Tichys Einblick
Galeria ist nur das prominenteste Beispiel:

Dramatischer Anstieg von Insolvenzen im Dezember

Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland nimmt dramatisch zu. Galeria ist dabei nur das bekannteste Beispiel. Auch der Großhandel warnt vor einer handfesten Rezession – und macht dafür auch das „wirtschaftspolitische Agieren“ der Ampel verantwortlich.

IMAGO / Jürgen Ritter

Das Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat dramatische Insolvenzzahlen veröffentlicht. Es handele sich um den höchsten Dezemberwert seit Beginn der Datenerfassung des IWH im Jahr 2016. Die Forscher zählten insgesamt 1.078 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften. Das seien zehn Prozent mehr als im November und knapp ein Viertel mehr als im Dezember 2022. Die Zahl der Insolvenzen lag 24 Prozent über dem Dezember-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019.

Das Institut analysierte, dass in den größten zehn Prozent der Unternehmen, die von Insolvenzen betroffen waren, rund 9.600 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten zehn Prozent der Unternehmen liegt damit auf dem Niveau der Vormonate und dem eines durchschnittlichen Dezembers. Am stärksten waren Arbeitsplätze im Sektor Industrie und bei unternehmensnahen Dienstleistungen betroffen.

„Die hohen Werte im Dezember markieren nicht das Ende steigender Insolvenzzahlen. Für die kommenden Monate erwarten wir weiter steigende Zahlen“, sagte Steffen Müller, IWH-Abteilungsleiter für die Insolvenzforschung.

In den letzten Tagen sorgte Galeria Karstadt Kaufhof für Schlagzeilen, weil die Warenhauskette neuerlich Insolvenz anmeldete. Ursächlich sind die Finanzprobleme beim österreichischen Mutterkonzern Signa. Galeria sehnt sich nach einem Eigentümerwechsel. „Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet“, sagte Galeria-Chef Olivier van den Bossche. Man sehe im Insolvenzantrag einen „Befreiungsschlag“. Und: „Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein.“

Es handelt sich bereits um den dritten Insolvenzantrag von Galeria in vier Jahren. Seit 2020 hatte der Bund 680 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Kaufhauskette zu retten. Der Wirtschaftswissenschaftler Gerrit Heinemann kritisierte diese Woche im österreichischen Fernsehen, dass der deutsche Staat dieses Geld niemals hätte geben dürfen. „Das Unternehmen war bereits vor der Corona-Pandemie in tiefroten Zahlen“, sagte er gegenüber dem ORF-Magazin ZiB2. Und: „Bei den letzten beiden Insolvenzen wurde seitens der Gläubiger auf ein Kreditvolumen in Höhe von insgesamt drei Milliarden Euro verzichtet.“

Galeria hat von den 680 Millionen Euro bisher nur 40 Millionen Euro an den Wirtschaftstabilisierungsfonds (WSF) zurückgezahlt. Bei den Rückflüssen handele es sich um Zinsen für ein 2020 gewährtes Nachrangdarlehen und „anteilige Verwertungserlöse“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Jessica Tatti. Galeria beschäftigt rund 15.000 Mitarbeiter in 92 Kaufhäusern. Seit 2019 hält die Signa Holding von René Benko 100 Prozent der Anteile.

Auch die Gesamtlage auf dem Markt sind nicht rosig aus. Die Stimmung im deutschen Großhandel wird immer schlechter, wie aus einer Erhebung des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) hervorgeht. „Der Großhandel startet mit einer erdrückenden Hypothek in das Jahr 2024: Die Stimmung ist im Keller“, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. „Sie ist auf einem der schlechtesten Werte der letzten 25 Jahre und somit wieder auf Corona-Niveau angekommen.“ Zudem belaste das wirtschaftspolitische Agieren der Bundesregierung die Unternehmen massiv.

Insgesamt sei der BGA-Großhandelsindikator von 77,6 Punkten um 8,2 Punkte auf 69,4 Punkte abgestürzt. Jandura erwartet einen Umsatzrückgang um 3,75 Prozent nominal und um -4,25 Prozent real. „Das Ergebnis ist somit deutlich negativer als vor einem Jahr angenommen“, sagte er. „Wir erwarten daher für den Großhandel im Jahr 2024: Der Umsatz wird im kommenden Jahr um rund zwei Prozent nominal – und rund ein Prozent real – unter 2023 liegen.“ Damit steuere man „auf eine handfeste Rezession zu“.

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