Bereits im Dezember 2022 hatte Deutschlands Industrieproduktion einen Rückgang verzeichnet. Die Produktion im produzierenden Gewerbe ging preisbereinigt um 3,1 Prozent im Vergleich zum November zurück.
Doch nun zeigt sich im Blick in die Auftragsbücher: Die Aufträge fielen im März um 10,7 Prozent zum Vormonat und damit so stark wie seit dem Einbruch zu Anfang der Pandemie im April 2020 nicht mehr.
Im Februar hatte es in der deutschen Industrie noch ein starkes Auftragsplus von 4,5 Prozent gegeben. Im März hingegen gingen die Bestellungen aus dem Inland um 6,8 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück, während die Auslandsnachfrage um 13,3 Prozent einbrach, heißt es.
„Diese Zahl macht den an sich guten Start der deutschen Industrie ins Jahr komplett zunichte und ist ein echtes Rezessionssignal“, sagte der Volkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) Jens-Oliver Niklasch. Der Auftragsrückgang übertraf die Erwartungen der von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen, die nur einen Rückgang um 2,2 Prozent erwartet hatten.
Industrie, Bau und Energieversorger stellten im März zusammen 3,4 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag mitteilte. Einen besonders großen Anteil am Rückgang der Produktion im Produzierenden Gewerbe hatte die Automobilindustrie, so Destatis. Nach einem Anstieg im Vormonat um 6,9 Prozent ging die Produktion im Bereich Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen saison- und kalenderbereinigt um 6,5 Prozent zum Vormonat zurück. Auch die Rückgänge im Maschinenbau (-3,4 Prozent) und im Baugewerbe (-4,6 Prozent) wirkten sich deutlich negativ auf das Gesamtergebnis aus. Die Produktion von Investitionsgütern sank im März 2023 gegenüber dem Vormonat um 4,4 Prozent.
In den energieintensiven Industriezweigen sei die Produktion im März 2023 gegenüber Februar 2023 um 3,3 Prozent gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat März 2022, der noch vergleichsweise wenig durch die starken Energiepreissteigerungen in Folge des Krieges in der Ukraine geprägt war, war die energieintensive Produktion im März 2023 um 12,9 Prozent niedriger, zählt Destatis auf. Dies dürfte jedoch auch den hohen Energiepreisen hierzulande geschuldet sein, die lange vor dem Krieg gegen die Ukraine die energieintensive Wirtschaft betraf und betrifft.
Unternehmen, die viel Energie brauchen – etwa die Chemie –, mussten nach einer Auswertung des Bundesverbands der Energie und Wasserwirtschaft vergangenes Jahr mehr als 18 Cent pro Kilowattstunde entrichten. Damit ist der Strom in Deutschland Auswertungen zufolge weltweit mit am teuersten. Die deutsche Industrie lag 2021 bei den Strompreisen an der Spitze im europäischen Vergleich. In Schweden etwa kostete die Megawattstunde noch nicht mal halb so viel.
Indessen sind die jüngsten Konjunkturdaten aus Deutschland sind für viele Ökonomen verstörend negativ und lassen nichts Gutes für das laufende Jahr ahnen, scheibt die Welt. Für Jens-Oliver Niklasch von der LBBW kam der Einbruch in der Industrie wie „ein Blitz aus heiterem Himmel“. Wenn nicht rasch bessere Zahlen kommen, scheint eine Rezession unvermeidbar. „Die Wachstumserwartung von Wirtschaftsminister Robert Habeck von 0,4 Prozent für dieses Jahr sieht einfach nur dumm aus“, formuliert es Heino Ruland vom unabhängigen Analysehaus Ruland Research.
Er steht mit seinem Pessimismus nicht allein da, so die Welt. Jörg Angele vom Vermögensverwalter Bantleon geht davon aus, dass die Wirtschaft im laufenden Frühjahrsquartal ähnlich stark schrumpft wie Ende 2022. „Deutschland steckt mithin in einer Rezession.“ Auch im Gesamtjahr 2023 dürfte das BIP „erkennbar“ sinken, warnt Angele. „Die Hoffnungen auf einen bevorstehenden Aufschwung werden sich nicht erfüllen.“
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sieht die Entwicklung dagegen völlig gelassen. In einer Pressemitteilung vom Montag heißt es: „Nach dem schwachen Schlussquartal 2022 und dem volatilen Auftakt 2023 ist für den weiteren Jahresverlauf weiterhin eine konjunkturelle Erholung zu erwarten. Die Stimmung in den Unternehmen hat sich zuletzt weiter verbessert, was für eine konjunkturelle Erholung im weiteren Verlauf des Jahres 2023 spricht.“