Tichys Einblick
Wenn es nach Marcel Fratzscher geht

Schrumpfen ist das neue Wachsen

Er gilt als der Top-Ökonom von SPD und gleichermaßen von Wirtschaftsminister Habeck: Marcel Fratzscher, auch gleich noch Chef des gewerkschaftsgesteuerten Wirtschaftsforschungsinstituts DIW. Er empfiehlt: Schrumpfen fortsetzen – und Arbeitslosigkeit als Verschlankungsrezept?

picture alliance / Metodi Popow | M. Popow

Erinnern Sie sich noch an Robert Habecks Spruch über Bäckereien, denen die Energie zum Backen ausgeht, an Fabriken, die zusperren und an Geschäfte, die reihenweise schließen müssen: „Unternehmen sind nicht insolvent, (=), sie hören nur auf zu verkaufen“?

Solche dummen Sprüche hält man kaum für steigerbar. Aber das rotgrüne Lager überrascht eben mit seiner Transformation von allem.

Die grüne Transformation wirkt

Marcel Fratzscher, Top-Ökonom aller linken Kräfte, findet es ganz gesund, wenn Deutschland schrumpft. Der DIW-Chef erklärt das „Gesundschrumpfen“ unseres Landes – und warnt vor dem „größten Fehler, den Deutschland jetzt machen kann“. Der größte Fehler wäre, den grünen Transformationsprozess und den Absturz der Wirtschaft jetzt zu bremsen oder gar zu stoppen. Also weiter so, auf dem Weg nach unten.

Also: Bosch, Ford, VW, BASF, Bayer, Conti und wie ihr alle heißt: Setzt die Leute auf die Straße! Schließt Fabriken! Macht die Firmen platt. Wir sind zu fett, sagt Fratzscher. Adipös. Weg mit den Pfunden, die Mitarbeiter auf die Waage bringen. Arbeitslosigkeit kann schön sein und wozu haben wir das Bürgergeld für’s Nichtstun so gewaltig gesteigert?

Ihr seid fett und träge, sagt der „Top-Ökonom“. Deutschlands Wirtschaft muss schrumpfen. Klar, dann sinken auch Steuereinnahmen, Konsum und Sozialleistungen.

Erteilen wir dem Top-Ökonom im Elfenbeinturm mal ein paar Ratschläge aus der Wirtschaftsküche. Wer keine Arbeit hat, kann ja länger auf einen Arzttermin warten – das schadet nicht. Wollen wir das? Das Gesundheitssystem noch weiter schrumpfen? Rente? Nun ja, die hängt an den Löhnen. Sollen die Rentner doch Flaschen sammeln, bis die Wirtschaft sich wieder fängt, irgendwann in 100 Jahren, die Lebenserwartung steigt doch eh ins Unfinanzierbare. Kinder sollen auf den Schultoiletten lernen, wie es zugeht in der Dritten Welt, hygienemäßig und dass die in Peru und anderswo unbedingt Radwege finanziert aus Germoney brauchen. 

4.000 einsturzgefährdete Brücken? Wir haben doch noch 16.000, oder so. Für kleine Umwege bitte Fahrgemeinschaften organisieren.

Deutschland wächst? Dumm gelaufen

Die Sache ist nur: Deutschland schrumpft nicht. Es wächst. Jedes Jahr derzeit um eine mittlere Großstadt wie Chemnitz oder Wiesbaden. Da ohnehin nicht mehr gebaut wird, werden Wohnungen knapp, die Preise steigen. Schon gibt es Pläne, Ältere aus ihren zu großen Wohnungen in Kleinstwohnungen umzutopfen. Rund 500 verschiedene Medikamente fehlen. Bahnen sind überfüllt und verspätet. In den Schulen fehlen Lehrer und ein frischer Anstrich.

Immer weitere Teile der Wirtschaft hängen am Staatstropf, das heißt wir zahlen mit unseren Steuern dafür, dass wir arbeiten dürfen. So entsteht eine Scheinwirtschaft, die viel kleiner ist, wenn man den schönen Schein der Subvention abzieht. Die Stahlindustrie in Deutschland ist nicht mehr zukunftsfähig, weil schon der Transport von Stahl und Kohle so verteuert wird, dass die Firmen rote Zahlen schreiben. Daran ändern auch viele Milliarden nichts, die sie von uns Steuerzahlern von Habeck persönlich für vermeintlich „grünen Stahl“ überreicht erhalten.

Grüner Stahl, der nur mit hohen Strommengen erzeugt werden kann, Strom, den wir nicht haben. Mit 10 Milliarden wollte Habeck eine Chipfabrik einkaufen; jetzt wird sie in den USA gebaut. Milliarden gibt es für eine Batteriefabrik. Die hat noch nie gearbeitet und ging schon nach der Grundsteinlegung pleite. Die Automobilindustrie schließt reihenweise Werke, weil sie keine Autos mehr bauen darf, die die Kunden wollen, sondern Staats-Trabis mit E-Motor, die kaum jemand fahren will. So reiht sich Staatspleite an Habeckpleite, die Wirtschaft schrumpft.

Für Fratzscher sind die Unternehmen an ihrem Desaster schuld. Sie müssten jetzt schmerzhaft lernen, wie sie sich modernisieren. Hat der Ökonom schon mal gesehen, wie modern viele Unternehmen sind? Wie ausgetüftelt und raffiniert und modern – nur reicht das nicht, wenn Steuern jeden Versuch abwürgen und dann noch die Bürokratie daher kommt.

Dabei ist Digitalisierung für den Staat ein Fremdwort. Wer ein Auto ummelden will, steht an mindestens vier verschiedenen Schaltern Schlange, nachdem man wochenlang auf einen Schlangestehen-Termin gewartet hat. Digitalisierung beim Staat heißt: Die Schlangen werden verwaltet und deshalb länger. Schlange vor dem Schalter für die Papiere, Schlange am Schalter, an dem die neuen Papiere bezahlt werden müssen, Schlange am Schalter für die Prägung des neuen Kennzeichens und dann Schlange am Schalter, an dem die neuen Papiere und Kennzeichen ausgehändigt werden.

Und dieser Staat will mir erklären, was „Digitalisierung“ bedeutet? Fortschritt und Rationalisierung? Ein Bundeskanzler, der so viel Geld zur Verfügung hat wie kein anderer Kanzler zuvor, verantwortet das Lücken-Internet. Die Bundesbank teilt mit, dass sie im kommenden Jahr ihre Faxgeräte abschaltet. Stellen die jetzt auf Brieftauben um oder reitende Boten und Postkutschen mit eingebautem digitalem Schließfach? Aber den digitalen Euro zur Totalüberwachung einführen, das können sie wieder.

Dank Marcel Fratzscher wissen wir jetzt: Das ist gut so. Wir müssen eben zusammenrücken, Bescheidenheit lernen, Ringelblütentee statt Antibiotika. Auf dem Weihnachtsmarkt sich mit Glühwein aufwärmen, statt ungemütlich in der kalten Schimmel-Wohnung sitzen: Diese Richtung zu ändern wäre der größte Fehler, den Deutschland begehen könnte. Danke für diese Lehrstunde, Herr Fratzscher.

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