Der deutsche Leitindex DAX erreichte am Freitag sogar einen neuen Allzeitrekord: 16.332 Punkte. Vom republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, war zu hören, eine Einigung in dem Streit lasse sich möglicherweise bereits dieses Wochenende erreichen.
Am Freitag kurz vor Handelsschluss erhielten die Hoffnungen allerdings einen Dämpfer, als bekannt wurde, dass die Republikaner die Verhandlungen mit den Demokraten unterbrochen hatten. Die Demokraten hätten am liebsten eine bedingungslose Anhebung der Grenze, die Republikaner pochen auf Ausgabenkürzungen. Kommt es nicht zu einer raschen Einigung in Bezug auf das Anheben der Schuldenobergrenze, könnte das US-Finanzministerium bereits Anfang Juni seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen. Bereits im Januar ist die vom US-Kongress genehmigte Schuldenobergrenze von 31,4 Billionen Dollar erreicht worden, seitdem ist die Zahlungsfähigkeit durch das Abschmelzen von Reserven aufrechterhalten worden.
Laut einer Studie der Zürcher Kantonalbank (ZKB) befand sich per 10. Mai auf dem Konto, welches das US-Finanzministerium bei der US-Notenbank unterhält, nur noch ein Guthaben von 155 Milliarden Dollar, berichtet die „Neue Zürcher Zeitung“. Letztlich wäre ein Zahlungsausfall weder im Interesse der Demokraten noch jenem der Republikaner. Gleichwohl fürchten sich einige Beobachter vor einem Unfall. Es gebe genügend radikale Republikaner, die jeglichen Kompromiss mit den Demokraten ablehnten, sagt Moritz Kraemer, Chefökonom und Leiter Research bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), mit. Theoretisch gäbe es zudem Möglichkeiten, mit denen die US-Regierung auch im Fall einer Nichtanhebung der Schuldenobergrenze ihre Zahlungen fortsetzen könnte. Eine solche Maßnahme sei beispielsweise eine Priorisierung der Zahlungen, bei der zuerst die Schuldner bedient würden. Als weitere Möglichkeiten nennen Experten die Berufung auf den 14. Verfassungzusatz, gemäß dem die Gültigkeit der Staatsschulden der USA nicht infrage gestellt werden darf. Schließlich könne der US-Präsident die Schuldenobergrenze einfach ignorieren, indem er einen nationalen Notstand ausruft.
Die amerikanischen Börsen gaben vor diesem Hintergrund nach den deutlichen Vortagesgewinnen etwas nach. Der Leitindex Dow Jones Industrial büßte anfängliche Gewinne ein und fiel am Ende um 0,3 Prozent auf 33.427 Punkte. Auf Wochensicht ergibt sich ein Plus von 0,4 Prozent. Der marktbreite S&P 500 verlor gut 0,1 Prozent auf 4.192 Zähler. Für den Nasdaq 100 als Auswahlindex der Technologiewerte ging es um 0,2 Prozent auf 13.803 Punkte nach unten. Die Techwerte haben bislang allerdings ein starkes Jahr hingelegt. Der Nasdaq 100 schaffte bereits ein Plus von mehr als einem Viertel. Insbesondere der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) hilft. Marktstratege Michael Hartnett von der Bank of America warnt bereits vor einer neuen „Techblase“. Der Kurs des Herstellers von Grafikprozessoren und Chipsätzen Nvidia hat sich 2023 schon mehr als verdoppelt, Microsoft bringt es auf ein Plus von rund einem Drittel. Beide gaben nun am Freitag ein wenig nach. Verluste verzeichneten mit minus 2,3 Prozent auch die Anteilsscheine von Applied Materials.
Der Sportschuh- und Sneaker-Händler Foot Locker musste seine Umsatzprognose für das Jahr drastisch senken, was Sorgen für den gesamten Einzelhandel weckte. Die Foot-Locker-Papiere brachen um mehr als 27 Prozent ein. In ihrem Sog fielen auch die Sportartikelhersteller Nike und Under Armour – und zwar um 3,5 beziehungsweise 3,7 Prozent. Der Euro notierte zuletzt bei 1,0802 US-Dollar. Die Rendite für zehnjährige Papiere stieg auf 3,70 Prozent.
Der deutsche Aktienindex DAX hatte dagegen zuvor eine zunächst zäh angelaufene Börsenwoche noch mit einem Rekordhoch krönen können. Mit knapp 16.332 Punkten überflügelte der Leitindex die alte Bestmarke vom November 2021 klar. Die Anleger zeigten sich wie tags zuvor in der Hoffnung auf eine baldige Lösung im US-Schuldenstreit risikofreudig. Kurz vor dem Handelsschluss an den hiesigen Börsen kam allerdings die Nachricht, dass die Republikaner die Verhandlungen mit den Demokraten verlassen hätten. Der DAX dämmte somit seine Gewinne in den letzten Minuten noch auf 0,7 Prozent ein und verabschiedete sich bei 16.275 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen büßte sein Kursplus nahezu komplett ein und schloss um 0,1 Prozent höher bei 27.639 Zählern. Trotz des aktuell historischen Kursniveaus bleiben Experten jedoch skeptisch und mahnen vor einer für die Börsen tendenziell belastenden Gemengelage aus anhaltend hoher Inflation, weiter steigenden Zinsen und einer möglichen Konjunktureintrübung.
Bei den Einzelwerten gingen Adidas-Aktien mit minus 3,3 Prozent als größter DAX-Verlierer als dem Handel. Die Papiere litten unter Abstrahleffekten der gesenkten Jahresprognose durch die US-Sportschuhkette Foot Locker. Daneben sorgten vor allem Analystenkommentare für Bewegung. So gaben die Aktien der Commerzbank um knapp 1,4 Prozent nach. Die Bank of America hatte die Papiere wenige Tage nach der jüngsten Quartalsbilanz auf „Underperform“ abgestuft. Die Experten der US-Bank sehen keinen Spielraum mehr für einen weiteren Kursanstieg. Unter den kleineren Titeln profitierten 1&1 mit einem Aufschlag von fast 4,5 Prozent von einer neuen Kaufempfehlung der Deutschen Bank. Telefonica Deutschland verloren dagegen gut ein Prozent, hier hatte die Deutsche Bank das Kaufvotum gestrichen. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,34 Prozent am Vortag auf 2,47 Prozent.
Wie soll man sich nun aufstellen? Ein Blick auf die ganz schweren Player gibt ein paar Hinweise. In den USA legen die institutionellen Anleger alle drei Monate ihre Bücher offen und machen die Investitionen und Wertpapierverkäufe des abgelaufenen Quartals bekannt. Aufschluss darüber geben die sogenannten 13F-Filings an die US-Börsenaufsicht SEC, welche Großanleger ab einem verwalteten Vermögen von über 100 Millionen Dollar spätestens 45 Tage nach Quartalsende übermitteln.
Warren Buffett, der mit seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway wiederholt ein goldenes Näschen bewiesen hat, verkaufte seine verbleibenden Anteile am Finanzdienstleister BNY Mellon, an der Bank US Bancorp und am Chiphersteller Taiwan Semiconductor. Diese Positionen waren am 30. September des letzten Jahres insgesamt noch 9,7 Milliarden Dollar wert. Beim Ölkonzern Chevron nahm Buffet ebenfalls Gewinne, nachdem die Aktie Ende 2022 auf ein Allzeithoch vorgestoßen war.
Andererseits hat er 9,9 Millionen Aktien vom Finanzdienstleister Capital One erworben, eine Position, die Ende März mit 954 Millionen Dollar bewertet wurde. Auch wurde der Anteil an Occidental Petroleum auf fast 212 Millionen Aktien aufgestockt. Letzteres zeigt, dass Buffett trotz nachlassender Inflation weiterhin auf Titel aus dem Energiesektor setzt.
Buffetts Unternehmen meldete auch größere neue Beteiligungen an Apple, Bank of America (BoA), Citigroup und HP. Der Technologiekonzern Apple macht damit neu 46 Prozent am Portfolio von Berkshire Hathaway aus. Dahinter folgen BoA (neun Prozent), American Express (acht Prozent), Coca Cola (knapp acht Prozent) und Chevron (sieben Prozent).
Die von George Soros geführte Soros Fund Management hat den Börsenaufschwung von Tesla – plus 68 Prozent im ersten Quartal – in diesem Jahr ausgenutzt und seinen gesamten Anteil im ersten Quartal verkauft. Soros hatte seinen Bestand an Tesla-Aktien im zweiten Quartal 2022 schrittweise aufgestockt und hielt Ende letzten Jahres rund 132.000 Aktien. Durch die Veräußerung dieser Position konnte der Fonds wahrscheinlich erhebliche Gewinne erzielen.
Soros verringerte auch seinen Anteil an dem Elektrofahrzeug-Startup Rivian Automotive und hielt zum Ende des ersten Quartals noch 3,58 Millionen Aktien. Im Bankensektor reduzierte Soros seinen Anteil an der First Horizon Bank um 14 Prozent auf 7,31 Millionen Aktien. Wohl weil die Bankenbranche die größten Turbulenzen seit der Finanzkrise von 2008 durchlebte. In der Zwischenzeit kaufte der Fonds im Laufe des Quartals neue Aktien von Walmart, Netflix und dem chinesischen E-Commerce-Unternehmen JD.com. Den größten Zukauf tätigte Soros beim Biopharmaunternehmen Horizon Therapeutics, das neu mit knapp sechs Prozent die größte Position einnimmt. Dieses eher hoch bewertete Unternehmen konzentriert sich auf die Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von Arzneimitteln, die den kritischen Bedarf von Menschen decken, die von seltenen und rheumatischen Erkrankungen betroffen sind.
Viele Anleger kennen Michael Burry aus dem Film „The Big Short“. Dort spielt Christian Bale einen Hedgefonds-Manager, der mit seiner Wette gegen den US-Immobilienmarkt 2007 das große Geld machte. Stand 31. März hat die Investitionsfirma Scion Asset Management, deren Chef und Gründer Michael Burry ist, Anteile kleinerer Banken – First Republic, Pacific Western, Western Alliance, New York Community Bank und Huntington Bank – erworben und dabei wahrscheinlich von dem Chaos profitiert, das in diesem Zeitraum um die regionalen Kreditinstitute herrschte. Burry kaufte auch andere Finanztitel, insbesondere Wells Fargo und Capital. Burry hat sich im letzten Quartal auch mit Energie- und Rohstoffaktien eingedeckt. Auf der anderen Seite veräußerte Burry seine Positionen in Black Knight, MGM Resorts, Qurate Retail, SkyWest und Wolverine Worldwide.