebnis kommt das grüne Verbrenner-Verbot aber trotzdem.

Dank jahrelangem politischen Druck haben die großen Autohersteller sich längst auf die Elektromobilität eingestellt – die übrigens um ein vielfaches energieeffizienter als „E-Fuels“ ist. Für die Verbrenner-Produktion wird es kaum noch Abnehmer geben. Zumindest nicht in der EU und Deutschland. Zwar werden in Amerika, Afrika und Asien weiterhin Verbrenner fahren, aber die werden dann vor Ort produziert, nicht in Deutschland. Das legt eigentlich schon die Logik des globalen Kapitalismus nahe. Eine Logik, die die FDP eigentlich immer am besten verstanden haben wollte.

Lindner zeigt: In der Ampel-FDP ist das nicht länger der Fall. Es muss ein plötzlicher Fall von Unwissen sein: Sonst läge nahe, dass Lindner und die FDP schlicht ihre Wähler verschaukeln wollen. Doch spätestens in 13 Jahren merkt auch der letzte Lindner-Fan, dass E-Fuels seinen Golf 3 nicht retten werden. Am Ende könnten übrigens nichtmal Lindners politische Globuli durch den Prozess durchkommen. Denn die Regelung steht unter Vorbehalt, da das EU-Parlament noch zustimmen muss. Dieses will nichtmal E-Fuels zulassen.

Synthetische Kraftstoffe im Kolbenmotor werden wohl schlicht eine Träumerei des FDP-Wahlprogramms bleiben. Für die deutsche Automobilindustrie sind sie keine Perspektive, für den Autoverkehr auf deutschen Straßen auch nicht. Wenn das die liberale Note der Ampel ist, können wir ab sofort auch von einer Fußgänger-Ampel sprechen. Die kennt nämlich nur Rot und Grün.

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