Nun wird sie also wohl doch bald steigen, die Inflation. Das erwarten zumindest die Volkswirte der Sparkassen, wie die FAZ berichtet. Deren Erwartungen gehen zwar sehr weit auseinander, was dafür spricht, dass die Prognosen eher auf wackligem Boden stehen. Aber dass es bei den derzeit sehr niedrigen Teuerungsraten – im Juli war die Rate laut statistischem Bundesamt sogar um 0,1 Prozent negativ – bleibt, glaubt keiner. Gertrud Traud, eine der erfolgreichsten Inflationsprognostikerinnen hierzulande und Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), rechnet mit einer Inflationsrate von bis zu 3 Prozent für 2021.
Klingt nicht viel. Aber wenn man bedenkt, dass schon jetzt sehr viele Verbraucher das Gefühl haben, dass die Euros in ihren Taschen tatsächlich sehr viel schneller an Kaufkraft verlieren, als die offiziellen Statistiken es weismachen, und die EZB jahrelang vor Deflation warnte und ihr Inflationsziel von nahe zwei Prozent verfolgte, dann dürften drei Prozent schon spürbar werden.
Entscheidend ist: Welche Preise misst die offizielle Inflationsrate überhaupt? Es sind die für bestimmte Konsumgüter, die in einem „Warenkorb“ zusammengefasst sind. Und die Zusammensetzung dieses Warenkorbs ist schon lange fragwürdig. Ökonomen aus Hohenheim zum Beispiel monieren, dass die Zusammensetzung nicht dem aktuellen Kaufverhalten entspricht. Und sie stellen offen in Frage, „ob die Entwicklung des Geldwertes tatsächlich einen so großen Spielraum für eine Erhöhung der Geldmenge zulässt, wie man bei der EZB glaubt“. Viele Ökonomen argumentieren aus naheliegenden Gründen auch, dass zumindest die enorm gestiegenen Wohnkosten darin berücksichtigt werden müssten. Das was offiziell Inflation heißt, misst eben nur einen Teil der Kaufkraft des Geldes.
„Mehr Geld heißt nur dann mehr Inflation, wenn die Konsumenten mehr kaufen“, sagt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Mehr von dem, was überhaupt im Warenkorb des Statistischen Bundesamtes ist, müsste man genauer sagen. Und da fehlen nicht nur die Wohnkosten, sondern alle Vermögenspreise. Da die Konsumlust gerade in diesen Corona-Zeiten gebremst ist, wandert das Geld aber gerade jetzt eher an die Börse als in die Läden.
Und dort steigen die Preise unverhältnismäßig (also inflationär). An den Finanzmärkten und den Immobilienmärkten zeigt sich die anziehende Inflation also schon längst. Das Geld, das aus politischen Gründen neu aus dem Nichts geschaffen wird, bleibt in den Märkten für Aktien, Anleihen oder Immobilien hängen und treibt dort weiter die Preise. Bis in die Supermärkte sickert es kaum durch – noch nicht.
Die sozialen Verwerfungen, die die Vermögenspreise anrichten, sind aber auch ohne gleicherweise steigende Konsumgüterpreise schon brisant genug. Denn sie sorgen für eine wachsende Spaltung des Wohlstandsniveaus zwischen Vermögenden und Nicht-Vermögenden.