Unter dem jungen Konzernchef Ola Källenius kommt der betuliche Daimler-Konzern nicht zu Ruhe: Nach der großen Sparkeule holt er zum nächsten Schlag aus und will die Lkw-Sparte an die Börse bringen. Anders als seine Vorgänger im Amt, die strategischen Luftschloß- und Bullshit-Castle-Erbauer Reuter und Schrempp, fügt er nicht zusammen, was auch strategisch ohnehin nicht zusammen passte. Sondern er spaltet auf, was zusammen gewachsen war und wofür der Leuchtturm der deutschen Autoindustrie seit 100 Jahren steht: Der Daimler Konzern soll aufgeteilt und der Geschäftsbereich Daimler Truck als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht werden. Ola Källenius verspricht sich davon mehr Schlagkraft und Wertsteigerung für das Lkw- und Pkw-Geschäft.
Der Källenius-Plan im Einzelnen
- Die Lkw-Sparte wird zum eigenständigen Unternehmen mit eigenständiger Corporate-Governance-Struktur und eigenem Aufsichtsrat, bis Ende 2021 ist ein Börsengang geplant. Der Mehrheitsanteil von Daimler Truck soll dabei an die Daimler-Aktionäre übertragen werden, Daimler wird nur einen Minderheitsanteil behalten.
- Die Aufspaltung soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, die Papiere sollen dann an der Frankfurter Börse gelistet werden. Die Lkw-Sparte strebt die Aufnahme in den deutschen Leitindex DAX an.
- Bei der Abspaltung handelt es sich nicht um eine „schmutzige Scheidung“, sondern eine geordnete Trennung. Man habe lt. Källenius eine gemeinsame Geschichte und mit Mercedes-Benz eine gemeinsame Marke. Beide Seiten würden weiterhin zusammenarbeiten.
- Mit der Aufspaltung ist eine Umbenennung des bisherigen Daimler-Konzerns in Mercedes-Benz verbunden. Diese soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Daimler Truck bleibt unverändert. Mercedes-Benz wird dann Pkw und Vans produzieren, Daimler Truck Lkw und Busse. „Mercedes-Benz Cars & Vans und Daimler Trucks & Buses arbeiten in verschiedenen Branchen mit spezifischen Kundengruppen, Technologiepfaden und Kapitalanforderungen“, sagte Daimler-Chef Ola Källenius. Der Wandel, der sowohl im Pkw- als auch im Lkw-Geschäft anstehe, sei „ohne die Einschränkungen einer Konglomerats-Struktur“ besser zu bewerkstelligen.
- Bei den Modellen aus dem Konzern verläuft die Trennung oberhalb des Transporters Sprinter. Dieser zählt noch zur Van-Sparte, die bereits bei der ersten Reform der Konzernstruktur der Pkw-Sparte zugeschlagen wurde. „Alles über acht Tonnen mit einem entsprechenden Chassis zählt zu den Nutzfahrzeugen“, erläuterte Lkw-Chef Martin Daum. Die Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen sollen zwischen den beiden Unternehmen aufgeteilt werden. Die bisherige Daimler Mobility AG wird ebenso verschwinden wie die Dachmarke Daimler AG.
- Daimler Truck ist nach eigenen Angaben der weltgrößte Hersteller von Lkw und Bussen mit sieben Marken, mehr als 100 000 Beschäftigten und einem Umsatz von zuletzt knapp 45 Milliarden Euro. ( lt.Automobilwoche). Analysten schätzen den Börsenwert der Trucksparte auf rund 30 bis 35 Milliarden Euro. Beim Börsengang der Lkw-Sparte sollen zunächst die Daimler-Aktionäre die Anteile erhalten.
- Die endgültige Entscheidung über die geplante Abspaltung muss bei einer außerordentlichen Hauptversammlung im dritten Quartal 2021 getroffen werden
Strategische Zielsetzung
Die strategische Zielsetzung hinter der Zerlegung der Daimler-Automobilsparte in Pkw und Lkw begründet CEO Ola Källenius etwas nebulös mit dem „Potenzial der Wertschaffung für beide Sparten und die Aktionäre“. Überdies befinde man sich in einem sehr dynamischen Umfeld der Transformation befinde, das schnellere Entscheidungen notwendig mache. Der Wandel, der sowohl im Pkw- als auch im Lkw-Geschäft anstehe, sei „ohne die Einschränkungen einer Konglomerats-Struktur“ besser zu bewerkstelligen. „Wir glauben an die finanzielle und operative Stärke unserer beiden industriellen Geschäftsfelder…Warum also warten“, so Källenius (Automobilwoche,online, 03.02.2021)
Kommt jetzt eine neue automobile Großfusion?
Die geplante Aufspaltung wird von Experten als Vorstufe für eine weitere Konzentration in der Branche gewertet. Nur zur Erinnerung: Die Fusion von PSA und FCA zu Stellantis ist gerade drei Wochen her. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff betont zwar, dass Mercedes-Benz und Daimler Truck mit enormer Stärke in diese Transformation gingen und dass sie als unabhängige Unternehmen noch stärker sein werden als bisher.
Auch Ola Källenius glaubt nicht, dass die Pkw-Sparte ohne die LKW-Sparte wegen ihres danach geringeren Börsenwerts ein Übernahmekandidat werden könnte, sagte er bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Bisher seien die Hauptaktionäre, die er bereits informiert habe, von dem Schritt begeistert. Wie es scheint, hat er aber noch nicht alle informiert. Er schränkte nämlich ein: „Was genau an den Finanzmärkten in den nächsten Jahren passiert, kann niemand vorhersagen.“ Noch ist beispielsweise unklar, wie Daimler-Hauptaktionäre wie der chinesische Unternehmer Li Shufu oder der Joint-Venture-Partner BAIC auf die Ankündigung reagieren. Da stehen sich arabische Investoren chinesischen Investoren gegenüber. Ausgang offen. Die Kleinaktionäre wird’s freuen, den Automobilstandort Deutschland weniger.