Rund 1,9 Billionen Dollar stehen zur Verfügung und sollen zum Teil direkt an die Konsumenten verteilt werden. Die Warnung vieler Ökonomen liegt da nicht fern: Heizt das mächtige Hilfspaket die Inflation an? Womöglich so stark, dass letztlich Maßnahmen seitens der Notenbank notwendig werden, um ein Überhitzen der Wirtschaft zu verhindern? Diese Befürchtung ist der Belastungsfaktor an der Wall Street, der nach einem starken Wochenstart für abermals schwächere Handelstage mit Verlusten vor allem bei hoch bewerteten US-Techs führte. Nach einem überraschend starken US-Arbeitsmarktbericht begriffen die Anleger am Freitag die zwischenzeitlichen Verluste jedoch als Chance. Der Leitindex Dow Jones Industrial gewann am Ende des Tages 1,9 Prozent auf 31.496 Punkte, womit sich auf Wochensicht ein fast ebenso hohes Plus ergibt. Der marktbreite S&P 500 legte zum Wochenschluss um knapp zwei Prozent auf 3.842 Punkte zu. Im technologielastigen NASDAQ 100 kehrten die Anlefer ebenfalls zurück: Der Index schloss 1,6 Prozent höher auf 12. 669 Punkten.
Je besser die Konjunkturdaten ausfielen, desto größer werde der Zweifel der Finanzmärkte an einer fortgesetzten expansiven Geldpolitik, sagte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Allerdings fehlten dem Arbeitsmarkt weiterhin Millionen an Arbeitsplätzen, bis wieder von Normalität gesprochen werden könne, hieß es von der Helaba. Die US-Notenbank habe immer wieder bekräftigt, dass der Arbeitsmarkt noch immer Schwächen aufweise, so die Ökonomen. Somit werde sich an der expansiven Geldpolitik vorerst wohl nichts ändern.
Im Dow waren Cisco mit plus 3,8 Prozent weit vorne. Die US-Bank JPMorgan hatte die Papiere des Netzwerkspezialisten von „Neutral“ auf „Overweight“ hochgestuft. Die Ausgaben der Unternehmen für IT erholten sich schneller als erwartet, Cisco sei mit der Umstellung auf Mietsoftware auf einem guten Weg und die Aktien im Branchenvergleich immer noch unterbewertet, begründete Analyst Samik Chatterjee seine Neubewertung. Auch die Aktien des Softwarekonzerns Oracle und des Spezialisten für Datenspeicherlösungen Western Digital gewannen nach Hochstufungen durch Analysten. Chevron gewannen als Top-Wert im Dow 4,3 Prozent, Occidental Petroleum und ConocoPhillips im S&P 500 bis zu fünf Prozent.
Auch wenn Bund und Länder beim Corona-Gipfel am Mittwoch Lockdown-Lockerungen beschlossen haben, könnte die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal um 1,8 Prozent zum Vorquartal fallen, schätzt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Carsten Brzeski von der ING rechnet ebenfalls mit einem „Einbruch der Konjunktur“. „Industrie und Exporte werden wohl weiter gut laufen“, sagte Brzeski. „Der Bau, mit Ausnahme von wetterbedingten Ausfällen im Februar, auch.“ Der Konsum dürfte hingegen bremsen. Der deutsche Leitindex ging am Freitag jedenfalls ein Prozent schwächer bei 13.921 Punkten aus dem Handel.
Den Platz an der DAX-Spitze sicherte sich die Deutsche Bank, gefolgt von Volkswagen und RWE. Der Autobauer VW bekräftigte erneut, dass der Ausbau der Flotte reiner E-Fahrzeuge schneller vonstatten gehe als bislang geplant. Die Aktien legten auf den höchsten Stand seit 2015 zu. Der Energieversorger RWE profitierte derweil von einer Bewertung der Deutschen Bank. Das Geldhaus nahm die Aktie auf „Buy“ mit einem Kursiel von 35 Euro. Als schwächster Wert ging MTU ins Wochenende.
Wer am deutschen Aktienmarkt langfristig Gewinne einfahren will, sollte im übrigen nicht nur auf ein einzelnes Pferd setzen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Flossbach von Storch Research Instituts. In der Studie werden die kurz- und langfristigen Renditen aller öffentlich gehandelten deutschen Aktien analysiert. Im Fokus standen dabei 990 verschiedene Aktientitel, wobei Dividendenzahlungen mit eingeflossen sind. Der Untersuchungszeitraum startet im Januar 2003 und endet im Dezember 2020, in dem der CDAX sich verfünffacht hat. Dabei schafften es nur 37 Prozent aller Titel, besser als der Index abzuschneiden. Und eine langfristige Investition führt nur in knapp 61 Prozent der Fälle zu einer positiven Wertentwicklung.
Aber auch kurzfristig, also innerhalb eines einzelnen Monats, sind Einzeltitel keine Selbstläufer. Trotz langer Boomphasen an der Börse zwischen 2003 und 2020 konnten nur knapp die Hälfte der Aktien kurzfristig Gewinne einfahren. Zudem schafften es ebenfalls nur etwa die Hälfte aller Titel, in einem Monat die Rendite der Bundesanleihezu schlagen. Zwar kommen auch sehr hohe kurzfristige Gewinne bei Einzelaktien vor, die häufigste Rendite liegt jedoch knapp unter null. Lösungsvorschlag des Instituts: Durch eine breite Streuung über mehrere Aktien hinweg verringere sich das Risiko, von der Performance eines einzelnen Titels abhängig zu sein.
Der Goldpreis ist wohl die größte Enttäuschung des bisherigen Börsenjahres. Dabei hatten Profis neue Höchststände von 2.200 US-Dollar und mehr erwartet. Derzeit kostet die Unze rund 1.700 US-Dollar. Die Erwartungen wurden zudem Anfang des Jahres noch angeheizt, als die neue US-Regierung Billionen von Dollar an zusätzlichen Ausgaben für Pandemiehilfen, Infrastruktur und grüne Initiativen beschlossen hat. „Wir hatten gedacht, dass ein solcher Sieg der Demokraten positiv für Gold sein würde, da er zu einer größeren Defizitfinanzierung, höheren Steuern und mehr Regulierung führen könnte“, erklärt Joe Foster, Portfoliomanager und Goldstratege bei VanEck. „Der kurzfristige Anstieg der Anleiherenditen und des US-Dollars überlagerte jedoch die längerfristigen Auswirkungen – zumindest vorerst.“
Andere Experten machen dagegen die Stärke von anderen Ersatzwährungen für die Goldpreisschwäche mitverantwortlich. So haben auch das Edelmetall Silber und die KryptowährungBitcoin die Aufmerksamkeit von Anlegern angezogen, die dem traditionellen Geldsystem kritisch gegenüberstehen. Immerhin: Goldfans können die Schwäche nun zum Einstieg nutzen.