Verbraucher in Deutschland müssen in diesem Jahr mit 3 Prozent Inflation rechnen. 2,0 bis 2,5 Prozent könnten es im Jahr 2022 werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine heute im ifo Schnelldienst veröffentlichte Studie.
Die Hauptursache für den vergleichsweise hohen Wert sei im vergangenen Jahr zu suchen. „Vor allem die temporäre Mehrwertsteuersenkung in der zweiten Jahreshälfte 2020 und der Absturz der Energiepreise während der Coronakrise haben zu außergewöhnlich niedrigen Preisen im Jahr 2020 geführt“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Die Inflationsrate misst die prozentuale Veränderung des durchschnittlichen Niveaus der Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr. „Hohe Inflationsraten können signalisieren, dass die Preise aktuell stark steigen oder dass die Preise vor einem Jahr stark gesunken sind“, erläutert Wollmershäuser.
Die Studie zeigt aber auch, dass ein gewisser Teil der Entwicklung durch einen beschleunigten Preisanstieg im Verlauf des Jahres 2021 erklärt werden kann. „Wir können das vor allem bei Energie, Nahrungsmitteln und in einigen Dienstleistungsbereichen seit Januar 2021 beobachten“, sagt Wollmershäuser. Auch Gründe für die Verlangsamung des Preisauftriebs im Jahr 2022 auf 2,0 bis 2,5 Prozent nennt die Studie: „Die Sonderfaktoren werden mit Beginn des Jahres 2022 ausklingen, da die Mehrwertsteuersenkung ein Jahr zuvor wieder aufgehoben wurde und die Energiepreise ihr Vorkrisenniveau erreichten“, sagt Wollmershäuser. Ob andere Faktoren die Preise stärker treiben als prognostiziert, sei noch unsicher. So könne der Nachholbedarf der Konsumenten nach der Coronakrise stärker ausfallen als bisher angenommen. Auch könnten sich die steigenden Preise für Rohstoffe und Vorprodukte bei anhaltenden Materialengpässen auf die Warenpreise und schließlich auf die Verbraucherpreise niederschlagen.
Auch Gerit Vogt vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken sieht in einem Aufsatz im ifo Schnelldienst die aktuelle Entwicklung stark durch Sonderfaktoren, wie das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung Ende 2020, beeinflusst. Mittelfristig sei eine Beruhigung wahrscheinlich, aber es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Preisauftrieb in den kommenden Jahren, unter anderem aufgrund des demografischen Wandels, stärker zunehmen werde.
Thomas Mayer vom Flossbach von Storch Research Institute verweist in derselben Publikation auf die ungezügelte Geldvermehrung durch die EZB, gerade im Zuge der Corona-Pandemie. Die Folge sie ein erheblicher Geldüberhang, der langfristig immer zu Inflation führe, wie Milton Friedmann wusste (»Inflation is always and everywhere a monetary phenomenon,«). „Dass die Kaufkraft des Geldes fallen muss, wenn es mehr Geld als käufliche Dinge gibt, leuchtet auch jedem mit gesundem Menschenverstand ein.“ Mayer beendet seinen Aufsatz mit Kritik an seiner eigenen Zunft: „Doch die in der neu-keynesianischen Theorie geschulten Ökonomen haben von Friedmans Satz entweder nie gehört oder wollen ihn, wie Jerome Powell, verlernen. Ich vermute, dass sie deshalb böse überrascht werden. Wann diese Überraschung kommt, ist nicht zeitgenau vorherzusagen. … Am Ende bleibt der Bürger, der auf die ihm versprochene Geldwertstabilität vertraut hat, im Regen stehen.“