Immer mehr Betriebe und Unternehmen sind angesichts explodierender Gas- und Strompreise existenziell bedroht. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Oktober 2022 um 18,4 Prozent gegenüber September 2022 gestiegen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liege jedoch in vielen Fällen annähernd drei Monate davor, heißt es in der Presseerklärung.
In jüngster Zeit berichteten wir über eine zunehmende Deindustrialisierung in Deutschland. Tatsächlich nimmt die Entwicklung weiter Fahrt auf.
Bei der deutschen Rohaluminiumproduktion ist ein weiterer Rückgang zu verzeichnen. Die Aluminiumkonjunktur in Deutschland hat sich im dritten Quartal dieses Jahres erwartungsgemäß weiter abgekühlt. Mit einem Minus von einem Viertel (-25 Prozent) sank vor allem die Produktion von Rohaluminium im Vergleich zum Vorjahresquartal besonders deutlich. Aluminium Deutschland Präsident Rob van Gils: „Das vorherrschende Strompreisniveau lässt nach wie vor keine wirtschaftliche Produktion in Deutschland zu und zwingt die Betreiber der Aluminiumhütten, ihre Öfen nach und nach herunterzufahren. Ich habe große Sorge, ob dieser elementare Rohstoff am Standort Deutschland noch eine Zukunft hat.” Mithin gibt es Produktionseinschränkungen. Der Grund: die Energiepreise.
90 Mitarbeiter der Salzwedeler Baumkuchenbäckerei bangen um Arbeitsplätze: Über eine halbe Million Euro Mehrkosten für Strom, Gas und Rohstoffe drohen dem traditionsreichen Bäcker im Norden Sachsen-Anhalts. Bis zum Ende des Jahres 2022 habe man zwar Gewissheit über die Gaspreise für den Betrieb, sagte Geschäftsführerin Rosemarie Lehmann im Oktober dem MDR. Das schaffe etwas Planungssicherheit. Doch auch bei den Verpackungen und Rohstoffen stiegen die Preise seit geraumer Zeit. Schon jetzt koste das Kilo Baumkuchen aus der Salzwedeler Manufaktur 43 Euro. Die Preise bei Discountern liegen deutlich darunter.
Rund zwei Monate nachdem die Privatbrauerei Bischoff Insolvenz angemeldet hat wird der Betrieb bei dem Unternehmen aus Winnweiler bei Kaiserslautern nun komplett eingestellt, berichtete Focus-online. Der geschäftsführende Gesellschafter Sven Bischoff nannte als Ursachen für die Insolvenz unter anderem den Corona-Lockdown in der Gastronomie und die gestiegenen Energiepreise.
Erstmals seit zwei Jahren fallen die Umsätze der Chemieindustrie. Deutschlands drittgrößter Industriezweig fängt die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten mit höheren Preisen auf, berichtet das manager-magazin. Die Lage habe sich laut Chemieverband VCI in den Sommermonaten noch einmal verschlechtert. Wegen der stark gestiegenen Energiepreise drossele die deutsche Chemie- und Pharmabranche ihre Produktion immer weiter. Im dritten Quartal sei die Produktion im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 10 Prozent geschrumpft, teilte der Verband weiter mit. Allein die Chemieindustrie (ohne Pharma) produzierte 14 Prozent weniger.
Pleite nach 82 Jahren: Das deutsche Möbelhaus Hülsta ist insolvent. Durch die aktuelle Kaufzurückhaltung sei es nicht möglich, die Auftragszahlen der Möbelhäuser umzusetzen, welche ursprünglich geplant waren. Die steigenden Preise bezüglich der Energie und der Rohstoffe bereiteten zusätzliche Probleme bei dem Konzern, wie RUHR24 meldet.
Zum „Energiekostendämpfungsprogramm“ berichtete die Akademie Bergstraße Ende Oktober 2022: „Das in den Zuständigkeitsbereich von Wirtschafts- und Klimaschutz-Minister Robert Habeck fallende Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle lässt die Unternehmen Deutschlands am langen Arm verhungern. … Bisher wurden erst gut 42 Millionen Euro innerhalb eines halben Jahres ausgezahlt – aus einem Topf von satten 5.000 Millionen (5 Mrd.) Euro. Habecks Behörde überwies demnach erst 0,8 Prozent der (angeblich) zur Verfügung gestellten Mittel. Das ist die düstere Bilanz des Energiekostendämpfungsprogramms (EKDP) des Bundes.
Im April 2022 hatten Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Zuschussprogramm für die Industrie angekündigt. Seit Juli können Unternehmen Anträge einreichen. 1.247 haben das inzwischen getan, 269 von ihnen daraufhin aber erst einen Bescheid erhalten. Und davon wiederum hat nur ein Bruchteil die Hilfe ausgezahlt bekommen. Nach Darstellung von Wirtschaftsvertretern hat dies schon Unternehmen in die Insolvenz getrieben, was bei einer schnelleren Auszahlung der EKDP-Hilfen verhindert hätte werden können.