Tichys Einblick
Weltklimakonferenz COP29

Grüner Baustoff-Wahnsinn: Während Deutschland zerfällt, träumt Habeck von Klimazement

Die deutsche Infrastruktur bröckelt, wichtige Reformen bleiben auf der Strecke und ein gigantischer Investitionsstau sorgt für Probleme. Habeck sieht jedoch vor allem in der Förderung von klimaneutralen Baustoffen Wichtigkeit.

Robert Habeck, COP29, Baku, Aserbaidschan, 18.11.2024

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Rafiq Maqbool

Die globale Baubranche steht an der Schwelle fundamentaler Umbrüche: Erstmals wurden verbindliche Standards für klima- und umweltfreundlichen Zement und Beton definiert. Diese Regelungen wurden am Montag auf der Weltklimakonferenz (COP29) in Baku von der Global Cement and Concrete Association (GCCA) präsentiert.

Die deutsche Regierung begrüßt dieses Vorhaben und verfolgt bereits das Ziel, die Produktion von energieintensiven Baustoffen wie Zement und Stahl bis 2045 klimaneutral zu gestalten. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck ergriff die Gelegenheit, auf der Bühne der COP29 die Bedeutung neuer Standards für CO2-armen Zement und Beton hervorzuheben. Wie so oft scheint der ideologische Fokus auf klimapolitischen Zielen die drängenderen Probleme im eigenen Land in den Hintergrund zu drängen – ein Muster, das aus den Reihen der Grünen mittlerweile nur zu gut bekannt ist.

Laut Apollo News war neben Habeck auch Außenministerin Annalena Baerbock vor Ort – allerdings nicht etwa in gemeinsamer Anreise, sondern stilecht mit zwei verschiedenen Regierungsjets. Natürlich ganz im Zeichen der Klimaneutralität.

Zudem versprach Habeck ärmeren Ländern 220 Millionen Dollar im Rahmen einer neuen Initiative zur industriellen Dekarbonisierung. Dies wohlgemerkt inmitten einer akuten Haushaltskrise in Deutschland – ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Prioritäten von der aktuellen Regierung gesetzt werden.

Das Milliardenrisiko: CCS-Technologie zwischen Wunschdenken und harter Realität

Doch wie soll die Theorie vom klimaneutralen Baustoff überhaupt umgesetzt werden? Als Schlüsselstrategie für die grüne Transformation von Zement und Beton wird die sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS)-Technologie angeführt, bei der CO2 abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden soll. Doch diese Methode ist bislang weder zur Genüge erprobt noch marktfähig. Die Umstrukturierung der Baubranche auf das CCS-Verfahren würde außerdem mit erheblichen Mehrkosten einhergehen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Aus einem Bericht von Greenpeace geht hervor, dass in Deutschland in den nächsten 20 Jahren bis zu 81,5 Milliarden Euro anfallen könnten, um CCS flächendeckend zu implementieren.

Die Ausgaben umfassen den Bau von CO2-Abscheideanlagen an Industriestandorten sowie die Errichtung eines weitreichenden Pipelinenetzes für den Transport. Hinzu kommen massive Investitionen in Meeresplattformen zur Verpressung des Gases und die Entwicklung von Endlagerstätten unter dem Meeresboden, was die Kosten zusätzlich in die Höhe treibt.

Abgesehen von den Kosten und der aufwendigen Umsetzung könnte allein der vollständige Aufbau der notwendigen Infrastruktur rund 15 Jahre in Anspruch nehmen, was bedeutet, dass CCS frühestens nach 2030 in nennenswertem Umfang eingesetzt werden könnte. Doch selbst diese Prognose ist angesichts der komplexen Anforderungen und der technischen Herausforderungen optimistisch.

Die Probleme enden jedoch nicht bei den finanziellen und zeitlichen Hürden. Die langfristige Sicherheit und Effizienz der unterirdischen CO2-Speicherung sind keineswegs gewährleistet. Es fehlen relevante Nachweise, dass potenzielle CO2-Deponien für das abgeleitete Kohlenstoffdioxid über Jahrzehnte hinweg sicher bleiben und weder Grundwasser noch die umliegenden Landschaften gefährden. Kritiker warnen, dass CCS einen enormen Flächenverbrauch, Trinkwassergefährdung und die Zerstörung natürlicher Ökosysteme mit sich bringen könnte. Selbst Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, die sich eigentlich für die grüne Wende aussprechen, kritisieren den klimafreundlichen Zement als eine Scheinlösung.

Deutschlands Kollaps: Das Infrastruktur-Desaster in erschreckenden Zahlen

Angesichts des alarmierenden Zustands der deutschen Infrastruktur kann sich Deutschland keine teuren und ineffizienten Baustoffe leisten, die letztlich nur zu einer weiteren Verzögerung dringend notwendiger Sanierungsprojekte führen würden. Die Debatte über CO2-arme Baustoffe und die CCS-Technologie zeigt erneut, dass statt pragmatischer Lösungen vor allem ideologisch motivierte Projekte im Vordergrund stehen.

Thyssenkrupp – Projekt Abrissbirne
Habecks grüner Stahl vor dem Aus?
Die offenstehenden Herausforderungen im Bereich der Infrastruktur sind gewaltig: Laut den jüngsten Erhebungen des Bundesverkehrsministeriums, die auf eine Anfrage des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) zurückgehen, sind rund 17.636 Kilometer der Bahnstrecken sanierungsbedürftig. Allein für die Modernisierung des Schienennetzes werden mehr als 100 Milliarden Euro benötigt, bestätigt Bahnchef Richard Lutz. Außerdem müssen etwa 1.160 Bahnbrücken vollständig ersetzt werden.

Im Straßenverkehr zeigt sich ein ähnlich düsteres Bild: 7.112 Kilometer Autobahnen und etwa 8.000 Autobahnbrücken gelten als dringend sanierungsbedürftig.

Zusätzlich erschweren die prekäre Haushaltslage sowie die hohe Verschuldung des Landes die Lage und lassen kaum Spielraum für teure Experimente wie klimaneutrale Baustoffe. Laut der Schuldenuhr von gold.de beläuft sich die Staatsverschuldung derzeit auf mehr als 2,5 Billionen Euro, wobei der Bund den größten Anteil davon trägt – etwa 70 Prozent der gesamten Schuldenlast.

Diese Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit und die Dimension der anstehenden Aufgaben. Der Fokus der Bundesregierung sollte daher auf praktikablen, sofort umsetzbaren Lösungen liegen, anstatt sich in kostspieligen und zeitaufwändigen Experimenten wie der CCS-Technologie zu verlieren. Ideologische Ambitionen dürfen nicht die Notwendigkeit verdrängen, die Infrastruktur Deutschlands schnell und effizient zu modernisieren.

Anzeige
Die mobile Version verlassen