Die Kursschwäche am vergangenen Mittwoch infolge des Crashs am Ölmarkt hat dem DAX nun den schlechtesten Tag seit fünf Wochen eingebracht, die Erholungsrally hat damit einen empfindlichen Rückschlag erfahren, auch wenn sich die Kurse am Donnerstag und Freitag wieder stabilisierten. Die US-Börsen konnten zumindest am Freitag nach einem schwerfälligen Start im späten Handel kräftig zulegen. Selbst der enttäuschende Ausblick des Chipgiganten Intel geriet in den Hintergrund und wurde letztlich ignoriert. Insgesamt sei der Tag nach dieser sehr turbulenten Woche recht ruhig verlaufen, hieß es. Der Leitindex Dow Jones Industrial ging mit einem Plus von 1,1 Prozent auf 23.775 Punkten ins Wochenende, nachdem er im frühen Geschäft kaum über seinen Vortagesschluss hinausgekommen war. Im Wochenverlauf steht damit dennoch ein Verlust von knapp zwei Prozent zu Buche. Der marktbreite S&P 500 rückte am Freitag um 1,4 Prozent auf 2.837 Zähler vor. Der NASDAQ 100 stieg um 1,7 Prozent auf 8.787 Punkte.
Allmählich sickert die Erkenntnis ins kollektive Bewusstsein, dass der Spuk wohl länger bleibt, als anfangs von Optimisten erhofft. In Deutschland wird die Maske vielerorts Pflicht, ein Medikament oder gar Impfstoff gegen Corona ist noch nicht in Sicht – obwohl erste klinische Tests hierzulande soeben gestartet wurden. Für Aktienanleger bleibt jedoch die künftige Gewinnentwicklung der Unternehmen entscheidend. Noch aber werden die Schätzungen für 2020 weiter gesenkt. Damit bleiben die Börsen schwankungsanfällig. Die gute Nachricht: Die Kursausschläge nehmen, trotz des DAX-Rücksetzers, ab.
Der ZEW-Index gilt als schwankungsanfälliger Konjunkturindikator, werden doch Finanzprofis abgefragt, deren Stimmung sich stärker zwischen Überschwang und Depression bewegt als die Einschätzungen der Manager in der Realwirtschaft. Seinem Ruf wurde der ZEW vergangene Woche eindrucksvoll gerecht. So schoss das Barometer der Erwartungen für die nächsten sechs Monate im April um 77,7 auf plus 28,2 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mitteilte. „Die Finanzmarktexperten sehen Licht am Ende eines sehr langen Tunnels“, so ZEW-Präsident Achim Wambach. Ab der zweiten Jahreshälfte rechneten die Profis wieder mit einem Wachstum. Die Finanzmarktanalysten setzten dabei auf die Rettungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank und der EU-Staaten. Die Lage hatten die Börsianer im April noch deutlich schlechter bewertet: Damals brach das Barometer um 45,4 auf minus 93,9 Zähler ein.
Die Märkte für Hochzinsanleihen haben eines der schlechtesten Quartale aller Zeiten verzeichnet. Knapp 14 Prozent verloren globale High-Yield-Fonds in den ersten drei Monaten 2020 im Schnitt. Doch die Historie hat auch tröstliches parat. So erkennt Michael Gollits, Vorstand der Vermögensverwaltung von der Heydt & Co. AG und Fondsmanager des OVID Infrastructure HY Income, in den vergangenen Krisen ein Muster. „Die Notenbanken senken massiv die Zinsen, der Dollar neigt in solchen Phasen zur Schwäche, und die Regierungen reagieren mit fiskalischen Maßnahmen. Das alles wiederholt sich auch jetzt.“ Daraus resultieren gerade bei High-Yield-Anleihen große Investitionschancen — vor allem in Europa und Asien, wo die Kreditwürdigkeit der Unternehmen höher als in den USA ist. „Die dramatische Ausweitung der Spreads bietet zurzeit einzigartige Einstiegschancen mit wahrscheinlich historisch hohen Renditen in den kommenden zwei, drei Jahren.“ Zugekauft hat Gollits etwa im Bereich erneuerbare Energien. Etwas zurückhaltender äußert sich Thomas Hanson, Leiter High Yield Fixed Income bei Kames Capital. „Trotz attraktiver Titelbewertungen sollten Investoren bedenken, dass diese Krise ganz anders ist als alles, was der Markt bisher erlebt hat. Wir befinden uns in Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen einfach auf unbekanntem Terrain.“
Nicht nur Rohöl, auch die konjunktursensiblen Industriemetalle wie Aluminium oder Kupfer waren zuletzt unter Druck. Einzig die für die Bergbaubranche wichtigen Eisenerznotierungenhielten sich stabil. Denn auf der einen Seite drosseln immer mehr Minenkonzerne ihre Förderung infolge der Corona-Krise. Gleichzeitig stieg zuletzt die Nachfrage aus China wieder, dem größten Stahlproduzenten der Welt. Somit hält sich der Preis für das Erz bei rund 80 US-Dollar je Tonne. Das ist ein gutes Geschäft für die Top-Produzenten Vale, Rio Tinto und BHP Billiton, die das Erz für rund 14 Dollar aus der Erde holen. Aber auch die Minenwerte mussten zuletzt Federn lassen. Denn die Stahlproduktion außerhalb Chinas könnte in diesem Jahr wegen der Corona-Krise im zweistelligen Prozentbereich einbrechen.