Korrektur oder Crash? Nach dem harten Kurseinbruch an der Wall Street in der Vorwoche sah es zunächst düster aus. Erst der Handelsverlauf in den vergangenen Tagen hat Börsianer beruhigt. Ein richtiger Absturz, er hätte zum Börsenmonat gepasst. Das Risiko bleibt aber. Börsianer müssen sich angesichts steigender US-Zinsen und inzwischen beachtlicher Renditen bei Staatsanleihen auf turbulentere Zeiten einstellen. Wie sich ein Crash anfühlen kann, bekamen soeben die Aktionäre jener DAX-Konzerne zu spüren, die ihre Gewinnprognosen für das laufende Jahr senkten. Der Kurs des Dialysekonzerns Fresenius Medical Care stürzte nach einer Warnung um 16 Prozent ab, tags darauf fiel das Papier des Baustoffkonzerns HeidelbergCement nach einer Hiobsbotschaft um fast zehn Prozent. Der Markt ist empfindlich geworden. Während die US-Indizes charttechnisch auch mittelfristig noch im Aufwärtstrend laufen, sieht der DAX ziemlich angeschlagen aus. Die Technik spiegelt das fundamentale Bild, denn der Handelskrieg trifft die deutsche Volkswirtschaft und ihre Unternehmen weitaus stärker. Gut möglich, dass sich die Serie der Gewinnwarnungen im DAX fortsetzt.
Besser sieht es an der Wall Street aus, obwohl dem Markt am Freitagabend trotz starker Quartalszahlen und Jahresprognosen mehrerer großer US-Konzerne etwas die Luft ausgegangen. Zwar rettete der Dow Jones Industrial ein Plus von 0,26 Prozent auf 25.444 Punkte aus dem Handel. Im Tageshoch hatte der Index jedoch noch um knapp ein Prozent zugelegt. Auf Wochensicht verbuchte der Dow einen Aufschlag von 0,4 Prozent.
„Noch boomt die Konjunktur in den USA, doch dürfte das nicht von Dauer sein“, sagte Edgar Walk, Chefvolkswirt der Metzler Bank. So zeige der Wohnimmobilienmarkt, bislang ein Indikator für die Konjunkturaussichten, bereits Anzeichen der Schwäche. Im September fiel die Zahl der Hausverkäufe in den USA deutlich stärker als erwartet. „Ein schwacher Wohnimmobilienmarkt war in der Vergangenheit immer ein Vorbote für eine Wachstumsabschwächung der Gesamtwirtschaft“, so Walk.
Gegenwind kam auch von den Zinsen, vor allem bei Anleihen mit kurzen Laufzeiten. Die Rendite zweijähriger Staatspapiere stieg am Freitag auf den höchsten Stand seit fast elf Jahren. Sie nähert sich immer mehr der Marke von drei Prozent. Damit werden einerseits Anleihen attraktiver in Relation zu Aktien, andererseits verteuert sich die Refinanzierung von Unternehmen.
Der marktbreite S&P 500 stagnierte und schloss bei 2.768 Punkte. Der Technologie-Index NASDAQ 100 verlor 0,12 Prozent auf 7.101 Zähler.
Für eine geradezu euphorische Stimmung sorgte der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble. Der Hersteller von Ariel, Gillette und Pampers hatte den Gewinn im ersten Geschäftsquartal um zwölf Prozent gesteigert. Der Kurs schnellte daraufhin um fast neun Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit Anfang des Jahres. Mit diesem Rückenwind gewannen die Titel des Konkurrenten Colgate-Palmolive drei Prozent.
Die Anteilscheine von PayPal sprangen um fast zehn Prozent nach oben. Der im Zuge der boomenden US-Wirtschaft florierende Internethandel hatte dem Bezahldienst im Sommer gute Geschäfte ermöglicht. „Die Dynamik bleibe hoch“, sagte Analyst Tien-Tsin Huang von JPMorgan, der weiter zum Kauf der Aktien riet.
Unter großen Druck gerieten dagegen die Aktien von eBay. Eine Abstufung von „Buy“ auf „Hold“ durch den Broker Stifel ließ die Papiere um fast neun Prozent auf den niedrigsten Kurs seit fast zwei Jahren einbrechen. Analyst Scott Devitt verwies zur Begründung darauf, dass die Ergebnisse von Paypal auf ein schwaches Handelsgeschäft von eBay im dritten Quartal hindeuteten.
Papiere von Walt Disney stiegen um 2,34 Prozent. Der Medien- und Unterhaltungskonzern habe nun die richtige Mischung von Aktivitäten, um erfolgreich zu sein, schrieb Analyst Kannan Venkateshwar von der britischen Investmentbank Barclays.
Die Stimmung professioneller Anleger in Deutschland ist derzeit überraschend schlecht. So ist das entsprechende Barometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Oktober um 14,1 auf minus 24,7 Punkte und somit auf den tiefsten Stand seit August 2012 gefallen. Ausschlaggebend für den Einbruch sind die bekannten Sorgenkinder wie Brexit, Handelsstreit und Zinssorgen. Das ZEW bezeichnete den Rückgang als „bemerkenswert stark“. Ein kräftigeres Minus gab es zuletzt nach dem Brexit-Votum im Juli 2016.
Und auch die aktuelle Lage wurde schwächer eingeschätzt als im Vormonat. „Das große Bild des Mannheimer Konjunkturbarometers passt ins Bild“, meint Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe. „Die ZEW-Konjunkturerwartungen sind nun ein gutes Stück von ihren zu Jahresbeginn gemessenen Notierungen entfernt. Tatsächlich hat im Gleichklang die konjunkturelle Dynamik nachgelassen. Eine rasche Erholung zeichnet sich gemäß dem ZEW nun ganz und gar nicht ab.“
Lohnen sich aktiv gemanagte Fonds? Dazu ein klares Jein, betrachtet man die jüngsten Berechnungen von S & P Dow Jones. Der Indexanbieter legt halbjährlich eine Studie vor, wie sich aktiv verwaltete Portfolios in Relation zu den jeweiligen Vergleichsindizes für Länder und Regionen geschlagen haben. Ergebnis: Auf Einjahressicht sind demnach die Manager von Europa-Fonds am erfolgreichsten. Hier haben über 40 Prozent aller Produkte besser abgeschnitten als ihre Vergleichsindizes. Weitere gute Nachricht für überzeugte Fans aktiver Produkte: Es gibt durchaus Segmente, in denen Fondsmanager auch langfristig mehr Rendite herausholen als die zugrunde liegenden Indizes. So sind auf Sicht von zehn Jahren 20 Prozent aller Fonds mit dem Fokus Aktien Deutschland besser als ihr Vergleichsindex. Im Falle Italiens sind es sogar 28 Prozent. Ganz anders sieht es aber aus, analysiert man weltweit anlegende Investmentfonds. So ist nur ein Prozent der aktiv verwalteten Portfolios mit Schwerpunk globale Aktien auf Zehnjahressicht besser als ihre Benchmark. Das gleiche enttäuschende Ergebnis erwartet Anleger auch bei aktiv gemanagten Schwellenländerportfolios.
Schwellenländer sind derzeit ohnehin nicht en vogue. Nach zwei Quartalen mit teils heftigen Verlusten ist vielen Investoren die Lust an den Emerging Markets vergangen. So sind in den drei Monaten vor Ende September die Investitionen in Staats-und Unternehmenspapiere aus den aufstrebenden Wirtschaftsnationen auf ein Siebenjahrestief gefallen. Doch nun mehren sich die Stimmen, die ein Ende des Abwärtstrends erwarten. In einer aktuellen Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg meinen zwei Drittel der Befragten, dass die Märkte einen Boden gefunden haben. Dabei sehen die Experten die größten Chancen der-
zeit in Mexiko — egal ob es sich um Aktien, Anleihen oder die Währung des Landes handelt. Bei den Verlierern ist das Bild nicht so eindeutig. Hier sind der Peso und Aktien aus Argentinien am unbeliebtesten, während türkische Anleihen auf der festverzinslichen Seite als am wenigsten attraktiv bewertet wurden.