Tichys Einblick
Der Marktausblick

DAX-Rekord verschoben

Noch vor wenigen Tagen hatten Hoffnungen auf eine Lösung im Zollkonflikt zwischen den USA und China die US-Börsen zu neuen Rekorden getrieben. Jetzt macht die Euphorie wieder der Ernüchterung Platz.

Daniel Roland/AFP/Getty Images

Es war eine Frage der Zeit, bis das Pendel wieder zurückschwingen würde. Noch vor wenigen Tagen hatten Hoffnungen auf eine Lösung im Zollkonflikt zwischen den USA und China die US-Börsen zu neuen Rekorden getrieben. Jetzt macht die Euphorie wieder der Ernüchterung Platz. Das US-Repräsentantenhaus hat die zuvor vom US-Senat gutgeheißene Unterstützung der ­Widerstandsbewegung in Hongkong als Gesetz beschlossen. US-Präsident Trump deutet an, ebenfalls sein Okay zu geben. Damit droht eine neue Konfrontation der USA mit China. „Das positive Umfeld für Aktien hält an, aber die bekannten politischen Unsicherheiten bleiben“, heißt es deshalb von der Münchner Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen mit Blick auf 2020. Die US-Börse stol­perte nach dem Hongkong-Beschluss, der DAX hat sich die Attacke auf das Allzeithoch, die zum Wochenanfang möglich schien, verkniffen.

Der Dax beendete den Freitag dann gleichwohl wieder etwas fester mit einem Plus von 0,2 Prozent auf 13.164 Zähler und machte damit seine Vortagesverluste wieder wett. Auf Wochensicht bedeutet das für den Leitindex allerdings nach sechs Gewinnwochen in Folge einen Verlust von 0,6 Prozent. Am Dienstag hatte er sich noch mit 13.374 Punkten seinem bisherigen Rekord bei knapp unter 13.600 Zählern aus dem Januar 2018 weiter angenähert. Marktbeobachter Andreas Lipkow von der Comdirect beschrieb die Stimmung hierzulande als „verhalten optimistisch“.

Konjunkturseitig sorgten vor allem die Stimmungsdaten aus dem Dienstleistungssektor in Deutschland aber auch der gesamten Eurozone für einen kleinen Dämpfer. So hatte sich die Unternehmensstimmung im November insgesamt überraschend eingetrübt, wobei dafür allerdings in erster Linie das Dienstleistungsgewerbe verantwortlich gewesen war. „Die Rezession im Verarbeitenden Gewerbe scheint auf den Dienstleistungssektor überzuspringen. Das sind keine guten Neuigkeiten“, urteilte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Erfreulich sei nur, dass die bereits in der Rezession steckende Industrie zugleich einen Boden gefunden zu haben scheine.

Im Dax legten die Aktien von Daimler an der Indexspitze um 2,0 Prozent zu, während die Beiersdorf-Aktien als Schlusslicht 0,9 Prozent verloren. Neuigkeiten zu den beiden Unternehmen gab es keine. Im MDax stiegen die Qiagen-Aktien um 1,8 Prozent und näherten sich damit wieder ihrem Hoch vom Wochenanfang. Das Biotech- und Gendiagnostik-Unternehmen befindet sich in Gesprächen über eine Übernahme. Neue Spekulationen darüber hatten die Papiere am Montag auf den höchsten Stand seit 18 Jahren getrieben.

Für die Anteile von Rheinmetall ging es im MDax um 2,0 Prozent nach oben. Die Investmentbank Oddo BHF hatte die Aktie des Autozulieferers und Rüstungsunternehmens angesichts begrenzter Rückschlagrisiken auf „Neutral“ hochgestuft. Index-Spitzenwert waren die Aktien von Hugo Boss mit einem Plus von 2,5 Prozent.

Im SDAX gewannen die Papiere der JOst Werke 7,5 Prozent. Nach Vorlage der Geschäftsergebnisse aus dem dritten Quartal lobten Analysten die Kostendisziplin und Margenstabilität des Lkw-Zulieferers. Der Hersteller von Waschanlagen WashTec legte nach einem positiven Analystenkommentar sogar um 8,7 Prozent zu.

Der Dow Jones Industrial ging mit einem Plus von 0,4 Prozent auf 27.856 Punkte aus dem Handel. Auf Wochensicht bedeutet dies dennoch einen Verlust von 0,5 Prozent. Der marktbreite S&P 500 legte am Freitag um 0,2 Prozent auf 3.110 Zähler zu. Der technologielastige NASDAQ 100 stieg um 0,1 Prozent auf 8.272 Punkte.

Unter den Einzelwerten zog vor allem der Sportbekleidungshändler Foot Locker mit Zahlen und Aussagen zur Jahresprognose Aufmerksamkeit auf sich. Die Aktien büßten knapp drei Prozent ein und sackten auf den tiefsten Stand seit Anfang September. Zwar hatte Foot Locker mit seinen Zahlen zum dritten Quartal positiv überrascht, doch dampfte das Unternehmen zugleich seine Umsatzerwartungen für das Gesamtjahr ein und will künftig auch keine vierteljährlichen Aussagen zum Ausblick mehr geben.

Auch Intuit enttäuschte mit seinem Quartalsbericht, was der Aktie einen Verlust von mehr als vier Prozent einbrockte. Der Software-Anbieter erwartet für sein zweites Geschäftsquartal ein bereinigtes Ergebnis, das selbst die niedrigste Analystenschätzung verfehlte.

Tesla büßten mehr als sechs Prozent ein. Der Elektroauto-Hersteller stellte einen neuen Elektro-SUV vor, mit dem er in das Kerngeschäft amerikanischer Autoriesen vorpreschen will. Analyst Toni Sacconaghi vom US-Analysehaus Bernstein Research schrieb unterdessen, dass der „Cybertruck“ nur ein Nischenmodell sein werde. Der aggressive Preis könnte aber Fragen nach der Profitabilität aufwerfen.

In Zeiten des Minuszinses sind die Dividendenzahlungen als Sparersatz hochwillkommen. Doch das globale Dividendenwachstum verliert an Schwung, wie aus dem aktuellen Janus Henderson ­Global Dividend Index (JHGDI) ­hervorgeht. „Die Abschwächung der Weltwirtschaft beginnt sich bereits negativ auf die Unternehmensgewinne auszuwirken, davon sind auch die Dividenden betroffen“, erklärt Jane Shoemake, Investment Director of Global Equity Income bei Janus Henderson. Dennoch legten die ­Ausschüttungen auf absoluter Basis um 2,8 Prozent zu und waren mit 355,3 Milliarden US-Dollar so hoch wie noch nie in einem dritten Quartal. Das bereinigte Wachstum, das den stärkeren Dollar sowie einige ­weniger bedeutsame technische Faktoren berücksichtigt, betrug sogar 5,3 Prozent. Die Vorhersage für 2019 bleibt unverändert — Janus Henderson erwartet Rekorddividenden von 1,43 Billionen US-Dollar, was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 3,9 Prozent auf absoluter und 5,4 Prozent auf bereinigter Basis entspricht. Ein neues Allzeithoch erreichten im dritten Quartal die US-Dividenden. Mit acht Prozent lag das bereinigte Wachstum in den USA deutlich über dem globalen Durchschnitt. Größter Dividendenzahler in den USA wird in diesem Jahr AT & T sein. Das Un­ternehmen zieht damit an Apple, ­ExxonMobil und Microsoft vorbei. In Deutschland, Italien und der Schweiz zahlte nur eine sehr kleine Zahl von Firmen im dritten Quartal eine Dividende, doch in allen Fällen erhielten die Aktionäre mehr als im Vorjahr.

Lange war es relativ einfach, die Kurs­trends der norwegischen Krone zu erklären. Denn meist reichte es, die Entwicklung des Ölpreises zu verfolgen. Stieg dieser, gab dies der norwegischen Währung Rückenwind. Nun allerdings sollten Währungs­experten auch die Abhängigkeit des Lands von den Lachsexporten und -preisen einbeziehen, rät die Nordea Bank. Grund: Vor zehn Jahren exportierte Norwegen zehnmal mehr Öl als Lachs aus eigener Zucht. Heute ist es nur rund 3,5-mal so viel. Der Verfall der Fischpreise könne daher die schlechte Performance der norwegischen Krone in diesem Jahr erklären.

Seit Langem hadern Value-Fans mit der vergleichsweise schlechten Kurs­entwicklung der unterbewerteten ­Titel. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre gibt ihnen recht: Laut HQ Trust kamen die Wachstumsaktien weltweit auf ein Plus von 294 Prozent, bei Value-Titeln gab es nur ein Plus von 202 Prozent. „In sämtlichen Re­gionen der Welt sieht das Ergebnis ähnlich aus. In den USA kam es etwa zu einem annualisierten Jahresplus von 18,6 Prozent bei Growth sowie 15,1 Prozent bei Value“, so Marcel Müller, Leiter des Portfoliomanagements bei HQ Trust. Unter den möglichen Ursachen wie Gewinn-, Dividenden-, Währungs- und Bewertungsveränderungen sticht Letztere hervor: „In allen Regionen kommt der größte Anteil des Performance-Unterschieds aus Bewertungsveränderungen: Value ist in allen Regionen günstiger geworden und Growth teurer.“ Soll heißen: Die Zahl der Growth-Fans unter Investoren hat in der vergangenen Dekade erheblich zugenommen.


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