Mit hohem Tempo ist der Markt im Januar nach oben gestürmt. Nach dem besten Januar an der Wall Street seit 30 Jahren haben Börsianer in der ersten vollen Februarwoche einen herben Dämpfer erhalten. Bekannte Gespenster vertreiben die Euphorie: US-Präsident Donald Trump lässt durch seinen Wirtschaftsberater Larry Kudlow ausrichten, dass es nach jetzigem Stand kein Treffen mit Chinas Premier Xi vor Ablauf des Zoll-Ultimatums Anfang März geben werde.
Bleibt es dabei, läuft es auf einen Showdown hinaus, dessen Ausgang ungewiss ist. Das Risiko besteht, dass die Zölle weiter erhöht werden. Das verschärft die Konjunktursorgen. Die EU-Kommission hat ihre Prognose für das Wachstum in der Eurozone 2019 schon einmal vorsichtshalber revidiert: Statt 1,9 Prozent Zuwachs soll es nur 1,3 Prozent geben. Auch die bisherigen DAX-Bilanzen verbreiten keine gute Laune. Laut Commerzbank haben bloß acht Prozent der Konzerne die Prognosen der Bank für das vierte Quartal 2018 übertroffen, 31 Prozent haben enttäuscht. Es gab demnach noch einmal weniger positive Überraschungen als im Weihnachtsquartal. Der DAX reagierte hektisch und fiel zwischenzeitlich bis unter 11.000 Punkte — wobei der Kurssturz bei Wirecard den Leitindex zusätzlich belastete.
Es tut sich wieder einmal ein Graben auf zwischen Europa und den USA. Und das nicht in politischer, sondern in wirtschaftlicher Hinsicht. Denn während auf dem alten Kontinent der ohnehin schwache konjunkturelle Aufschwung schon wieder ein Ende gefunden hat, wächst die US-Wirtschaft weiter. Dies zumindest legen aktuelle Wirtschaftsdaten nahe. So stieg die Zahl der Beschäftigten in den USA im Januar 2019 viel kräftiger an, als von Experten erwartet. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit 1969. Ebenso positiv ist, dass auch der US-Einkaufsmanager-Index klar zulegen konnte, was weiteres Wachstum in der Industrie signalisiert.
Dagegen herrscht im Euroraum Trübsal. Das Ifo-Wirtschaftsklima fiel im ersten Quartal von 6,6 auf minus 11,1 Punkte und hat das erste Mal seit 2014 wieder ein negatives Vorzeichen. Am stärksten haben die Wachstumssorgen in Frankreich und Belgien zugenommen. „Die Konjunkturerwartungen in Frankreich sind regelrecht abgestürzt“, so Clemens Fuest vom Ifo-Institut. Das in die Rezession gerutschte Italien und die zum vierten Mal in Folge gesunkene Industrieproduktion in Deutschland zeigen zudem, dass Europas Konjunktur heftig unter Druck steht.
Ein Grund für das wirtschaftliche Hinterherhinken Europas ist der Nachholbedarf in Sachen Technologie. So stammen 78 Prozent der wichtigsten Tech-Unternehmen im iShares Global Tech ETF aus den USA, Europas Anteil beträgt gerade einmal gut vier Prozent. Immerhin haben Europas Unternehmen das Problem erkannt, glaubt man einer Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte. Demnach ist für 92 Prozent der Befragten Technik inzwischen der wichtigste Treiber von Innovationen. Besonders im Fokus stehen dabei Data Analytics und Cloud-Computing. Hier investieren bereits jeweils mehr als 60 Prozent der befragten Unternehmen. 42 Prozent der europäischen Firmen wollen zudem in den kommenden zwei Jahren Projekte im Bereich künstliche Intelligenz umsetzen. Aber auch Augmented und Virtual Reality, robotergesteuerte Prozessautomatisierung und Blockchain stehen weit oben auf der Investitionswunschliste.
Die anhaltenden Konjunktur- und Handelssorgen haben die Wall Street am Freitag letztlich nur mäßig belastet. Bis zum Börsenschluss konnte der Dow Jones Industrial seine anfänglichen Verluste sichtbar eindämmen: Er verabschiedete sich dank eines Endspurts nur 0,25 Prozent tiefer bei 25.106 Punkten. Auf Wochensicht schaffte er damit ein knappes Plus von 0,2 Prozent.
Damit zollte der US-Leitindex zwar seiner Erholungsrally seit Weihnachten weiter Tribut. Er blieb aber klar über der viel beachteten 25.000er-Punkte-Marke, wo derzeit auch die charttechnisch wichtige 200-Tage-Linie verläuft, die als Indikator für die weitere Kursentwicklung gilt. Bereits am Donnerstag hatte der Dow hier wieder etwas Halt gefunden.
Die anderen US-Aktienindizes kämpften sich vor dem Wochenende sogar in die Gewinnzone: Der marktbreite S&P 500 stieg letztlich um 0,1 Prozent auf 2.708 Punkte und der technologielastige NASDAQ 100 gewann 0,1 Prozent auf 6.913 Zähler.
Die aktuellen Unternehmenszahlen enthielten erneut Licht und Schatten. Das galt vor allem für die Spielwarenbranche: Mattel hatten starke „Barbie“-Verkäufe im Weihnachtsgeschäft zum Jahresende hin überraschend wieder zu schwarzen Zahlen verholfen – Analysten hatten dagegen mit einem erneuten Quartalsverlust gerechnet. Entsprechend schossen die Aktien um gut 23 Prozent hoch. Dagegen verfehlte Konkurrent Hasbro selbst die bescheidensten Erwartungen, was zu einem Kursverlust von knapp einem Prozent führte. Hasbro habe sich immer noch nicht wie erhofft vom Niedergang von Toys „R“ Us erholt, hieß es.
Beim Schuhproduzenten Skechers konnten sich die Anleger nach guten Quartalszahlen über einen Kurssprung von rund 15 Prozent freuen. Das Online-Reisebüro Expedia gab einen überraschend optimistischen Gewinnausblick, was die Aktien um mehr als zwei Prozent anziehen ließ.
Bei Arconic taten sich die Anleger anfangs schwer, die jüngsten Unternehmensnachrichten einzuordnen. Soliden Quartalszahlen sowie den Aufspaltungsplänen des Metallverarbeitungsunternehmens stand eine drastische Dividendenkürzung um zwei Drittel gegenüber. Nach heftigen Kursschwankungen überwog schnell eine negative Interpretation: Die Anteilscheine sackten letztlich um über drei Prozent ab.
Verunsicherte Anleger haben am Freitag dem deutschen Aktienmarkt weiter den Rücken zugedreht. Der Dax sackte am Nachmittag mit der schwachen US-Eröffnung unter die Marke von 11.000 Punkten ab, die er Mitte Januar mühsam zurückerobert hatte. Am Ende fiel der Leitindex um gut ein Prozent auf 10.907 Punkte und knüpfte so an seinen Kursrutsch vom Vortag an. Nachdem es bis zur Wochenmitte noch nach klaren Gewinnen aussah, beendete er die Woche mit einem deutlichen Abschlag von knapp 2,5 Prozent.
Vor diesem Hintergrund ging es am Freitag auch für die übrigen deutschen Indizes auf Talfahrt: der MDAX sank um 1,2 Prozent auf 23.206 Punkte, der SDAX ging sogar um mehr als zwei Prozent in die Knie. Dort sorgte die Leoni-Aktie mit einem Kurseinbruch für Schlagzeilen. Die Papiere brachen letztlich um 32 Prozent ein, sie erreichten im Verlauf den tiefsten Stand seit 2010. Eine Gewinnwarnung des auf Bordnetze spezialisierten Autozulieferers wurde am Markt als „desaströs“ und „alarmierend“ bezeichnet. Nach einem überraschend schwachen Jahresgewinn will der Kabelspezialist seinen Aktionären keine Dividende zahlen.
Im Dax erlitt Wirecard einmal mehr einen Kursrutsch wegen weiter schwelender Vorwürfe gegen den Zahlungsabwickler, dieses Mal um 12,5 Prozent. Wie bekannt wurde, haben Behörden nun die Büroräume in Singapur durchsucht. Eine behördliche Untersuchung sei nach derart negativer Medienberichterstattung ein normaler Prozess, so das Unternehmen. Durch die erneuten Turbulenzen ist eine Zwischenerholung zu Wochenbeginn wieder passé: das Papier fiel unter 100 Euro auf den tiefsten Stand seit einem Jahr.
Von Ceconomy dagegen kamen positive Nachrichten: mit einem Kurssprung um mehr als ein Viertel zündeten die Papiere des Mutterkonzerns der Media-Markt- und Saturn-Ketten an der SDAX-Spitze ein Kursfeuerwerk. Lob gab es für die besser als befürchtete Entwicklung im ersten Geschäftsquartal. Analyst Volker Bosse von der Baader Bank hob nach drei Quartalen mit Rückgängen vor allem das flächenbereinigte Umsatzwachstum hervor.
Beim größten Dax-Gewinner SAP fiel die Kursbewegung mit 0,8 Prozent deutlich weniger spektakulär aus als bei den zuvor erwähnten Unternehmen. Bei dem Softwarekonzern zogen Analysten ein positives Fazit von einer Investorenveranstaltung in New York, bei der klar geworden war, dass die Walldorfer ihren Augenmerk wieder stärker auf die Margen und den Cashflow legen wollen.
Auf europäischer Bühne fielen die Abschläge etwas moderater aus: Der EuroStoxx 50 gab am Ende um knapp ein halbes Prozent auf 3.136 Zähler nach – ähnlich wie der CAC 40 in Paris. Auch der Londoner FTSE 100 schloss etwas leichter.
Rohöl als Waffe – viele Staaten haben das schwarze Gold schon eingesetzt, um ihre politischen oder wirtschaftlichen Ziele durchzusetzen. Zuletzt haben etwa die Vereinigten Staaten de facto ein Importverbot für Öl aus Venezuela ausgesprochen, das mit mehr als 300 Milliarden Barrell (je 159 Liter) die größten Reserven der Welt beherbergt. Der Grund für die US-Sanktionen: Venezuelas Autokrat Maduro soll den Weg freimachen für eine demokratische Regierung. Gleichzeitig bastelt die Organisation erdölexportierender Staaten (OPEC) laut „Wall Street Journal“ derzeit an einer neuen Allianz mit Russland und sechs weiteren Ölförderländern, die dem Kartell nicht angehören. Die sogenannte OPEC+ würde zusammen mehr als die Hälfte der weltweiten Ölproduktion beherrschen. Und dank der Marktmacht könnte der Reiz für den neuen Verbund sehr groß sein, Öl mithilfe von Preis- und Förderabsprachen als Waffe für gemeinsame Interessen einzusetzen.