Tichys Einblick
KfW-ifo-Geschäftsklima

„Geschäftsklima im Sturzflug“ – Wirtschaftsdaten verheerend

Die eigentlich staatsnahe Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) meldet einen massiven Einbruch des Geschäftsklimas. Firmen des Mittelstands sowie Großunternehmen melden schon jetzt, dass die wirtschaftliche Lage sich verschlechtert hat – und sie erwarten eine erneute deutliche Verschlechterung.

IMAGO / Rolf Poss

Das Geschäftsklima wird dargestellt, indem mittelständische und Großunternehmen ihre Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage abgeben – und auch ihre Erwartungen für die Zukunft. Diese beiden Werte werden miteinander verrechnet, um einen allgemeinen Geschäftsklima-Index abzubilden. Aus der Summe historischer Werte wird ein Mittelwert gebildet. Liegt der Index der Unternehmen über diesem Durchschnitt, gilt das Geschäftsklima als schlecht.

Die Erwartungen für die Entwicklung der Lage sind seit Anfang 2022 durchgehend negativ – und verheerend. Im Spätsommer und Herbst 2022 waren die Geschäftserwartungen so negativ wie vorher nur während der Finanzkrise 2008/09 und der Coronakrise. Obwohl der akute Gasmangel in Deutschland nicht aufgehoben, sondern nur auf den nächsten Winter verschoben ist, hob die Bundesregierung die Warnung vor einer Gasmangellage auf. Das führte zu einer schnellen Erholung der Konjunkturerwartungen, aber sie blieben negativ. Die Unternehmen rechneten nach wie vor mit einer sich verschlechternden Lage – nur eben weniger schlecht.

Doch diese Rally wird wieder zunichtegemacht. Seit Anfang des Jahres stürzen die Erwartungen ebenso rasant ab, wie sie zugenommen haben. Gleichzeitig bewerten gerade die Großunternehmen die wirtschaftliche Lage schon aktuell als schlecht, während die Einschätzung der mittelständischen Unternehmen um den „Wie immer“-Punkt schwankt. Die Erwartungen der Großunternehmen des Landes sind auch deutlich schlechter als die des Mittelstands.

Der internationale Markt als ausschlaggebender Faktor?

Dass Großunternehmen ein schlechteres Geschäftsklima melden als der Mittelstand, liegt möglicherweise daran, dass Großunternehmen mehr noch als mittelständische Unternehmen auf internationalen Märkten agieren. Damit sind Faktoren, die einen deutschen Standortnachteil bedeuten, für sie besonders ausschlaggebend. Hohe Abgaben und hohe Produktionskosten würden sie dann besonders treffen, da ihre internationale Konkurrenz mit solchen Faktoren weniger zu kämpfen hat. Ein mittelständischer Einzelhändler im Gegensatz wird von Standortfaktoren in Deutschland genauso getroffen wie seine Konkurrenz. Die KfW wertet Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern oder 50 Millionen Euro Jahresumsatz als mittelständisch, für Einzelhändler, Baugewerbe und Dienstleistungen gelten engere Regelungen.

Ein schlechtes Geschäftsklima lässt auf eine negative Wirtschaftsentwicklung schließen. Unternehmen, die eine schlechte Wirtschaftslage voraussehen, investieren weniger und gehen weniger Risiken ein – was zur befürchteten Geschäftslage noch beitragen oder eine tatsächliche Wirtschaftskrise verschlimmern kann. Gerade sinkende Wirtschaftserwartungen sind daher ein Warnsignal an die Politik – oder sollten es sein. Die Bundesregierung hingegen scheint von der drohenden Krise unbeeindruckt und unternimmt nichts, um den Unternehmen die Zukunftsängste zu nehmen.

Inflation geht zurück

Die Inflation geht allerdings zurück. Die KfW-ifo-Absatzpreiserwartungen sind auf den Indexpunkt Null gefallen. Das bedeutet nicht, dass Preisstabilität erreicht ist. Die KfW wertet den Indexpunkt Null als eine Inflation von 2 Prozent. Vorgeblich, weil das die durchschnittliche Preissteigerung seit 2005 sei. Dass das Inflationsziel der EZB ebenfalls 2 Prozent pro Jahr beträgt, welches die EZB meistens verfehlt, ist sicher nur ein Zufall. Die Unternehmen rechnen also damit, dass alle Preise im kommenden Jahr um 2 Prozent steigen. Außerdem geht die KfW ebenfalls von einer verringerten Inflation aus, denn, so der Bericht: „Die Beschäftigungserwartungen der Unternehmen beider Größenklassen haben sich inzwischen ebenfalls wieder praktisch vollständig normalisiert, was für einen perspektivisch wieder abnehmenden Lohndruck auf die Inflation spricht.“

Anders ausgedrückt: Die Unternehmen werden weniger Menschen einstellen wollen als im Vorjahreszeitraum. Daher werden die Löhne wegen weniger Angeboten an die Arbeitnehmer langsamer steigen.

KfW versucht optimistisch zu sein

Die Pressemitteilung der KfW mit dem Titel „Geschäftsklima im Sturzflug“ versucht, den verheerenden Daten einen optimistischen Klang zu geben, indem sie in ihrer Abschlussbemerkung eine Konsumerholung und den Inflationsrückgang in Aussicht stellt. Doch insgesamt ist mit einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage zu rechnen. Seit 2019 ist die deutsche Wirtschaft nicht mehr gewachsen, sondern von Jahr zu Jahr geschrumpft oder bestenfalls stabil geblieben – bei einer durch Zuwanderung wachsenden Bevölkerung. Wirtschaftsinstitute und die KfW selber rechnen mit einem weiteren leichten Schrumpfen der Wirtschaftsleistung Deutschlands im Gesamtjahr, aber einer „mehr oder weniger starken Konjunkturerholung“ im zweiten Halbjahr. Die pessimistische Stimmung der Unternehmen sei „ein Abwärtsrisiko für die aktuellen Prognosen“.

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