Wie bereits berichtet, sind die beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland im November weiter kräftig gestiegen. Schätzungsweise 205.000 Arbeitsplätze sind bedroht oder bereits weggefallen.
Gegenüber dem Vorjahresmonat legte die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 18,8 Prozent zu, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Angaben am Dienstag mit. Im Oktober 2023 hatte sie bereits um 22,4 Prozent zugenommen – seit Juni 2023 sind damit durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten.
Unter dem Strich waren dies 24,7 Prozent mehr als von Januar bis September 2022. Im Oktober war der Anstieg mit 22,4 Prozent noch deutlicher ausgefallen. Die Forderungen der Gläubiger aus den von Januar bis September 2023 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf rund 21,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum hatten die Forderungen noch bei rund 10,8 Milliarden Euro gelegen.
Teure Energie
Es seien hauptsächlich die hohen Zinsen, die kraftlose Konjunktur und die teure Energie, die viele deutsche Unternehmen auch am Jahresende in die Insolvenz schlittern ließen, heißt es. Hinzu kommt nach den neuen Plänen der Ampel-Koalition die Erhöhung des sogenannten „CO2-Preises“. Laut Bild steigt er ab 2024 viel stärker als geplant (von derzeit 35 Euro pro Tonne auf 45 Euro). Im Jahr darauf: noch einmal 10 Euro mehr, also insgesamt 55 Euro pro Tonne.
Besonders viele große Pleiten gibt es laut Insolvenzexperten von Allianz Trade bei Kliniken und im Maschinenbau. Darüber hinaus seien insgesamt zwölf große Textilunternehmen und Modeeinzelhändler bis September 2023 in die Insolvenz gerutscht.
Baubranche
Die Baubranche ist offenbar Pleitekandidat Nummer eins. Die Zahl der Konkurse von Bauträgern und Bauentwicklern habe sich seit 2022 vervierfacht, die der Straßenbauunternehmen verdreifacht, so Tagesschau.de. Im Sommer meldete Projektentwickler Gerch mit Vorhaben in Höhe von vier Milliarden für vier Gesellschaften Insolvenz an. Ebenso Immobilienentwickler Euroboden sowie die Nürnberger Project-Immobilien-Gruppe mit geplanten Vorhaben von 3,2 Milliarden Euro. Die Einbußen betreffen nicht nur die beauftragten Bauunternehmer und Handwerker sondern auch Wohnungskäufer. Den Gläubigern drohen nun verheerende Verluste.
Die Benko-Pleite samt ihrer Firmennetzwerke lassen wir dabei außen vor. Denn deren Insolvenzen sind nachgerade auf Spekulation und Gier zurückzuführen. Das mag auch in anderen Fällen zutreffend sein, bei Benko ist es eklatant.
Mehr Insolvenzen bei Traditionsfirmen
Die Anzahl der Fälle sage wenig über die Folgen aus, so Tagesschau.de, denn wenn alte, eingeführte und große Unternehmen pleitegehen, gibt es weit mehr Betroffene. Unternehmen, die länger als acht Jahre am Markt sind, stehen nach amtlichen Zahlen nur für ein Drittel der Insolvenzfälle. Jedoch beschäftigen sie zwei Drittel der von Pleiten insgesamt betroffenen Arbeitnehmer.
Zwar liege die Zahl der Insolvenzen weit entfernt von denen nach der Banken- und Finanzkrise 2008 und 2009. Doch anders als damals sei keine Erholungsphase zu erwarten. Wegen der vielen Probleme der Firmen – Belastungen durch die Kosten der „grünen“ Transformation, mangelnde Digitalisierung, fehlende Arbeitnehmer und hohe Zinsen – sei keine Besserung zu erkennen.
Autozulieferer Bosch streicht bis zu 1.500 Stellen
Nach Angaben des Konzerns sind in der Antriebssparte die Standorte Stuttgart-Feuerbach und Schwieberdingen in Baden-Württemberg betroffen. Die Maßnahmen sollen demnach bis Ende 2025 umgesetzt werden, Gespräche mit dem Betriebsrat laufen bereits, der Abbau soll laut Konzern „sozialverträglich“ ablaufen.
Begründet wird der Schritt unter anderem damit, dass nach Transformation der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität weniger Personal gebraucht werde. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer reagierte auf die Ankündigung nicht überrascht: „Denn es ist klar, dass beim Übergang zur Elektromobilität Stück für Stück weniger Beschäftigte in den klassischen Bereichen sein werden“, sagte er im Deutschlandfunk.
Bei Bosch sei das ein großer Bereich. „Auf der anderen Seite müssen wir schauen, dass neue Arbeitsplätze kommen und da könnte Bosch ein bisschen mutiger sein“, fügte Dudenhöffer hinzu.
Der Konzern bekräftigte unterdessen, sich an die im Sommer mit der IG Metall geschlossene Zukunftsvereinbarung halten zu wollen, wonach betriebsbedingte Kündigungen bei Bosch Mobility bis Ende 2027 ausgeschlossen sind.