Die gute Nachricht für US-Verbraucher: In den kommenden Monaten wird der Preisdruck wohl leicht zurückgehen. Die schlechte: Ein deutlicheres Minus ist wohl erst ab dem zweiten Quartal realistisch. Zudem mehren sich die Anzeichen, dass in den Vereinigten Staaten die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale in Gang kommen könnte. Notenbankchef Jerome Powell hat daher schon durchblicken lassen, dass die Fed 2022 mit bis zu vier Zinserhöhungen und einer Reduktion ihrer Bilanzsumme im Herbst gegensteuern will. „Aktienanleger müssen auf unruhige Märkte gefasst sein, da die US-Notenbank ihren Kurs ändern wird, um die unerwartet hohe Inflation in den Griff zu bekommen“, meint daher Matt Peron, Director of Research bei Janus Henderson Investors.
Zum Start der US-Berichtssaison sorgten am Freitag Quartalszahlen und Ausblicke einiger US-Finanzkonzerne überwiegend für Enttäuschung. Der Dow Jones Industrial ging daraufhin mit einem Abschlag von 0,6 Prozent auf 35.912 Punkten ins verlängerte Wochenende – am Montag ist in den USA Feiertag und die Börse geschlossen. Technologiewerte erholten sich im späten Handel von ihrem Ausverkauf am Vortag und halfen somit auch dem Gesamtmarkt, seine Einbußen zu verringern. Auf Wochensicht verbuchte der Dow ein Minus von 0,9 Prozent.
Der marktbreite S&P 500 drehte am Freitag im späten Handel ins Plus und schloss 0,1 Prozent höher auf 4.662 Punkten. Der technologielastige NASDAQ 100 gewann letztlich 0,8 Prozent auf 15.612 Punkte. Damit gelang ihm gerade noch so eine positive Wochenbilanz. Aktien aus der Halbleiterbranche zogen deutlich an, Applied Materials legte um jeweils mehr als sechs Prozent zu.
Insgesamt war es eine Woche geprägt von teils hohen Kursschwankungen. Vor allem Technologiewerte gerieten zeitweise erheblich unter Druck. Sie leiden besonders unter Zinsängsten, die noch einmal größer geworden sind, nachdem einige US-Währungshüter signalisiert hatten, die Inflation aggressiv bekämpfen zu wollen.
US-Konjunkturdaten gaben am Freitag kaum Anlass zur Freude. So fielen die Umsätze im wichtigen US-Einzelhandel im Dezember deutlich stärker als erwartet. Die Industrieproduktion für Dezember konnte mit den Erwartungen ebenfalls nicht mithalten. Auch das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima enttäuschte und fiel im Januar auf den niedrigsten Stand seit über zehn Jahren.
Den Auftakt bei den Unternehmenszahlen für das vierte Quartal machten vor dem Wochenende traditionell einige Großbanken, deren Ergebnisse jedoch mehrheitlich die Erwartungen nicht erfüllten. Dazu gehörten auch die Zahlen von JPMorgan. Das US-Geldhaus verdiente im vierten Quartal weniger als ein Jahr zuvor, aber immer noch mehr als von Analysten erwartet. Allerdings lief das Handelsgeschäft schlechter als von Experten gedacht.
JPMorgan-Chef Jamie Dimon warnte zudem vor anhaltenden Inflationsrisiken und stellte Investoren auf deutlich steigende Kosten ein. Das kam am Markt nicht gut an: Die JPMorgan-Aktien rutschten am Dow-Ende um 6,2 Prozent ab. Mit American Express und Goldman Sachs waren zwei weitere Finanzwerte im US-Leitindex unter den größten Verlierern mit Kursverlusten von 2,8 beziehungsweise 2,5 Prozent.
Die Papiere des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock verloren nach Quartalszahlen 2,2 Prozent. Besser lief es für Wells Fargo, deren Aktien nach Vorlage des Quartalsberichts um 3,7 Prozent anzogen. Schwindende Sorgen wegen fauler Kredite bescherten der Bank auch Ende 2021 einen Gewinnsprung.
Wird 2022 das Jahr des DAX? Im Vergleich zur amerikanischen Konkurrenz ist das deutsche Börsenbarometer günstig bewertet. Das relativiert sich etwas durch die Zusammensetzung der Indizes: Die Amerikaner haben dank ihrer starken Tech-Unternehmen einen Aufschlag verdient. Wenn aber die Zinsen steigen, trifft das in der Logik der Aktienmärkte vor allem hoch bewertete Wachstumswerte, von denen es in Deutschland nur wenige gibt. Nicht ausreichend gewürdigt wird die Evolution in der Unternehmenskultur im DAX: Die Dividende wird bei immer mehr Indexmitgliedern ernst genommen. Auch Aktienrückkäufe wie jetzt bei BASF oder auch Adidas gewinnen an Akzeptanz. Auf die Wertentwicklung des DAX sollte das zumindest auf längere Sicht einen positiven Effekt haben und damit auch den Anlegern helfen. Der Jahresauftakt für die deutschen Standardwerte ist unspektakulär: Der DAX bewegt sich weiterhin nahe seines Rekordhochs. Was fehlt, ist ein klarer Impuls für den Durchbruch.
Am Freitag verstimmten durchwachsene Geschäftszahlen von US-Banken zu Beginn der Bilanzsaison Europas Anleger am Freitag. Dax und EuroStoxx50 gaben am Nachmittag je 1,1 Prozent auf 15.852 und 4263 Punkten nach. Vorsichtig stimmten die Anleger die hohen Inflationsraten und die Aussicht auf eine straffere US-Geldpolitik sowie die Omikron-Welle. „Die 16.000 ist im Moment eine verdammt hohe Hürde für den Dax“, sagte Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. „Die Angst, gleich zu Jahresbeginn auf der falschen Seite positioniert zu sein, ist riesig.“ Auch die jüngsten US-Konjunkturdaten fielen überwiegend schwächer aus als erwartet. Die Einzelhandelsumsätze sanken im Dezember um 1,9 Prozent. Experten hatten mit Ausgaben auf dem Niveau des Vormonats gerechnet. Im November waren sie noch um 0,3 Prozent gestiegen. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.
Die Furcht vor Versorgungsengpässen und der zuletzt schwächere Dollar trieben die Ölpreise weiter in die Höhe. Das Nordseeöl Brent verteuert sich um bis zu 1,5 Prozent auf 85,75 Dollar je Fass und kostete damit so viel wie seit Ende Oktober nicht mehr. Der Preis für das US-Öl WTI stieg ebenfalls um 1,5 Prozent auf 83,35 Dollar je Barrel und markierte den höchsten Stand seit Mitte November.
Am deutschen Aktienmarkt notierten SAP nach vorläufigen Geschäftszahlen 1,2 Prozent tiefer. „Die operative Gewinnmarge hat mit dem Umsatzanstieg nicht schrittgehalten“, monierte ein Börsianer. Zudem sei der Ausblick recht zurückhaltend. Die Markterwartung an das Betriebsergebnis liege am oberen Ende der von SAP angepeilten Spanne.
Gefragt waren dagegen die Aktien von Wacker Chemie – die Titel des Spezialchemiekonzerns setzten sich mit einem Plus von 7,8 Prozent an die MDax-Spitze. Wacker Chemie hat den operativen Gewinn im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt und die Erwartungen damit deutlich übertroffen. Auch für die Aktie der Deutsche-Bank-Tochter DWS ging es nach einer positiv aufgenommenen Bilanz bergauf. Die Titel legten im SDax 2,6 Prozent zu.
Es ist eine schwere juristische Niederlage für den Facebook-Konzern Meta. Ein Gericht in Washington hat vergangene Woche entschieden, dass die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) nun doch eine — nachgebesserte — Klage vorantreiben darf, um die Marktmacht von Facebook zu beschränken. Der Vorwurf lautet, dass Facebook mit den Übernahmen von Whatsapp und Instagram unrechtmäßig sein Monopol geschützt habe. Von den zahlreichen Klagen, denen der Tech-Gigant gegenübersteht, ist diese eine der gefährlichsten für den Bestand der Unternehmens. Denn am Ende des Verfahrens könnte sogar die Zerschlagung des Konzerns stehen. Die Meta-Aktie reagierte dennoch kaum auf den Richterspruch. Ein Grund: Bis ein endgültiges Urteil fällt, dürften noch Jahre vergehen.
China hat ein Vertrauensproblem an den Märkten. Zum Jahresende 2020 feierten die Finanzmärkte China als Welt-Konjunkturlokomotive, nachdem das Land unter den wenigen war, die im ersten Pandemiejahr eine positive Bilanz ziehen konnten. Entsprechend erwartungsvoll war das Analystensentiment in den internationalen Finanz-Leitmedien wie dem „Wall Street Journal“ und der „Financial Times“ mit einem Saldo von plus 24,6 Zählern im ersten Quartal 2021. Dies zeigt die Auswertung des Züricher Medienanalyse-Instituts Media Tenor. Nur bezogen auf die Zukunftsaussagen, lag der Saldo zu China damals sogar bei plus 30,7. Mit Blick auf die EU waren die Einschätzungen der Finanzprofis deutlich pessimistischer, zu den USA immerhin eher positiv. „Im Jahr 2021 hat sich das Meinungsklima zu China in den Analystenzitaten stark verschlechtert und liegt zum Jahresende mit minus 39 im klaren Risikobereich“, so Matthias Vollbracht, Leiter Research bei Media Tenor. „Weil der Abschwung im Meinungsklima so groß und so lang anhaltend ist, kann von einem Vertrauensproblem gegenüber China gesprochen werden.“ Das lenkt den Blick der Märkte auf Alternativen, und hier werden unter anderem die Chance in Europa oder den USA betont — Pandemie hin oder her. Insgesamt wurden 65.562 Aussagen in den Leitmedien ausgewertet.