Nach der längsten Gewinnserie der US-Börsen seit 2013 haben die Anleger am Freitag erst einmal durchgeschnauft. Ein durchwachsen ausgefallener Arbeitsmarktbericht und Spekulationen über einen bevorstehenden nordkoreanischen Raketentest sorgten vor dem Wochenende für Zurückhaltung. Die wichtigsten Indizes beendeten den Handel vor diesem Hintergrund nur wenig verändert. Der Dow Jones Industrial verlor 0,01 Prozent auf 22.774 Punkte. Auf Wochensicht legte er dank der positiven Entwicklung an den Vortagen um 1,65 Prozent zu. Der breite S&P 500 rutschte am Freitag um 0,11 Prozent auf 2.549 Punkte ab. Der Nasdaq 100 legte um 0,12 Prozent auf 6.065 Punkte zu. Im Zentrum der Aufmerksamkeit standen die jüngsten Jobdaten aus den USA. Vor dem Hintergrund der jüngsten Wirbelstürme gab der Arbeitsmarktbericht für September ein durchwachsenes Bild ab. Erstmals seit sieben Jahren war die Beschäftigung zurückgegangen, auch wenn die Arbeitslosigkeit so niedrig wie zuletzt vor über 16 Jahren war. Zugleich waren die Stundenlöhne so stark gestiegen wie seit 2008 nicht mehr, so dass Experten die Daten daher unter dem Strich positiv sehen.Laut Analyst Patrick Boldt von der Landesbank Helaba könnten nun wieder Spekulationen aufkommen, wonach die Notenbank den Leitzins eher früher als später ein weiteres Mal anheben dürfte. Höhere Zinsen wiederum würden Aktien gegenüber Anleihen in einem ungünstigeren Licht erscheinen lassen.
Die Stundenlöhne so stark gestiegen wie seit 2008 nicht mehr
Nach der Rekordserie an der Wall Street erreichte der DAX in der vergangenen Woche ein neues Allzeithoch. Börsianer blicken jetzt gespannt auf die kommende Berichtssaison, die übernächste Woche turnusgemäß mit den Zahlen des Softwarekonzerns SAP startet. Auch Daimler wird kurz darauf präsentieren. Hier sind Anleger besonders gespannt, wie sich die Geschäfte entwickeln. Schließlich wird die Aktie — wie die aller großen deutschen Automobilhersteller — wegen des Dieselskandals und der Herausforderungen, die die E-Mobilität und das autonome Fahren mit sich bringen, vielfach skeptisch beäugt. Die fundamentalen Voraussetzungen für eine solide Saison aber sind gut, denn die Konjunktur läuft weltweit. Auch wichtige technische Parameter geben grünes Licht. Der VaR-Indikator, ein Risikosignal, das auf Volatilitätsdaten beruht, stellt sich beim aktuellen Check positiv dar.
Auf der Suche nach günstig bewerteten Branchen nennt Hendrik Leber von Acatis neben der Pharmabranche gerade eben die Autohersteller, die wegen Dieselgate und der Herausforderungen durch die E-Mobilität optisch sehr attraktiv bewertet seien. Auch leiden Einzelhändler unter Bewertungsabschlägen, so Leber: „Die Angst vor Amazon vertreibt die Investoren. Außerdem werden wir in einigen Branchen Verknappungen erleben, was die Attraktivität von Firmen in der chemischen Industrie oder bei den Halbleiterzulieferern deutlich erhöht.“
Bei den meisten Herstellern von zyklischen und höherpreisigen Konsumgütern entscheidet sich wiederum im Schlussquartal das Geschäftsjahr. Gerade Unternehmen, die Bücher, Musik, Multimediageräte, Spielwaren und Bekleidung verkaufen, erzielen im Jahresabschlussquartal einen überdurchschnittlichen Anteil ihres operativen Gewinns. Anleger sollten also eher auf jene Unternehmen setzen, die neben einem überdurchschnittlichen Wachstum in ihren jeweiligen Marktnischen eine dominierende Position einnehmen.
Schwellenländer legen wieder zu
Ob in den USA, Europa oder China — die wichtigsten Wirtschaftsmotoren der Welt laufen derzeit auf Hochtouren und treiben die Gewinne der Unternehmen wie deren Aktienkurse. Augenfällig: Die Konjunktur-Unterschiede zwischen Industrie- und Schwellenländern nehmen wieder zu. Bereits vom Jahr 2000 ab bis 2009 wuchsen die aufstrebenden Volkswirtschaften um 4,3 Prozentpunkte pro Jahr stärker als die entwickelten Länder, wie Deutsche-Bank-Analysten berechneten. Die Börsen zwischen Mumbai und Johannesburg legten dementsprechend kräftig zu. Von 2009 bis 2015 verringerte sich dieser konjunkturelle Vorsprung, die Kurse der Unternehmen in den Industrienationen entwickelten sich besser. Seit zwei Jahren nimmt die Wachstumskluft wieder zugunsten der Schwellenländer zu, die Emerging-Markets-Börsen geben wieder mehr Gas als die der etablierten Märkte. „Schwellenländeraktien bieten relativ günstige Bewertungen und starke Wachstumsraten“, sagt Stanley Yeo, stellvertretender Chefstratege beim Investmenthaus IOOF. Risikobereite Anleger können beispielsweise mit dem Amundi ETF MSCI Emerging Markets auf diese Wachstumsgeschichte der aufstrebenden Volkswirtschaften setzen.
Wer in diesen Rekordtagen unbedingt einen Stimmungstöter sucht, kann ihn in Vergangenheitsbetrachtungen finden. So verlaufen Börsenjahre, die mit der Zahl 7 enden, häufig recht turbulent, und das vierte Quartal brachte meist Verluste. Seit 1897 endeten zehn der zwölf Schlussquartale der Jahre, die mit einer Sieben enden, so rechnet der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg vor, mit einem Minus. Einzig 1927 und 1947 kletterten die Kurse bis Sylvester ein wenig nach oben. Negativer Rekordhalter sind die letzten drei Monate des Jahres 1987, als es nach dem Einbruch am Black Monday gleich um 25 Prozent nach unten ging. Das vierte Quartal 1937 landet mit einem Minus von 22 Prozent auf Platz 2 der Horrorliste. 2007 gingen die Kurse von Anfang Oktober bis Ende Dezember um knapp fünf Prozent zurück. Obwohl dieses Phänomen dem statistischen Zufall geschuldet ist — in Zeiten von Kursrekorden sollten Anleger neben dem Investieren auch Absicherungen im Auge behalten.
Nach sicheren Investments haben in den vergangenen Jahren im Zuge der Finanzkrise und der ultralockeren Geldpolitik immer mehr Investoren gesucht. Viele haben sich schließlich für Gold entschieden. Hauptmotivation der Anleger laut Umfrage des Branchenverbands World Gold Council ist der Werterhalt: Das gelbe Edelmetall verliere, so die feste Meinung von 59 Prozent der Befragten, auf lange Sicht nicht an Wert. Ergebnis: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Nachfrage nach Münzen, Barren und goldbesicherten Zertifikaten (ETCs) auf über 190 Tonnen per annum mehr als verzehnfacht. Umgerechnet 1,4 Gramm Gold (ohne ETC-Investments) pro Kopf kaufen die Deutschen inzwischen im Jahr. Da können nicht einmal die goldverrückten Inder oder Chinesen mithalten.