Tichys Einblick
Die AfD soll Schuld sein

Grüne Kräfte bereiten die Dolchstoßlegende für die Wirtschaft vor

Seit Robert Habeck "Wirtschaftsminister" ist, geht es mit der deutschen Wirtschaft bergab. Jetzt will er die Schuld der AfD zuschieben. Die üblichen Medien und Top-Ökonomen unterstützen den Grünen dabei.

IMAGO - Collage: TE

Wer den Ersten Weltkrieg nur aus der Lektüre deutscher Medien verfolgte, der dachte bis September 1918 noch, dass der Durchbruch nach Paris und damit der Sieg kurz bevorstehe. Die Oberste Heeresleitung um Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg wusste das freilich besser. Die allierten Armeen waren auf breiter Front durchgebrochen, die deutschen Kräfte erschöpft und der baldige Zusammenbruch stand bevor. Aus deutschen Medien konnten sich Leser schon damals kein gescheites Bild von der Lage machen.

Einer derart schlecht informierten Leserschaft konnte Hindenburg ein Jahr später vorgaukeln: „Die deutsche Armee ist von hinten erdolcht worden.“ Die Generäle hätten nur verloren, weil die Demokraten sie verraten hätten, sagte der General. Die „Dolchstoßlegende“ war zu dem Zeitpunkt zwar schon fast ein Jahr im Umlauf. Medien mit politischer Schlagseite verbreiteten sie unkritisch. Das Gewicht des späteren Reichspräsidenten führte aber dazu, dass sie ein noch größeres Publikum ereichte. Ein Großteil der Deutschen glaubte ebenso daran, wie zuvor an den Sieg im Ersten Weltkrieg.

Szenenwechsel: Die Inflation bleibt im Jahr 2022 unter zwei Prozent und die deutsche Wirtschaft wächst bald. So müssen es jedenfalls die Leser, Hörer und Zuschauer der Medien glauben, die bevorzugt den „Top-Ökonomen“ Marcel Fratzscher zitieren. Der hat ein Hobby: Er prophezeit gerne. Am liebsten, dass sich grüne Politik positiv auf die Wirtschaft auswirken werde. Das dürften die Grünen mit ähnlich gemischten Gefühlen aufnehmen, wie Paul von Hindenburg die deutsche Presselage des September 1918.

Nach den Wahlen von Sachsen und Thüringen hat Fratzscher wieder einen rausgehauen, wie unter anderem die Berliner Zeitung berichtet: „Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass dieses Wahlergebnis zu einer Abwanderung von Unternehmen und auch Fachkräften aus beiden Regionen führt“, sagt der berühmteste Wahrsager seit Lügfix und Sybill Trelawney. Jetzt werde es zu einem Exodus der Unternehmen kommen und die Zahl der Insolvenzen werde steigen, zitiert ihn die Tagesschau. Gut. Diesen Anstieg gibt es längst. Eine Rekordzahl an Insolvenzen folgt auf die nächste, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Das lässt die Tagesschau an der Stelle lieber weg. Das würde die Erzählung von der AfD nur stören, die der Wirtschaft den Dolch in den Rücken stößt.

Die Tagesschau hat auch andere Experten ausgekramt. Etwa Ralf Wintergast. Wer ihn nicht kennt: Er ist Präsident des Digitalverbands Bitkom. Er warnt: Die Halbleiterfabriken im Osten könnten in Gefahr sein, weil es an ausländischen Fachkräften fehlen werde. Diese Projekte haben eins gemeinsam: Alle werden von der Ampel mit Milliardenbeträgen subventioniert – und bei allen stellen die Investoren sie mittlerweile in Frage. Diese Zweifel äußerten sie schon vor der Wahl im Osten. Doch wenn Marcel Fratzscher ein Wahrsager ist, warum sollen dann ausländische Investoren kein Shining haben?

Eine ganz andere Expertin hat das Handelsblatt gefunden. Nachdem sie die Pflichtaufgabe deutscher Medien erledigt und Fratzscher zitiert haben, lassen die Wirtschaftsjournalisten Monika Schnitzer zu Wort kommen: „Angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnisse könne eine Regierungsbildung schwierig werden, das werde die „gesamtwirtschaftliche Entwicklung“ der Wirtschaft schaden. Schnitzer ist übrigens Wirtschaftsweise. Als wissenschaftliche Beraterin der Bundesregierung ist ihr Urteil mindestens genauso unbestechlich wie das des Robert Koch-Instituts oder des Deutschen Ethikrats.

Nun haben sich die Top-Ökonomen aus eigenem Antrieb gemeldet, oder? Die Medien haben ihre Stimmen aus tiefer Sorge geteilt? Sie folgen damit nicht dem Impuls, den ein verantwortlicher Politiker aus der Bundesregierung gesetzt hat? Ach, wie schön wäre es, wenn es so wäre. Das Schrumpfen der deutschen Wirtschaft käme für die Staatsmedien nicht mehr „überraschend“, die Schließung von großen Werken müsste nicht einen Tag nach einer Wahl verkündet werden.

Die Legende, von der Schuld der AfD am Niedergang der deutschen Wirtschaft, hat Robert Habeck (Grüne) in die Welt gesetzt. Als „Wirtschaftsminister“ hat er durchaus einen Anteil an diesem Niedergang, würde mancher sagen. Doch solche Schandmäuler hätten auch im September 1918 staatszersetzende Unwahrheiten über die mögliche deutsche Niederlage im Krieg verbreitet.

Zwei Tage vor der Wahl hatte Habeck unter anderem über T-Online verkündet: Die AfD sei die „Alternative für Deindustrialisierung“, wie der Kinderbuchautor formulierte. Er selbst will eine Industrie, die nur noch produziert, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Die grüne Autorin Ulrike Herrmann tingelt durchs Staatsfernsehen, um für grünes Schrumpfen zu werben. Aber die AfD sei schuld an der Deindustrialisierung. Das ist ein Twist, der den Paul-von-Hindenburg-Preis für besseres Erklären des Regierungshandelns verdient hätte.

Die Situation ist anders als im September 1918. Es gibt neben den staatlichen und staatsnahen Medien auch noch unabhängige Medien wie TE: Rekordzahl an Insolvenzen? Schrumpfende Wirtschaft? Absurde Energiepolitik? Staats-Dirigismus? Zu hohe Steuern und Abgaben? Dysfunktionale Verwaltung? Dieses Mal steht alles als Information zur Verfügung, dieses Mal muss niemand einen Zusammenbruch für „überraschend“ halten.

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