Tichys Einblick
Teure Illusionen im Wirtschaftsministerium:

Die fragwürdigen Prestigeprojekte von Robert Habeck

Die einst ambitionierten Vorzeigeprojekte von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stehen derzeit wenn nicht auf wackligen Beinen, dann auf der Kippe oder dem Aus. Trotz Habecks optimistischer Rhetorik ist die Realität weitaus ernüchternder. Von Hannes Märtin

picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Jüngste Entwicklungen wie die Absage von Intel für den Bau der Chipfabrik in Magdeburg, die Wasserstoffpartnerschaft mit Norwegen, das ins Stocken geratene Vorhaben zum Grünen Stahl sowie das Debakel um die E-Mobilität zeichnen ein düsteres Bild. Besonders bezeichnend war Habecks jüngster Auftritt beim Autogipfel, der klar machte, dass echte Lösungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland in weiter Ferne liegen.

Auto-Industrie schleudert gegen die Beton-Wand

Beim Autogipfel am Montag entfielen die großspurigen Versprechungen von Robert Habeck zur Wiederbelebung der Automobilindustrie vollständig. Zwar signalisierte der Wirtschaftsminister der Industrie eine Unterstützung aus der Politik, doch konkrete Pläne zur Umsetzung ließ er vermissen.

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer übt scharfe Kritik an den fehlenden Antworten nach dem Autogipfel: „Das Ergebnis zeigt, dass Habeck eine klassische Bauchlandung gemacht hat“, sagt er im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Der Wirtschaftsminister habe „keine Strategie“, sondern agiere lediglich mit „Aktionismus“. „Es wäre die Aufgabe des Wirtschaftsministers gewesen, ein fundiertes Konzept für die Industrie vorzustellen“, beklagte Dudenhöffer. – Statt innovativer Lösungen für die angeschlagene Automobilindustrie herrschte eine dominierende Krisenstimmung.

Die Branche befindet sich seit dem massiven Umbruch durch die Energiewende in einer schweren Krise. Werksschließungen bei Volkswagen sind nur ein Beispiel. Auch bei Mercedes-Benz und BMW wurden die Gewinnprognosen drastisch gesenkt. Zulieferer wie ZF, Recaro, WKW und Continental denken über Abwanderungen nach und kämpfen mit Aufspaltungen und Insolvenzen. Diese Entwicklungen sind alarmierend.

Die künstlich aufgeblähte Nachfrage nach E-Autos, befeuert durch den Umweltbonus, entpuppte sich als reine Illusion. Als die Prämie im Dezember 2023 von der Bundesregierung gestrichen wurde, zeigte sich der wahre, desolate Zustand der Automobilindustrie und versetzte den Elektroautos letztlich den finalen Todesstoß.

Das belegen auch die jüngsten Absatzzahlen: Seit der Streichung des Umweltbonus ist der Verkauf von Elektrofahrzeugen in Deutschland dramatisch eingebrochen – allein im August verzeichnete man einen Rückgang von rund 70 % im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auch europaweit zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, mit einem durchschnittlichen Einbruch von 44 %.

Die von der SPD angestrebte Wiedereinführung einer E-Auto-Prämie oder die Implementierung einer Abwrackprämie würde lediglich eine künstliche Nachfrage nach Elektrofahrzeugen schaffen. Diese Maßnahmen garantieren jedoch kein nachhaltiges Wachstum für die Automobilindustrie.

Der einzige Ausweg ist die Abkehr von der starren Fokussierung auf Elektromobilität, bevor diese die deutsche Autoindustrie endgültig in den Ruin treibt. Die Bundesregierung muss in Brüssel energisch auf eine Lockerung der Klimaziele und der Flottengrenzwerte drängen – nur so besteht noch Hoffnung auf eine Rettung. Leider muss man konstatieren, dass die Ampelregierung dem höchstwahrscheinlich nicht nachkommen wird, da es im Widerspruch zu den eigenen ideologischen Zielen steht.

Das Chip-Desaster

Eines von Robert Habecks strahlenden Prestigeprojekten war der Versuch, den US-Konzern Intel mit gigantischen Subventionen nach Magdeburg zu locken, um dort ein Chipwerk zu errichten. Doch das Ganze ging gewaltig nach hinten los!
Für das ambitionierte Prestigeprojekt der Ampelregierung, waren 30 Milliarden Euro an Subventionen vorgesehen, was zu einem unglaublichen Betrag von rund 3 Millionen Euro pro neu geschaffenem Arbeitsplatz geführt hätte. Vor kurzem kündigte Intel-CEO Pat Gelsinger jedoch an, dass der Bau der Fabrik verschoben und für mindestens zwei Jahre ausgesetzt werde. Es bleibt jedoch fraglich, ob in Zukunft die Errichtung der Fabrik, für Intel noch von Interesse sein wird, denn die erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen das Unternehmen konfrontiert ist, sind mehr als besorgniserregend.

In den vergangenen Jahren hat der Chiphersteller nahezu alle Entwicklungen in der Halbleiter-Branche verpasst – vom Aufstieg des KI-Hypes bis hin zu grundlegenden Fortschritten in den Fertigungsprozessen. Während Wettbewerber wie NVIDIA, TSMC und AMD vorbeizogen, führte der technologische Rückstand dazu, dass Intel erhebliche Marktanteile verlor. Zudem ist die Nachfrage nach traditionellen Rechenzentrums- und PC-Chips, die nach wie vor einen Großteil des Sortiments von Intel ausmachen, rückläufig. Der US-Konzern befindet sich seit Jahren im freien Fall.
Trotz dieser alarmierenden Situation beschloss die Bundesregierung, Intel als Partner für den Aufbau der deutschen Halbleiterindustrie auszuwählen. Unter all den vielversprechenden Unternehmen im Halbleitersektor fiel die Wahl auf das Unternehmen mit den schwächsten Zukunftsaussichten. Hier zeigt sich erneut das fragwürdige Investitionsgeschick der Ampelregierung.

Zwar bleibt die Hoffnung bestehen, dass Intel die Pläne zum Bau der Fabrik wieder aufgreift, doch auch diese Zuversicht schwindet zunehmend. Zu allem Übel, hat kürzlich der Halbleiter-Konkurrent Qualcomm Interesse an einer Übernahme von Intel signalisiert. Sollte es tatsächlich zu einer Übernahme kommen, ist es äußerst wahrscheinlich, dass die Pläne für Magdeburg gänzlich aufgegeben werden.

Wasserstoff-Hoffnung verflüchtigt sich

Das nächste „Glanzstück“ aus der Trickkiste des Wirtschaftsministers: Der Wasserstoff. In der Vision der Grünen für eine nachhaltige Zukunft nimmt Wasserstoff eine Schlüsselrolle ein. Dieser Energieträger soll nicht nur die Energiewende vorantreiben, sondern auch als Katalysator für die wirtschaftliche Transformation dienen. Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bildet Wasserstoff, neben Solar- und Windenergie, einen zentralen Pfeiler in der Strategie für eine klimaneutrale Zukunft.

Doch kürzlich musste er in diesem Bereich einen empfindlichen Rückschlag hinnehmen. Am vergangenen Freitag verkündete der norwegische Energiekonzern Equinor, wie Bloomberg berichtete, die Einstellung der geplanten Wasserstoff-Pipeline von Norwegen nach Deutschland – ein Projekt, das in Kooperation mit RWE realisiert werden sollte.

Magnus Frantzen Eidsvold, Sprecher von Norwegens führendem Öl- und Gasunternehmen, erläuterte die Gründe für diesen Schritt: Ein Mangel an Abnehmern, unzureichende Lieferkapazitäten und ein noch nicht ausgereifter regulatorischer Rahmen machten das Vorhaben derzeit nicht realisierbar.
Das Problem – selbst wenn die Pipeline-Verbindung aus Norwegen Realität geworden wäre, wäre Deutschland nach wie vor, einer enormen infrastrukturellen Herausforderung gegenüber gestanden. Das bestehende Rohrnetz, das als Verteilernetz für Wasserstoff dienen würde, besteht aus einem komplexen Geflecht von nahezu 10.000 Kilometern. Es wäre notwendig, dieses Netz umfassend zu erweitern und teilweise neu zu errichten. Zudem wären Investitionen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro erforderlich, wobei eine Fertigstellung frühestens im Jahr 2032 in Aussicht steht.

Abseits dessen offenbart sich eine weitere Herausforderung in der deutschen Wasserstoffstrategie: Der Bau von Wasserstoffkraftwerken im eigenen Land. Derzeit gibt es in Deutschland keine derartigen Anlagen, und auch deren Umsetzung scheint in weiter Ferne zu liegen.

Statt Stahl grüne Wiese

Habecks grüne Transformationspläne stellen auch Unternehmen wie Thyssenkrupp vor erhebliche Herausforderungen. Während Thyssenkrupp allein 2 Milliarden Euro an Steuermitteln erhielt, um seine Produktion auf klimaneutralen Stahl umzustellen, belaufen sich die geschätzten Gesamtkosten für diesen Umbau auf mindestens 10 Milliarden Euro. Diese enormen Investitionen fallen in eine Phase, in der das Unternehmen mit ernsthaften Marktentwicklungen zu kämpfen hat: Leere Auftragsbücher, bedingt durch den Zerfall der Automobilindustrie und die zunehmende Konkurrenz durch günstige Importe aus Asien, setzen Thyssenkrupp massiv zu.

Obwohl Thyssenkrupp sich nach wie vor dem Ziel einer „klimaneutralen“ Stahlproduktion bis 2045 verschrieben hat, könnte die Umsetzung dieses einst als innovativ gefeierten Vorhabens sich als fataler Fehler herausstellen. Die traditionsreiche Stahlsparte des Unternehmens steht inzwischen zum Verkauf. Anstatt die grundlegenden Energiepreise und Abgaben für energieintensive Betriebe durch ein zuverlässigeres Energieangebot zu senken, diktiert die planwirtschaftliche Ausrichtung von Robert Habeck, wie der Stahl künftig produziert werden soll – klimaneutral, und dass um jeden Preis. Dieser Wahn des Wirtschaftsministeriums könnte einen Verlust von 9.000 bis 10.000 Arbeitsplätzen nach sich ziehen, während Thyssenkrupp möglicherweise obendrein Deutschland den Rücken kehren könnte.

Illusionen statt Realität

Die fragwürdigen Ergebnisse und stagnierenden Projekte machen deutlich, dass die ambitionierten Visionen von Robert Habeck mehr Illusion als Realität sind. Diese Entwicklung gefährdet nicht nur die Stabilität der deutschen Wirtschaft, sondern erschüttert auch das ohnehin bereits angeschlagene Vertrauen in die politische Führung. Statt einer tragfähigen Zukunftsperspektive werden Milliarden in Projekte investiert, die weder der Wirtschaft noch den Steuerzahlern nachhaltigen Nutzen bringen. Die Prioritäten der Bundesregierung erweisen sich dabei als zunehmend ideologisch geprägt. Sollte die Regierung nicht bald von ihren starren Konzepten abweichen und flexibler auf die wirtschaftlichen Herausforderungen reagieren, droht Deutschland seinen Status als globaler Industriestandort zu verlieren.

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