Tichys Einblick
Daimler bringt Lkw-Sparte an die Börse

Freude für den Daimler-Aktionär – Sorgen für den Standort

Die geplante Aufspaltung des Daimler-Konzerns wird von Experten als Vorstufe für eine weitere Konzentration in der Branche gewertet.

Unter dem jungen Konzernchef Ola Källenius kommt der betuliche Daimler-Konzern nicht zu Ruhe: Nach der großen Sparkeule holt er zum nächsten Schlag aus und will die Lkw-Sparte an die Börse bringen. Anders als seine Vorgänger im Amt, die strategischen Luftschloß- und Bullshit-Castle-Erbauer Reuter und Schrempp, fügt er nicht zusammen, was auch strategisch ohnehin nicht zusammen passte. Sondern er spaltet auf, was zusammen gewachsen war und wofür der Leuchtturm der deutschen Autoindustrie seit 100 Jahren steht: Der Daimler Konzern soll aufgeteilt und der Geschäftsbereich Daimler Truck als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht werden. Ola Källenius verspricht sich davon mehr Schlagkraft und Wertsteigerung für das Lkw- und Pkw-Geschäft.

Der Källenius-Plan im Einzelnen 
Strategische Zielsetzung

Die strategische Zielsetzung hinter der Zerlegung der Daimler-Automobilsparte in Pkw und Lkw begründet CEO Ola Källenius etwas nebulös mit dem „Potenzial der Wertschaffung für beide Sparten und die Aktionäre“. Überdies befinde man sich in einem sehr dynamischen Umfeld der Transformation befinde, das schnellere Entscheidungen notwendig mache. Der Wandel, der sowohl im Pkw- als auch im Lkw-Geschäft anstehe, sei „ohne die Einschränkungen einer Konglomerats-Struktur“ besser zu bewerkstelligen. „Wir glauben an die finanzielle und operative Stärke unserer beiden industriellen Geschäftsfelder…Warum also warten“, so Källenius (Automobilwoche,online, 03.02.2021) 

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Wichtiger erscheint der Hinweis auf eine bessere Kundenorientierung und eine stärkere Konzentration auf die jeweils spezifischen Technologien in beiden Geschäftsfeldern. Ob sich aber, wie Lkw-Chef Martin Daum ins Feld führt, beide Sparten durch die Luxusstrategie bei den Autos in Zukunft stärker unterscheiden würden als bisher, erscheint nicht unmittelbar nachvollziebar. Spätestens seit dem gescheiterten Versuch des legendären Daimler Vorstands Werner Niefer, die S-Klasse in der Anmutung dem Lkw anzunähern, wurden beide Sparten stilistisch strikt getrennt. 
Kommt jetzt eine neue automobile Großfusion? 

Die geplante Aufspaltung wird von Experten als Vorstufe für eine weitere Konzentration in der Branche gewertet. Nur zur Erinnerung: Die Fusion von PSA und FCA zu Stellantis ist gerade drei Wochen her. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff betont zwar, dass Mercedes-Benz und Daimler Truck mit enormer Stärke in diese Transformation gingen und dass sie als unabhängige Unternehmen noch stärker sein werden als bisher.

Auch Ola Källenius glaubt nicht, dass die Pkw-Sparte ohne die LKW-Sparte wegen ihres danach geringeren Börsenwerts ein Übernahmekandidat werden könnte, sagte er bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Bisher seien die Hauptaktionäre, die er bereits informiert habe, von dem Schritt begeistert. Wie es scheint, hat er aber noch nicht alle informiert. Er schränkte nämlich ein: „Was genau an den Finanzmärkten in den nächsten Jahren passiert, kann niemand vorhersagen.“ Noch ist beispielsweise unklar, wie Daimler-Hauptaktionäre wie der chinesische Unternehmer Li Shufu oder der Joint-Venture-Partner BAIC auf die Ankündigung reagieren. Da stehen sich arabische Investoren chinesischen Investoren gegenüber. Ausgang offen. Die Kleinaktionäre wird’s freuen, den Automobilstandort Deutschland weniger.

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