Tichys Einblick
Mutloser Appell der Verbände

Was Robert Habeck tun soll, um die Wirtschaft zu retten

Kapital wandert ab, die Wirtschaft schrumpft und trotz Arbeitskräftemangels steigt die Arbeitslosigkeit. Die Lage ist schlecht. Nun wenden sich die Verbände mit einem mutlosen Forderungskatalog an „Wirtschaftsminister“ Habeck.

IMAGO

Die Zahl der Bevölkerung steigt im Rekord-Tempo. Dank massiver Einwanderung. Trotzdem schrumpft das Bruttoinlandsprodukt – und schrumpft und schrumpft und schrumpft. Also die Summe des Geldes, das die Menschen in Deutschland zusammen ausgegeben haben und ausgeben konnten. Die aktuelle Krise der deutschen Wirtschaft ist keine der Konjunkturkrisen, die immer wieder kommen und gehen – es ist eine strukturelle Krise. Deswegen haben sich nun mehrere Wirtschaftsverbände an Robert Habeck (Grüne) gewandt.

DIHK, BDA, BDI und ZDH fordern den „Wirtschaftsminister“ auf, zehn Punkte umzusetzen, „um Vertrauen zurückzugewinnen und den Standort Deutschland zu stärken“. An erster Stelle steht für die Verbände die Forderung nach „konkurrenzfähigen Strompreisen“. Es folgen die Forderungen nach schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie nach Entbürokratisierung. Die Verbände beklagen sich über Habeck: „Die Wirtschaft hat viele Vorschläge eingereicht, die bisher nicht berücksichtigt wurden.“ Bestehende Lasten wie Berichts- und Nachweispflichten müssten überprüft und abgeschafft werden.

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Außerdem müsse die Ampel in die Infrastruktur investieren. Das gelte vor allem für Straßen, Schienen und Brücken – aber auch für die Energie- und Ladeinfrastruktur. Es müsse eine „Re-Priorisierung der öffentlichen Haushalte“ geben, hin zu „verlässlichen und stetigen Investitionen in die Infrastruktur“. Übersetzt heißt das: Die Ampel soll die Rekord-Steuereinnahmen nicht durch Bürgergeld, Radwege in Peru und Zahlungen an politisch befreundete NGOs verfrühstücken – sondern in die Leistungsfähigkeit Deutschlands investieren.

Stichwort Rekord-Steuereinnahmen: Die Verbände fordern eine „grundlegende Reform“. Forschung soll steuerlich besser gefördert werden, Abschreibungen vereinfacht werden. Insgesamt solle das Steuerniveau für Unternehmen auf maximal 25 Prozent gesenkt werden. Den Solidaritätszuschlag wollen die Verbände komplett abschaffen, die Strom- und Energiesteuern senken.

Außerdem müsse die Ampel die „Fachkräftesicherung meistern“. Dabei gehe es nicht nur darum, neue Zuwanderung von Arbeitskräften zu ermöglichen – sondern um eine „Aktivierung aller inländischen Potenziale“. Übersetzt man das in ein Deutsch, das verstanden werden will und nicht dem Zweck dient, beim nächsten Empfang mit Olaf, Robert und Christian noch kumpelhaft Stößchen machen zu können, dann heißt das: 3,9 Millionen erwerbsfähige Empfänger von Bürgergeld sind zu viele. Der Ausländeranteil in dieser Gruppe liegt über 45 Prozent. Oder wie es die Verbände ausdrücken: „Bei der Erwerbsmigration muss es endlich gelingen, auch die Prozesse und Abläufe zu verbessern, zu beschleunigen und zu digitalisieren.“ Stößchen.

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Die Verbände fordern dann die Ampel noch dazu auf, „Sozialversicherungen zukunftsfest (zu) machen“, ohne konkrete Vorschläge zum Wie zu machen. Das Gleiche gilt für die Rentenversicherung. Beim Lieferkettengesetz wollen die Verbände, dass die Regeln praxistauglich werden und es eine „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ gibt.

Im Forderungskatalog zieht sich Feigheit als roter Faden durch. So sollen die Freihandelsabkommen – Spannung – na was soll mit den Freihandelsabkommen geschehen? Sollen sie abgeschafft oder beschleunigt werden, für alle Ewigkeiten verdammt oder auf rosa Papier ausgedruckt werden? Nein: Sie sollen flexibel gestaltet werden. Tusch.

Da setzen sich die Wirtschaftsverbände hin. Da formulieren sie einen Maßnahmenkatalog und dann ist der nicht mehr als ein Aufguss öder Allgemeinplätze: weil die Verbandsvertreter auf dem Sektempfang der Berlinale mit Claudia Roth kuscheln wollen. Weil sie auf dem Empfang der Wirtschaft mit Robert Habeck über Kinderbuchtheorien fachsimpeln wollen. Und weil sie zu den Partys von Christian Lindner auf Sylt eingeladen werden wollen. Die Wirtschaft mag untergehen, aber das soziale Standing ihrer Vertreter ist gerettet. Stößchen.

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