Anstatt des vielfach erwarteten großen Knalles und vorzeitiger Entlassung von Diess kam es zu einem Kompromiss mit dem alle Beteiligten leben können: der Vorstandsvorsitzende, der Betriebsrat und die Großaktionäre der Familie Porsche und Piëch.
Die wesentlichen Bestandteile des Kompromisses sind:
- Vorstandschefs Herbert Diess bleibt, seine Forderung an das Kontrollgremium nach vorzeitiger Verlängerung seines Anstellungsvertrages, der im April 2023 regulär auslaufen würde und über dessen Verlängerung frühestens 2022 beraten worden wäre, lief ins Leere und kam gar nicht erst auf die Tagesordnung.
- Stattdessen gab es Fleißpunkte für die Personalakte und das große Ego des 62-jährigen. Österreicher Der Aufsichtsrat bestätigt seinem obersten Angestellten in einer Art Ehrenerklärung, dessen “Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit“, mit der Diess den technologischen Wandel, aber auch „die wirtschaftlichen Ergebnisse des Unternehmens“ vorantreibe. „Herbert Diess prägt Volkswagen seit 2015 maßgeblich. Ohne seinen Einsatz wäre die Transformation des Unternehmens nicht so konsequent und erfolgreich verlaufen“
- Die Besetzung der vakanten Vorstandspositionen durch ihm genehme Kandidaten, die zuvor vom Betriebsrat blockiert worden waren, konnte Diess voll durchsetzen. Mehr noch: Die Familienstämme Porsche und Piëch, die gemeinsam mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Stammaktien von Volkswagen halten, erklärten, es sei für sie „von entscheidender Bedeutung, dass Herbert Diess mit seinem neuen Vorstandsteam diese wichtige Phase des Volkswagen Konzerns weiter prägen wird“.
- Zudem erhielt Diess die gewünschte „volle Unterstützung des Aufsichtsrats, wenn es um die Neuausrichtung auf Elektromobilität. Digitalisierung, aber auch um die Steigerung von Effizienz und Profitabilität in allen Marken und Konzernteilen geht“. Bei der Umsetzung der Strategie für die nächsten Jahre habe er die volle Rückendeckung, „genauso wie bei der Umsetzung von Maßnahmen, die die Wirtschaftlichkeit erhöhen“.
Wie bei guten Kompromissen üblich, ging auch Betriebsratschef Osterloh nicht ohne vorzeigbaren Erfolge von der Bühne.
- Die Ablehnung der vorzeitigen Vertragsverlängerung wird ihm zugerechnet.
- Osterloh schob allzu ehrgeizigen Konzernumbau-und Personalabbauplänen des forschen Diess einen Riegel vor. Zwar betonte er nach der Sitzung, zwischen Aufsichtsrat, Belegschaftsvertretern und Vorstand herrsche „absolute Einigkeit über die konsequente Ausrichtung des Konzerns auf unsere strategischen Ziele der Transformation“. Allerdings stellte er besonders auf die „Gleichrangigkeit von Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung“ in diesem Prozess ab. Konsequent heißt es dann in der Erklärung des Aufsichtsrats, der notwendige Personalabbau sollte „über die bewährten Personalinstrumente, insbesondere auch den demographischen Wandel“ gestaltet werden.
- Auch der Herzenswunsch von Osterloh, auch in Wolfsburg, nicht nur in Emden und Zwickau, aus Gründen der Riskostreuung und Beschäftigungssicherung Elektroautos zu bauen – vornehmlich Plug-In-Hybride – wurde erfüllt. Der Aufsichtsrat entschied, mittelfristig „die richtungsweisende Fabrik für die hochautomatisierte Fertigung von Elektrofahrzeugen“ zu schaffen.
In den Medien interessierte natürlich am meisten die Frage: Wer ist Gewinner, wer Verlierer. So hieß es da beispielsweise: „VW Aufsichtsrat stützt Vorstandschef Herbert Diess – Der Machtkampf bei Volkswagen ist vorerst abgewendet“ (FAZ). Oder „VW-Chef Diess verzichtet auf vorzeitige Vertragsverlängerung“ (Handelsblatt). oder. „Herbert Diess bleibt: VW wendet die Führungskrise ab – vorerst“ (WiWo).
Die Frage zielt am Kern vorbei. In Wirklichkeit sind weder Diess noch Osterloh die Gewinner, sondern die Eigentümerfamilien und die Aktionäre. Denn mit diesem salomonischen Kompromiss sind die Voraussetzungen für Betriebsfrieden geschaffen. Dieser ist für ein arbeitsteiliges Unternehmen wie ein Automobilunternehmen unabdingbar, will man erfolgreich wirtschaften, hohe Gewinne erzielen und wettbewerbsfähig wachsen.
Das Beispiel BMW ist seit den Zeiten des legendären Duos Eberhard von Kuenheim und Kurt Golda Anfang der 1970er Jahre die beste Blaupause dafür! Jetzt sind die Alpha-Männchen gefordert!