Tichys Einblick
Im Namen des "Klimaschutzes"

Heiz- und Sanierungsvorschriften gefährden den sozialen Frieden

Das Verbot neuer Öl- und Gasheizungen im Namen des „Klimaschutzes“ wird teuer. In der EU müssen alle Häuser und Wohnungen einen bestimmten Energiestandard erreichen. Und der grüne Wirtschaftsminister konstatiert, mit der Bequemlichkeit sei es vorbei.

IMAGO / Westend61

Ab 2024 wird den Bürgern untersagt, neue Öl- oder Gasheizungen zu installieren. Zudem muss ab Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Was nahezu undenkbar schien, wird Realität. Der Staat schreibt dem Bürger in aller Deutlichkeit und Entschiedenheit vor, wie und mit welchem Equipment er zu heizen und oder sein Warmwasser aufzubereiten hat.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Da neu eingebaute Heizungen mit besagter Vorgabe nur mit Wärmepumpen zu leisten ist, wird deren Einbau weitaus teurer als eine Ausstattung mit Öl- oder Gasheizungen. Dies will Wirtschaftsminister Habeck nun mit einem milliardenschweren Förderpaket „sozial abfedern“, was Menschen mit geringem Einkommen die neue Wärmepumpe quasi zum Ölheizungspreis ermöglichen soll. „Habeck spricht von einer ‚weitest gehenden Überbrückung‘ der Preisdifferenz. Konkreter wird er nicht. Da Wärmepumpen in ihrer Anschaffung etwa dreimal so teuer sind wie eine Öl- oder Gasheizung, kämen dadurch enorme Kosten auf den Bund zu.“ Obwohl bekanntlich längst nicht alle Häuser so gedämmt sind, dass Wärmepumpen zu einer rentablen Ersatz-Wärmequelle werden. Abgesehen von der Frage, woher der „erneuerbare Strom“ ab nächstem Jahr flächendeckend überhaupt kommen soll, oder wer denn diese „klimafreundlichen Wärmequellen“ einbauen soll, denn bekanntlich fehlen landauf, landab dafür Fachkräfte.

„Habeck baut um – gegen alle Widerstände. Nach der Energieversorgung als solcher sind jetzt die Heizungen dran. Vor das Jahr 2024 hat er ein Stopp-Schild betoniert: Der Einbau von Öl- und Gasheizungen ist dann verboten. Kritik lässt ihn kalt. Dabei wird Wohnen in Zukunft noch teurer“, kolportiert der Focus.

Inzwischen hat auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm den Plan der Bundesregierung zum Verbot neuer Gas- und Ölheizungen ab 2024 kritisiert. „Die Regierung könnte sich durch solche Verbote ins Knie schießen.“ Auch in der „Ampel“-Koalition spitzt sich der Streit über das weitgehende Verbot von Öl- und Gasheizungen zu. Die FDP kündigte Widerstand gegen die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck an. Bereits im vergangenen Jahr beliefen sich die Ausgaben für Sanierung durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auf 18 Milliarden Euro.

Diese Klimapolitik riskiert den sozialen Frieden

Ganze 18 Prozent der Bundesbürger halten das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen ab Anfang 2024 für richtig, 79 Prozent sind dagegen, ergab eine Umfrage des „Stern“. Mit der breiten medialen Berichterstattung erfahren nun immer mehr Bürger, was auf sie zukommt – und wie ernst es der Regierung mit der Transformation im Gebäudesektor tatsächlich ist. Im Namen des Klimaschutzes greift die Politik massiv in das Privateste ein, was die Menschen haben: die vier Wände, in denen sie wohnen.

Pessimistische Aussichten für 2023
Creditreform erwartet mehr überschuldete Privathaushalte und Firmeninsolvenzen
Und in einer bemerkenswerten Abkehr von seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge möchte der Staat Umsetzung und Verantwortung dieser Pläne auf die Bürger abwälzen. Die versprochenen Subventionen dürften in vielen Fällen kaum mehr als ein Placebo sein. Gerade die Eigentümer von Altbauten sind oft gemeinsam mit ihren Immobilien in die Jahre gekommen, haben über Jahrzehnte ihren Kredit abgetragen – und sollen damit nun, kurz vor der Rente, nochmal von vorn anfangen. Ohne Garantie, dass sich die Investition tatsächlich amortisiert. Diese Klimapolitik riskiert den sozialen Frieden.

Und das ist noch nicht alles. Denn neben den Plänen auf nationaler Ebene wird auch in Brüssel unter Hochdruck daran gearbeitet, die Sanierungspflichten von Altbauten voranzutreiben.

EU-Dämmpflicht

Dass die EU Eigentümer in ganz Europa dazu zwingen möchte, ihre Häuser und Wohnungen zu sanieren, ist bekannt. Alle Häuser und Wohnungen auf dem Kontinent, heißt es, müssen künftig einen bestimmten Energiestandard erreichen. Das würde für viele Gebäude nichts weniger bedeuten als eine Zwangssanierung. Die Richtlinie zur Dämmpflicht wurde offenbar verschärft. Bis 2030 müssen Wohngebäude dem Entwurf zufolge mindestens die Energieklasse E erreichen, bis 2033 sogar D. Der Plan ist Teil des sogenannten „Green Deal“, also des Vorhabens Europas, in weniger als drei Jahrzehnten ein klimaneutraler Kontinent zu sein.

EU-Regeln für den Green Deal
Kritiker warnen vor „Zwangssanierung“ von sechs Millionen Häusern wegen EU-Richtlinie
Und weil es in der EU so kompliziert zugeht, muss es jetzt noch komplizierter werden. Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass die Mitgliedstaaten jene 15 Prozent ihrer Gebäude, die am schlechtesten isoliert sind, als Klasse G definieren – also als unterste Kategorie. Die anderen Häuser und Wohnungen sollen dann auf die übrigen Klassen F bis A verteilt werden.

„Für Staaten wie Italien, Spanien und Griechenland ist das eine große Hilfe. Denn dort ist die Dämmung oft viel schlechter als zum Beispiel in Deutschland, der Sanierungsbedarf also deutlich höher. Und es wäre unrealistisch, alle Häuser Griechenlands in den kommenden zehn Jahren auf eine Klasse D nach deutschen Maßstäben zu bringen“, erläutert die Welt. „Für Deutschland, wo schon viel saniert wurde, ist die relative Einteilung hingegen nachteilig. Denn sie bedeutet, dass jene Staaten, die sich in der Vergangenheit angestrengt haben, nun noch mehr tun müssen. Schließlich stehen ihre ineffizientesten 15 Prozent bereits – vergleichsweise – gut da.“

„Keine Bequemlichkeit einziehen lassen“

Aus der Wirtschaft bekommt der grüne Wirtschaftsminister heftige Kritik. „Entrücktes grünes Wunschdenken vernichtet Wohlstand und Vertrauen in Politik“. Das Verbot zum Einbau von Öl- und Gasheizungen sei „ein substanzieller Angriff auf das Eigentum“ und treffe „mit der Beschädigung von Industrie und Immobilienwerten die Mitte der Gesellschaft“. Die Politik maße sich laut dem Vorsitzenden des Wirtschaftsrates Hamburg, Thies Goldberg, wieder einmal an, Technologieentscheidungen zu treffen und bremse damit Innovationskräfte aus, anstatt sie zu beflügeln. Folglich überfordere Habeck auch Eigenheimbesitzer.

Das Echo auf Pläne aus seinem Ministerium habe den grünen Wirtschaftsminister sichtlich beeindruckt, schreibt die Welt. Es handle sich ja nur um einen Entwurf, der „geleakt“ worden sei. „Wer einen Gaskessel oder einen Ölkessel hat, kann den behalten“, so Habeck. Und selbst wenn die alte Heizung kaputtgeht, könne man die natürlich auch weiterhin reparieren lassen. Nur neue Kessel, da bleibt der Minister hart, sollen ab dem nächsten Jahreswechsel nicht mehr eingebaut werden. Der Umtausch und die Klimaneutralität dürfe nicht zu einem sozialen Problem werden. Dafür soll ein bewährtes Instrument der Ampel-Regierung eingesetzt werden: Steuergeld. Aber man dürfe nicht wieder die „Bequemlichkeit, die in den letzten Jahren zum Stillstand geführt hat, einziehen lassen“, so der Minister.

Anzeige
Die mobile Version verlassen