Der Wall Street ist nach den deutlichen Vortagsgewinnen am Freitag der Schwung ausgegangen. Im Fokus standen erneut die Geschäftsberichte etlicher Unternehmen, unter denen vor allem Amazon überzeugte – die Aktien des weltgrößten Versandhändlers kletterten auf ein Rekordhoch. Aktuelle Konjunkturdaten hatten unter dem Strich kaum Einfluss auf die Kurse.
Der Dow Jones Industrial schloss 0,05 Prozent tiefer bei 24.311 Punkten. Nach dem schwachen Wochenstart und der anschließenden Erholung verbuchte der US-Leitindex damit unter dem Strich ein minimales Wochenminus. Der marktbreite S&P 500 stieg am Freitag um 0,1 Prozent auf 2669 Punkte. Der technologielastige Auswahlindex NASDAQ 100 gewann erstmals 0,1 Prozent auf 6.656 Zähler.
Vor dem Wochenende glänzten vor allem einige Technologieunternehmen mit guten Zahlen. Die Aktien von Amazon kletterten auf ein Rekordhoch und behaupteten mit einem Kursplus von letztlich 3,6 Prozent auf 1.573 Dollar einen der vorderen Plätze. Dank des boomenden Internethandels und florierender Cloud-Dienste war der Umsatz zu Jahresbeginn um 43 Prozent auf 51 Milliarden Dollar gestiegen und hatte damit die Erwartungen übertroffen. Der Überschuss war von 724 Millionen auf 1,6 Milliarden Dollar geklettert. Damit wurde erneut die Milliardenmarke geknackt, was im Vorquartal erstmals gelungen war. Die Analysten der Credit Suisse und der US-Bank JPMorgan lobten die Zahlen. Sie bekräftigten ihre Kaufempfehlungen für die Aktie und hoben ihre Kursziele deutlich über das aktuelle Bewertungsniveau an.
Auch der Softwarekonzern Microsoft hatte im ersten Quartal kräftig vom Geschäft mit Cloud-Diensten profitiert. An der Börse reichte das für ein Plus von 1,65 Prozent. Anders erging es dem Halbleiterhersteller Intel, dessen Anteilscheine trotz des guten Geschäfts mit Rechenzentren 0,6 Prozent verloren.
Bei T-Mobile US, der US-Mobilfunktochter der Deutschen Telekom, freuten sich die Anleger dank Fusionsfantasien dagegen über ein Kursplus von 0,7 Prozent. Nach mehreren erfolglosen Versuchen könnten die Bonner ihre Tochter nun unerwartet schnell mit dem Rivalen Sprint verkuppeln. Die Unternehmen hätten Fortschritte bei ihren Fusionsverhandlungen gemacht und könnten die Gespräche schon in der kommenden Woche abschließen, hieß es in einem Medienbericht. Die Sprint-Titel gewannen daraufhin sogar 8,3 Prozent.
Auf ein sehr unterschiedliches Echo am Markt stießen die Quartalsberichte der Ölkonzerne ExxonMobil und Chevron: Die zuletzt gut gelaufenen ExxonMobil-Titel büßten am Dow-Ende 3,8 Prozent ein, da das Unternehmen seinen Gewinn trotz höherer Ölpreise nicht ganz so kräftig gesteigert hatte wie erwartet. Dagegen zählten die jüngst ebenfalls schon starken Chevron-Aktien mit einem weiteren Plus von 1,9 Prozent zu den Favoriten der Anleger im US-Leitindex. Anders als der größere Konkurrent hatte Chevron den Ölpreisanstieg in einen überraschend hohen Quartalsgewinn ummünzen können.
Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) gefiel den Börsianern augenscheinlich: ein Beschluss für eine weitere Verringerung der Anleihekäufe wurde nicht gefasst. Auch der Leitzins in der Eurozone bleibt da, wo er ist, bei null Prozent. EZB-Präsident Mario Draghi verschiebt die Zinswende im Euro-Raum damit auf unbestimmte Zeit. Die Gemeinschaftswährung reagierte wie wohl beabsichtigt — sie fiel zum Dollar. Das nimmt Druck von den europäischen Exporteuren, die in den vergangenen Monaten unter der Euro-Stärke litten, wie viele Unternehmensbilanzen zeigen. Die Entscheidung der EZB beruht indes auf Fakten, die wenig erfreulich sind: Zuletzt fiel die Inflation in der Eurozone stärker hinter das Ziel der EZB zurück, die Konjunktur flaut ab. Die Bundesregierung senkte ihre Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft, der Aufschwung schwächelt — was auch am schwelenden Handelskonflikt mit den USA liegt. Der DAX hat es entsprechend schwer, nach oben auszubrechen.
Neuer Name, neue Zusammensetzung: Das Münchner Ifo-Institut hat vergangene Woche erstmals das Ergebnis seines neuen Geschäftsklimaindexes Deutschland veröffentlicht. Im Unterschied zum alten Index wird neben der gewerb-lichen Wirtschaft nun auch der weniger zyklische Dienstleistungssektor berücksichtigt. Damit trägt das Ifo-Institut der gestiegenen Bedeutung dieses Sektors für die Gesamtwirtschaft Rechnung, der 50,5 Prozent des Gesamtindex entspricht. Zudem ist das Basisjahr des Index auf 2015 umgestellt worden. Nach der neuen Methode ist der Geschäftsklimaindex im April um 1,2 auf 102,1 Punkte gesunken. Das ist der fünfte Rückgang in Folge. „All dies stützt unsere Sicht, dass der Stimmungszenit überschritten ist“, erklärt Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. „Das schwächere Geschäftsklima stellt die Fortsetzung des Aufschwungs unseres Erachtens aber nicht infrage“, so Krüger. Mit der hohen Weltnachfrage und dem Zinsdoping der EZB bestünden vielmehr unverändert günstige Wachstumsbedingungen.
Die Förderkürzungen der OPEC und mögliche Sanktionen der USA gegen den Iran treiben den Ölpreis weiter. Vergangene Woche kletterte die Notierung für ein Barrel der Sorte WTI auf knapp 75 US-Dollar, ein Plus von rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gut für Ölunternehmen wie den französischen Konzern Total. Dieser vermeldete vergangene Woche einen zweistelligen Gewinnzuwachs im ersten Quartal. Der bereinigte Nettogewinn stieg um 13 Prozent auf 2,9 Milliarden US-Dollar. Und der britisch–niederländische Ölgigant Shell konnte mit 5,7 Milliarden Dollar — 69 Prozent mehr als vor Jahresfrist — sogar den höchsten Quartalsgewinn seit 2013 ausweisen. Wie es mit dem Ölpreisen weitergeht, hängt maßgeblich von Donald Trump ab. Der US-Präsident will bis zum 12. Mai entscheiden, ob er den Atomdeal mit dem Iran aufkündigt und Strafmaßnahmen folgen lässt.
Fachleute beklagen bei Anlegern meist einen starken Home Bias. Das heißt: Die Deutschen halten zu viele Aktien von BASF, Daimler oder Siemens und schauen sich zu wenig in der Welt um. Das Problem daran: Auf diese Weise werden Renditechancen von Aktien aus anderen Ländern verschenkt. Einziger Trost für die Deutschen: Ähnliches gilt in unterschiedlichem Maße auch für Briten, Franzosen und Schweizer. Warum also nicht in den Euro-Stoxx-50-Index investieren, der die 50 größten Aktien aus der Eurozone enthält? Viel gewonnen wäre damit allerdings nicht, machen deutsche Bluechips doch rund ein Drittel des Euro Stoxx 50 aus. Beim MSCI Europe und dem Stoxx 50 liegen die Werte niedriger, weil beide Indizes auch britische und Schweizer Aktien umfassen. Beim Industrieländerindex MSCI World und beim MSCI All Country World, der auch Emerging Markets berücksichtigt, spielen deutsche Aktien immerhin kaum eine Rolle. Dafür US-Aktien mit 60 respektive 52 Prozent des jeweiligen Gesamt — ein US-Bias also.