Für das US-Unternehmen sind die Folgen gravierend. Etwa 20 Prozent seines Umsatzes macht das Unternehmen Apple in der Volksrepublik. Das wertvollste Unternehmen der Welt verlor zeitweise mehr als 200 Milliarden Dollar an Börsenwert, in den vergangenen Tagen gab der Aktienkurs insgesamt um mehr als sechs Prozent nach. Das zog den amerikanischen Tech-Index Nasdaq ins Minus und viele andere Indizes in den USA und weltweit. Neben Apple verloren weitere Highflyer der vergangenen Monate wie Nvidia, Qualcomm oder Walgreens deutlich an Wert.
Ist das bloß eine Delle oder der Beginn eines Börsencrashs? Star-Investor Michael Burry glaubt die Antwort zu kennen: Er geht von einem Absturz aus. Burry ist dabei nicht irgendjemand. Bekannt wurde er vor fünfzehn Jahren, weil er als Hedge-Funds-Manager auf das Platzen der Immobilienblase in den USA spekuliert hatte und seine Anleger reich machte. Im Film „The Big Short“ wurde ihm ein Denkmal gesetzt. Seither wird jede seiner Aussagen auf die Goldwaage gelegt und seine Transaktionen genau beobachtet. Anhand der Meldepflichten bei der US-Börsenaufsicht SEC wurde bekannt, dass er jetzt Put-Optionen auf Indexfonds platziert hat, welche die wichtigen US-Indizes S&P 500 und Nasdaq abbilden.
In Europa entwickelt sich dagegen gerade ein neuer Börsenliebling. Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk hat mit Saxenda und Wegovy die beiden einzigen neuartigen Medikamente im Angebot, die derzeit zur Behandlung von Fettleibigkeit in den USA zugelassen sind. In dieser Woche überrundete Novo Nordisk deshalb erstmals den französischen Hersteller von Luxusgütern LVMH als wertvollste europäische Firma. Zum Vergleich: Die beiden Schweizer Pharmaschwergewichte Roche und Novartis sind jeweils nur halb so viel wert. Die hohe Bewertung stützt sich auf Prognosen von Finanzanalysten, die davon ausgehen, dass die branchenweiten Umsätze in diesem Therapiegebiet bis Ende der laufenden Dekade explodieren werden. Die Experten von Bloomberg Intelligence rechnen beispielsweise mit über 40 Milliarden Dollar pro Jahr, die Analysten des Brokerhauses Jefferies sogar mit 100 Milliarden Dollar.
Doch nicht alle Branchenbeobachter teilen diese Euphorie. Zurückhaltender ist beispielsweise die Schweizer Großbank UBS. Sie vertritt die Ansicht, dass der gewichtigste Kostenträger im US-Gesundheitssystem, die staatliche Krankenversicherung Medicare (auf ihre Leistungen haben alle über 65-jährigen Amerikaner Anspruch), die Aufwände für Therapien gegen Fettleibigkeit auch künftig nicht erstatten wird. Sie empfiehlt, Gewinne mitzunehmen und die Aktie zu verkaufen. Auch andere Finanzinstitute scheinen kalte Füße zu bekommen. Von den 32 Analytikern, deren Empfehlungen in der Datenbank von Bloomberg enthalten sind, rät nur noch rund die Hälfte dazu, Positionen in Novo Nordisk aufzubauen.
Die US-Börsen konnten sich zum Ende einer schwachen Woche etwas stabilisieren. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss am Freitag 0,2 Prozent höher bei 34.577 Punkten. Er dämmte seinen Wochenverlust damit auf 0,8 Prozent ein. Der marktbreite S&P 500 verabschiedete sich 0,1 Prozent im Plus mit 4.457 Punkten ins Wochenende. Für den technologielastigen Nasdaq 100 ging es um ebenfalls 0,1 Prozent hinauf auf 15.280 Punkte, womit er auf Wochensicht 1,4 Prozent einbüßte.
Die zuletzt schwachen Papiere von First Solar profitierten mit einem Kursanstieg um 1,5 Prozent von positiven Analysten-Einschätzungen nach dem Kapitalmarkttag des Solarkonzerns.
Die Anteilsscheine des Computerspiele-Einzelhändlers Gamestop verloren hingegen 6,3 Prozent. Einem Medienbericht zufolge ermittelt die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC gegen Unternehmenschef Ryan Cohen. Am Donnerstag hatten die Titel dank guter Quartalszahlen letztlich noch zugelegt.
Der Stabilisierungsversuch des Euro zum Ende einer auch für ihn verlustreichen Woche verpuffte weitgehend. Die Gemeinschaftswährung rutschte auf 1,0701 US-Dollar ab.
US-Staatsanleihen entwickelten nach einem verhaltenen Start auch im weiteren Handelsverlauf keine Dynamik. Die Rendite für zehnjährige Anleihen lag bei 4,26 Prozent.
Zuvor hatte auch der Dax seine anfänglichen Verluste ausgleichen können. Im Tagestief näherte sich der Leitindex dem unteren Ende seiner wochenlangen Handelsspanne, die zwischen etwa 15.500 und 16.000 Punkten liegt. Gestützt auf die relativ robusten US-Börsen konnte er sich aber erholen. In der Spätphase des Handels berichtete die Deutsche Börse als Börsenbetreiber allerdings von technischen Problemen bei der Indexberechnung, die auch nach Handelsschluss noch anhalten und daher nur vorläufige Schlusskurse zulassen.
Der nach der üblichen Schlusszeit zuletzt ausgewiesene Kurs ergab für den Dax ein Plus von 0,14 Prozent auf 1.740,30 Punkte. Bleibt es dabei, stünde damit ein Wochenminus von 0,7 Prozent zu Buche. Für den MDax der mittelgroßen Titel ging es dagegen laut dem letzten bekannten Kurs noch einmal um 0,4 Prozent auf 27.061 Zähler nach unten, der vierte Verlusttag in Folge.
Laut den Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen werfen die Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed, die in den nächsten beiden Wochen anstehen, bereits ihre Schatten voraus. Gerade im Fall der EZB herrsche weiter Unsicherheit darüber, ob eine weitere Zinserhöhung kommen werde.
Während sich die Konjunktursorgen mehren, bleibt die Inflation hartnäckig hoch. Wie das Statistische Bundesamt bekanntgab, fiel die die Steigerung der Konsumentenpreise in Deutschland im August mit 6,1 Prozent nur minimal geringer aus als im Juli mit 6,2 Prozent.
Covestro trug dazu bei, dass der Dax sein Minus ausglich. Die Aktie sprang am Nachmittag in der Spitze um elf Prozent nach oben. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtete, soll der Aufsichtsrat des Chemiekonzerns noch am Wochenende zusammenkommen, um über die Aufnahme formeller Verhandlungen mit dem Kaufinteressenten Adnoc aus Abu Dhabi zu beraten. Zuletzt betrug das Plus bei Covestro noch fast acht Prozent. Für Branchenfantasie sorgte dies in der Chemiebranche jedoch nicht. Im Dax büßten die Aktien von BASF zum Beispiel 1,4 Prozent ein.
Zum Schlusslicht im Leitindex wurden die Aktien von Zalando mit einem Abschlag von 5,1 Prozent. Hier setzte sich der Abwärtstrend ungebrochen fort. Die Titel des Online-Händlers erreichten den niedrigsten Stand seit fast zwei Monaten.
Analystenlob der Bank of America hievte ansonsten die Aktien von CTS Eventim im MDax mit 3,9 Prozent ins Plus. Live-Musik sei, wie die Geschichte zeige, selbst in Zeiten der Not einer der Bereiche, in dem kaum gespart werde. Dies könnte sich positiv bemerkbar machen, wenn sich das globale makroökonomische Umfeld verschlechtere.
Im Rentenhandel fiel die Umlaufrendite von 2,65 Prozent am Vortag auf 2,63 Prozent.
In der neuen Woche könnte frischer Wind in die zuletzt schwankenden Aktienmärkte kommen. Allerdings rechnen Experten bis zum EZB-Zinsentscheid am Donnerstag damit, dass der Dax in seinem Bewegungsrahmen der vergangenen Monate verbleibt. Seit Ende März stabilisiert er sich immer wieder bei etwa 15.500 Punkten, doch nach oben war nach dem Rekordhoch von Ende Juli zuletzt bei ungefähr 16.000 Punkten Schluss.
Wenn die EZB dann am Donnerstag tagt, gehen die Marktteilnehmer davon aus, dass die Frage einer weiteren Zinsanhebung unter den Entscheidern ebenso intensiv diskutiert wird wie zuletzt unter Anlegern. Die Mehrheit der Marktteilnehmer geht derzeit von einer Zinspause aus. Robert Greil von der Privatbank Merck Finck glaubt dagegen, dass die EZB nun die letzte Chance hat, um den Leitzins noch einmal um 0,25 Prozentpunkte anzuheben. „Sollte die EZB jetzt keine Zinsanhebung mehr beschließen, dürfte in diesem Zinszyklus auch keine weitere mehr kommen – es sei denn, die Inflation steigt wider Erwarten etwa wegen weiter steigender Energiekosten noch einmal deutlich an“, betonte der Experte.
Laut Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel, wird das globale Wachstum mit rund drei Prozent in diesem und im kommenden Jahr im historischen Vergleich schwach ausfallen. Parallel falle nämlich China als „Lokomotive für die Weltwirtschaft“ aus. Daher dürfte sich der Markt mit der Richtungssuche weiter schwertun. „Aus Sentiment-Sicht werden Kursrutscher als Einstiegsgelegenheit wahrgenommen, während Ausbrüche nach oben durch Gewinnmitnahmen ausgebremst werden“, argumentiert auch Robert Halver von der Baader Bank. Erst wenn es Entlastung an den Problemfronten gebe, sei mit weitreichenderen Aufwärtsimpulsen zu rechnen.
Die Agenda hat in den kommenden Handelstagen indes noch mehr zu bieten als den EZB-Entscheid. Vor allem werden hier von Experten die am Mittwoch und Donnerstag erwarteten Zahlen zur Inflation und den Einzelhandelsumsätzen aus den USA genannt. Gehofft wird auf Signale, die für mehr Zuversicht unter den Anlegern sorgen könnten.
Mit Apple rückt eine Aktie, die auch ganze Märkte bewegen kann, am Dienstag ins Blickfeld. Nach dem jüngsten Kursrutsch der Papiere dürften Anleger auf einem Produktevent besonders genau hinschauen, was der iPhone-Hersteller verkündet. Jefferies-Analyst Andrew Uerkwitz erwartet die Vorstellung des iPhone 15, aber ohne „Wow“-Faktor.