Ohne Frage trägt der Preisauftrieb in vielen Winkeln des Aktienmarkts Züge einer Blase. Bestes Beispiel ist die Euphorie um die E-Mobilität: Kaufwütige Investoren beschleunigten soeben die Marktkapitalisierung des US-Elektroauto-Newcomers Rivian nach dem Börsengang kurzzeitig weit über 100 Milliarden Dollar. Rivian macht kaum Geschäft, rechnet im laufenden Quartal mit knapp einer Million Dollar Umsatz, dafür mit über einer Milliarde Verlust. Kann eine solche Firma wertvoller sein als Volkswagen? Auch der DAX ist zwar nicht mehr günstig — das KGV liegt bei gut 15 und damit etwas über dem langjährigen Mittel —, im Vergleich ist das aber noch moderat. Der breite US-Index S & P 500 stemmt bereits fast ein 23er-KGV auf die Waage. Im Vergleich bleibt der DAX in Zeiten der Geldflut attraktiv.
An der US-Technologiebörse Nasdaq ist die Rekordjagd am Freitag aber erst einmal in eine neue Runde gegangen. Sowohl die wichtigsten Tech-Indizes als auch die schwer gewichteten Einzelwerte Alphabet, Apple und Microsoft erreichten im Handelsverlauf Höchststände. Der Leitindex Dow Jones Industrial aber litt unter der Sorge vor einer weiteren Verschärfung der Pandemie, nachdem Österreich angesichts der massiven vierten Corona-Welle die Notbremse gezogen hatte und ab Montag erneut in einen Lockdown gehen wird. Auch in den USA steigen die Infektionszahlen wieder.
Der Dow fiel um 0,8 Prozent auf 35.602 Punkte. Auf Wochensicht ergibt sich ein Minus von 1,4 Prozent. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Freitag um 0,1 auf 4.698 Punkte nach unten. Der Nasdaq 100 aber legte um 0,6 Prozent auf 16.573 Punkte zu.
Unter den größten Gewinnern im Nasdaq 100 zogen die Aktien von Moderna um rund fünf Prozent an. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte Corona-Auffrischungsimpfungen mit dem Vakzin des Unternehmens genehmigt.
An der Index-Spitze schnellten die Papiere von Intuit um gut zehn Prozent in die Höhe. Zuvor hatte die US-Investmentbank Goldman Sachs eine Kaufempfehlung für die Anteilscheine ausgesprochen. Das Softwareunternehmen stehe vor einigen Jahren mit Wachstum im hohen Zehn-Prozent-Bereich, schrieb Analyst Kash Rangan.
Die Aktien von Applied Materials büßten dagegen 5,5 Prozent ein. Analysten hatten sich enttäuscht gezeigt über die Geschäftsentwicklung des Halbleiterkonzerns im abgelaufenen sowie den Ausblick auf das derzeitige Quartal.
Am Dow-Ende knickten die Anteilscheine von Boing um 5,8 Prozent ein. Der Flugzeugbauer litt unter Befürchtungen einer erneuten Einschränkung der Reisetätigkeiten. Ein Bericht des „Wall Street Journal“ über eine erneute Verlangsamung der Produktion des 787 Dreamliners spielte der trüben Stimmung in die Hände. Der vor rund zehn Jahren als Langstreckenjet der Zukunft auf den Markt gebrachte „Dreamliner“ macht dem Konzern schon länger schwer zu schaffen. In diesem Jahr musste Boeing die Auslieferungen wegen verschiedener Produktionsproblemen vorübergehend stoppen und die Fertigungsrate drosseln.
Lockdown-Sorgen hatten zuvor den deutschen Aktienmarkt ein wenig ausgebremst. Der deutsche Leitindex DAX schloss zum Wochenende 0,4 Prozent im Minus bei 16.160 Punkten, nachdem er noch am Donnerstag seine inzwischen fast siebenwöchige Rally mit einem weiteren Höchststand von 16.290 Punkten gekrönt hatte.
„Die Sorgen über den weiteren Fortgang im Bezug auf die Corona-Pandemie belasten“, sagte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect. Entsprechend profitierten davon erneut die Aktien der klassischen „Stay-at-Home-Gewinner“, während auf der Verliererseite zyklische Unternehmen wie MTU, Volkswagen / Porsche SE oder auch Airbus stünden.
Gewinner im DAX war somit Zalando mit einem Plus von fast 4,5 Prozent. Die Aktie profitierte bereits in den anderen Lockdowns.
Die Anteile der Deutschen Bank büßten als DAX-Schlusslicht fünf Prozent ein und die der Commerzbank verloren fast vier Prozent. Sie litten unter Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Diese lässt sich vom kräftigen Anstieg der Teuerungsraten nicht aus der Ruhe bringen und erteilte einem rascheren Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes eine Absage. Wie Lagarde sagte, wird die Europäische Zentralbank die Wirtschaft auch dann weiterhin unterstützen, wenn die akute Pandemie-Notlage beendet sei. Das beinhalte auch eine „angemessene Kalibrierung“ der Anleihekäufe der Notenbank.
Gerade in Zeiten von niedrigen Zinsen und hoher Inflation sind Dividendentitel verlockend, die sich von den Auswirkungen der Pandemie erstaunlich gut erholt haben. Denn dank steigender Gewinne und solider Bilanzen stiegen die Ausschüttungen laut Janus Henderson auf bereinigter Basis im dritten Quartal 2021 im Rekordtempo um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichten mit 403,5 Milliarden US-Dollar ein Allzeithoch. Janus Henderson rechnet nun für 2021 mit einem neuen Rekordwert an Ausschüttungen von 1,46 Billionen US-Dollar. Stark beteiligt am Dividendenaufschwung sind Unternehmen aus dem Rohstoffsektor. „Bergbau-unternehmen auf der ganzen Welt -haben von den extrem hohen Rohstoffpreisen profitiert. Viele von ihnen erzielten Rekordergebnisse, und die Dividenden folgten dem Beispiel“, erklärt Jane Shoemake, Client Portfolio Manager im Global-Equity-Income-Team von Janus Henderson. So haben drei Viertel der Bergbauunternehmen im Index ihre Dividenden im Vergleich zum dritten Quartal 2020 mindestens verdoppelt.
Die allmonatlich von der Bank of America (BofA) befragten Geldverwalter gehen mit Risikofreude in die letzten Wochen des Jahres 2021. Sie haben ihre Cashpositionen reduziert und gleichzeitig die Übergewichtung von US-Aktien auf den höchsten Stand seit August 2013 gesteigert. Die Befragten, die weltweit insgesamt rund eine Billion US-Dollar verwalten, erhöhten generell ihre Übergewichtung in Aktien und reduzierten ihre Übergewichtung in Rohstoffen, während sie in Anleihen stark untergewichtet blieben. Als größtes Risiko sehen die Geldverwalter aktuell die Inflation. Die Anleger rechnen nicht mit einer aggressiven Straffung durch die Fed. Da die Inflationssorgen etwas nachließen, wechselten die Anleger von Inflationsgewinnern zu Konsumgüter- und Techwerten. Reduziert wurden auch Aktien aus dem Energie-, Industrie- und Bankensektor. Gekauft wurden dafür vor allem Wachstumswerte. Ebenfalls nachgelassen hat bei den Befragten die Sorge über eine makroökonomische Schwäche. Nur sechs von 100 Befragten erwarten eine Rezession in den nächsten zwölf Monaten. Am beliebtesten ist bei den Fondsmanagern die Strategie Long Tech Stocks. Gefolgt von Bitcoin, von dem eine Mehrheit von 59 Prozent jedoch glaubt, dass es sich um eine Blase handelt.
Zwar haben sich die Oranje-Kicker vergangene Woche gerade noch für die Fußball-WM in Katar qualifiziert, dennoch mussten die Niederländer eine bittere Niederlage einstecken. Denn nach dem Konsumgüterhersteller Unilever will nun mit Shell ein weiterer globaler Großkonzern seinen Hauptsitz aus den Niederlanden nach Großbritannien verlegen. Begründet wird dies von Shell mit steuerlichen Faktoren und einer Vereinheitlichung der dualen Aktienstruktur, die den Rückkauf eigener Anteilscheine vereinfache. Shell kappt auch im Namen die Verbindung: Das traditionsreiche „Royal Dutch“ fällt erstmals seit 1907 weg, der Ölmulti firmiert künftig unter dem Namen Shell Plc. Die Anteilseigner sollen über den Beschluss am 10. Dezember abstimmen.