Nicht nur die Grippe hat 2020 bereits über 100 Menschenleben gekostet, auch im Straßenverkehr dürften hierzulande bereits wieder mehr als 500 Menschen gestorben sein, und das nur bei klassischen Unfällen. Die steigende Zahl der Erkrankungen wegen der hohen Feinstaubbelastung nicht mitgezählt – verantwortlich dafür unter anderem große börsennotierte Konzerne wie Volkswagen mit seinen manipulierten Abgaswerten. Eine Reaktion der Börse darauf war somit nachvollziehbar. Doch die Zahl der Toten durch Corona in Deutschland bislang: Null. Dennoch ist das Thema omnipräsent in den Medien, die von diesen Schlagzeilen leben und sie dementsprechend extrem unangemessen aufblasen.
Dadurch entsteht paradoxerweise als Rückschlag eine Auswirkung auf die Realität, auch auf die der Finanzmärkte, der sich leider auch faktenorientierte Anleger nicht entziehen können. Von einer „Lügenpresse“ zu sprechen wäre sachlich zwar nicht ganz korrekt und der Ausdruck scheint ohnehin für Populisten reserviert zu sein. Aber zweifellos leisten sensationsgeile Zeitungen, Webseiten und TV-Sender mit ihrer alles andere als objektiven Berichterstattung einen wesentlichen Beitrag zur übertriebenen Reaktion der Gesellschaft auf den Corona-Ausbruch.
Es ist daher alles andere als sicher, dass der DAX sich auch nur zeitweise an dem bislang bewährten Kaufbereich um 12.900 / 12.950 stabilisieren kann – was bei normalen Schwankungen im ansonsten intakten Aufwärtstred eigentlich zu erwarten wäre. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass auf einen Einbruch in der Größenordnung des gestrigen Absturzes in der Regel weitere Abverkäufe folgen. Eine vorherige Erholung in Richtung 13.300 ist zwar möglich, aber nur mittelmäßig wahrscheinlich.
Selbst eine Bodenbildung um 12.500 / 12.600 am viel beachteten 200-Tage-Durchschnitt sollte nicht als selbstverständlich angesehen werden, obwohl spätestens knapp darunter im Vorjahr jede Korrektur stoppte. Zumindest aber am unteren Rand des mittelfristigen Aufwärtstrendkanals um 12.000 dürften die Verkäufer sich wieder eine Pause gönnen. Aus heutiger Sicht können Anleger jede Konsolidierung bis in diesen Bereich als Kaufgelegenheit sehen, da der „Virus-Effekt“ nach aktuellem Prognose-Stand bestenfalls zu einer kleinen Wachstumsdelle führen sollte. Unklug wäre es aber, sich gegen den Herdentrieb zu stellen, und zu früh wieder auf Schnäppchenjagd zu gehen. Immerhin sind im Vorjahr hohe Gewinne angefallen, die mitgenommen werden wollen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Börse Online