Es ist die wirtschaftliche Unsicherheit wegen der Inflation, steigender Preise und Zinsen, die in ganz Deutschland eine deutliche Zurückhaltung bei Kaufentscheidungen bewirkt. „Wir spüren eine große Verunsicherung bei den Verbrauchern“, erklärt der Präsident des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM) Markus Meyer im Vorfeld der Möbelmesse imm cologne in Köln. „Wir machen uns ernsthafte Sorgen.“ Die Kundenfrequenz in den Möbelhäusern sei in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich eingebrochen. In den Möbelgeschäften gebe es 30 bis 40 Prozent weniger Besucher. Kaufentscheidungen seien dementsprechend rückläufig.
Meyer erwarte nun von der Politik gezielte Maßnahmen und eine klare Kommunikationslinie, um die Verbraucher gerade jetzt zu entlasten und somit den Konsum zu stärken. Denn: „der Handel lebt vom Kunden.“
Fehlende Kaufentscheidungen lastet der Präsident des Handelsverbands Möbel und Küchen vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seinen Heizungsplänen an, meldet die Welt: „Die Leute haben Angst vor der Situation, dass ihre Heizung kaputtgeht und sie dann viele 10.000 Euro in neue Technologien und einen Umbau ihres Hauses investieren müssen. Also halten sie ihr Geld zusammen“, sagt der Unternehmer, selbst Geschäftsführer des mittelständischen Möbelhändlers City-Polster aus Kaiserslautern.
Anfang Mai setzte die geringe Anschaffungsneigung den stationären Einzelhändlern verstärkt zu. Ihr Umsatz fiel im März um 1,3 Prozent geringer aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Inflationsbereinigt, also real, sank der Umsatz sogar um 2,4 Prozent, mithin das stärkste Minus der vergangenen fünf Monate. Sprich: alles, was nicht unmittelbar dringend gebraucht wird, kommt nicht auf die Liste der Einkaufsplanung.
Die Zahlen von Destatis bescheinigen dem Einzelhandel mit Einrichtungsgegenständen, Haushaltsgeräten und Baubedarf für März 2023 ein nominales Minus von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, preisbereinigt liegt es sogar bei minus 9,1 Prozent.
Auch bei den Lebensmitteln gab es reale Umsatzrückgänge – gemessen im März im Vergleich zum Vorjahr einen Einbruch von 10,3 Prozent. Dabei handele es sich um den stärksten Umsatzrückgang zum Vorjahresmonat seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994, betonten Statistiker. Nicht verwunderlich bei einer Verbraucherpreis-Steigerung von aktuell 17,2 Prozent bei Nahrungsmitteln. Dazu passt die Meldung, dass der Tchibo-Konzern plant, bis zum Ende des Jahres 300 Stellen zu streichen – Kündigungen seien „nicht ausgeschlossen“. Der Grund: zuletzt schlechte Zahlen. Das vergangene Jahr gilt als das schlechteste in der Firmengeschichte.
Der reale Umsatz im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln sank im März um 2,3 Prozent zum Vormonat. Besonders betroffen war der lange Zeit boomende Internet- und Versandhandel, der einen Rückgang von 4,8 Prozent verzeichnete, berichtet Tagesschau.de.
Betroffen von der fehlenden Anschaffungsneigung sind die Ladengeschäfte. „Die Zahl der Geschäfte in Deutschland wird in diesem Jahr nach einer Prognose des Handelsverbands Deutschland noch einmal um 9.000 schrumpfen. Oft liegt es daran, weil die sinkende Kaufkraft der Menschen und die steigenden Kosten eine Weiterführung unattraktiv machen. Damit bleiben bundesweit – abgesehen von Kleinstbetrieben – laut HDE noch 311.000 Geschäfte übrig. Zum Vergleich: 2015 waren es noch fast 373.000.
Besonders stark war der Rückgang in den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 bis 2022, als die Zahl der Geschäfte pro Jahr um 11.000 zurückging, heißt es. Doch auch in den Vorkrisenjahren 2015 bis 2019 machten jährlich durchschnittlich 5.000 Läden dicht.
Öffentliche Aufmerksamkeit bekommen dabei vor allem die Filialschließungen bekannter Ketten: die geplante Schließung von 47 Galeria-Karstadt-Kaufhof-Warenhäusern, die Abwicklung zahlreicher Filialen der Schuhhandelskette Görtz oder die angekündigte Verkleinerung des Filialnetzes der Modekette Gerry Weber. Doch der größte Teil der Schließungen entfällt laut HDE auf kleinere Fachhändler – auf Modeboutiquen, Schuhläden und Bäckereien.“