Verfolgt man die Target-2 Diskussion und die Beiträge der herrschenden Euro-Nomenklatura dazu, so fällt es schwer, sich für den passenden bildhaften Vergleich bezüglich der dabei gezeigten Geisteshaltung zu entscheiden. Steckt hier Vogel Strauß den Kopf in den Sand? Oder haben wir drei Affen vor uns, die nichts sagen, nichts sehen und nichts hören wollen? Werden wir von „Hans-guck-in-die-Luft“ regiert oder von „Hans-im-Glück“, der sein Vermögen in Nippes tauscht vor lauter Blödheit?
Die „Unumkehrbarkeit des Euro“ als Brett vorm Kopf
Fragt man die Vertreter der EZB, der EU oder der Bundesregierung, wie ihre Notfallpläne für das Ausscheiden eines Landes aus dem Euro oder gar seine komplette Auflösung aussehen, kommt regelmäßig wie aus der Stanze für dumme Sprüche die Antwort: „Der Euro ist unumkehrbar. Wir befassen uns nicht mit hypothetischen Szenarien, die in den EU-Verträgen nicht vorgesehen sind.”
Risikomanagement oder Krisenmanagement – das ist hier die Frage
Sich mit Ereignissen geringer Wahrscheinlichkeit aber ungemütlichen Ausgangs auseinanderzusetzen, hat im Geldgewerbe übrigens einen Namen: Man nennt das Risikomanagement. Gutes Risikomanagement antizipiert das, was passieren könnte, bemisst seine Wahrscheinlichkeiten, erstellt Reaktionspläne für den Fall seines Eintretens und sorgt dafür, dass der Fall, so er uns denn trifft, uns nicht ruiniert. Das passiert in der Regel durch Vorsorge in Form von Kapitalpuffern, die so groß sind, dass auch große Verlustereignisse nicht zur eigenen Pleite führen.
Populistische Phrasen statt Lösungen
Da sie also kein Risikomanagement haben, das diesen Namen verdient, brauchen sie das Krisenmanagement. Darin suhlen sie sich regelrecht, halten sich für die Größten, wenn sie mit unvorstellbaren Summen Steuergelds den Schaden nicht aufgehalten, aber bezahlt haben, den ihre eigene Ignoranz angerichtet hat, und gerieren sich ansonsten als Weltenretter und Superhelden, die es den „Gierbankern und Finanzspekulanten“ mal so richtig gezeigt haben.
Sie sehen, geschätzter Leser, ich betrachte die Auflösung des Euro gar nicht als Risiko. Ein Risiko ist ein ungewisses Ereignis, seine Wahrscheinlichkeit ist kleiner als 100%. Sein Ende als unvermeidlich zu betrachten, hebt den €xit schon aus der Sphäre des Risikomanagements heraus und macht die Sache zum reinen Krisenmanagement. Müsste Frau Merkel eigentlich gelegen kommen. – Scherz!
Ziele einer geordneten Euroauflösung
Wenn wir den Euro geordnet auflösen wollen, benötigen wir daher einen innerhalb weniger Tage durchführbaren Plan, der die wichtigsten Ziele wirtschaftlicher Stabilität und Schadensbegrenzung in eine Rangfolge bringt und dann versucht, diese zu erreichen. Was sind diese Ziele?
1. Das Wirtschaftsleben Europas darf nicht zum Erliegen kommen. Die komplexen grenzüberschreitenden industriellen Lieferketten dürfen nicht unterbrochen werden, damit die vorhandenen gesunden Produktionsstrukturen nicht als Kollateralschaden zerstört werden. Davon hängt der wirtschaftliche Wiederaufbau Europas ab.
2. Die Zerstörung der Ersparnisse muss eingedämmt werden. Es ist zwar klar, dass alle Beteiligten große Lasten zu tragen haben werden, jedoch würde eine Komplettenteignung der deutschen, holländischen und anderen Sparer aus Ländern mit Exportüberschüssen die EU-Friedensordnung gefährden, weil sie zu Recht als Beraubung mit Hilfe von Vertragsbruch angesehen werden würde. Das hat Auswirkungen auf die Handhabung der Target-2 Salden, wie auch auf die Frage einer EU-Insolvenzordnung für Staaten. Diese brauchen wir gerade für den Fall einer Euroauflösung.
3. Ein Abgleiten großer Teile der dann ehemaligen Europäischen Union (Sie dürfte den Tod des Euro wohl kaum überleben) in eine sozialistische Wirtschaftsordnung muss unter allen Umständen vermieden werden. Nur die Marktwirtschaft kann eine Rückkehr zu Prosperität und Wohlstand leisten. Der Sozialismus ist allenfalls in der Lage, das aus diesem unglückseligen Experiment resultierende Leid halbwegs gleich zu verteilen. Eine Zukunftsperspektive hat er nicht zu bieten.
4. Die durch den Euro verursachte Spaltung Europas muss neu überwunden werden. Nicht der EU-Superstaat, sondern das Europa der Vaterländer muss das Ziel sein. Dafür müssen die Nationen Europas freundschaftlich verbunden sein. Um das zu erreichen müssen all die vom Hof, also den Schaltstellen der Macht gejagt werden, die gerade an dem weniger komplizierten Beispiel Brexit grandios unter Beweis stellen, dass ihnen eigene Pfründe wichtiger sind, als die Freundschaft mit einem Land, das einen eigenen Weg gehen will. Dafür müssen wir einen klaren Kopf bewahren. Italien ist kein Schurke, wenn es den Euro verlässt und damit die Lebenslüge dieser Fehlkonstruktion final entlarvt. Deutschland ist kein Hegemon, wenn es die Lebensersparnisse seiner Bürger schützen will (was diese Bundesregierung allerdings trotzdem nicht tut). Ein Land, das vom Euro in die Pleite getrieben wurde, ist kein Mitglied der Achse des Bösen, wenn dem Gläubiger dadurch Schaden entsteht. Aber man darf umgekehrt erwarten, dass es den Schaden nicht mutwillig vergrößert.
Vorurteile, Stereotype und die Spaltung Europas durch den Euro
All das ist natürlich in den Verträgen der EU nicht vorgesehen. Die Herrschaft der Planwirtschaft und Bürokratie muss weder auf die ökonomischen Realitäten Rücksicht nehmen, noch auf die Bedürfnisse der Völker, ihre demokratischen Rechte oder ihre teils begründeten und teils unbegründeten Ängste und Vorbehalte. Die Verweigerung der Debatte hat zur Folge, dass die Ungleichgewichte weiterwachsen, der finale Schaden damit größer und damit auch der Verteilungskampf beim unvermeidlichen Abschied von der Illusion härter wird.
Im Teil 2 demnächst bei Tichys Einblick: Wie kann es technisch geordnet gehen?