Tichys Einblick
"Vertrauen auf Besserung erschüttert"

Düstere Aussichten: Deutscher Mittelstand blickt betrübt auf 2025

Nach zwei Jahren Rezession in Folge erwarten viele kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland auch im kommenden Jahr eine anhaltende Wirtschaftskrise. Der von der Bundesregierung für 2025 prognostizierte Aufschwung scheint mehr als unrealistisch.

IMAGO / Herrmann Agenturfotografie

Eine aktuelle Umfrage des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) zeichnet ein düsteres Bild für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands: Der Mittelstand blickt mit wachsender Sorge auf die kommenden Jahre. Acht von zehn mittelständischen Unternehmen (80 Prozent) gehen davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage 2025 deutlich verschlechtern wird.

Besonders alarmierend ist, dass 58 Prozent der Befragten mit einer anhaltenden Rezession rechnen, während jeder fünfte Betrieb sogar eine wirtschaftliche Depression in den nächsten zwölf Monaten erwartet.

Hinzu kommt, dass im ausklingenden Jahr 40 Prozent der mittelständischen Unternehmer erhebliche Umsatzeinbußen verzeichneten. Ebenso äußerten 40 Prozent der Befragten die Absicht, ihre Investitionen im kommenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr zu reduzieren.

Rezession im Land scheint kein Ende zu nehmen

Bereits seit zwei Jahren schrumpft die deutsche Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verzeichnete 2023 einen Rückgang von 0,3 Prozent, und die Prognosen der Bundesregierung für 2024 sehen mit einem Minus von 0,2 Prozent eine Fortsetzung dieser Negativentwicklung vor.

Nach zwei Jahren wirtschaftlicher Rezession mag ein leichter Aufschwung denkbar erscheinen, doch eine anhaltende Flaute oder gar ein Abrutschen in eine tiefe wirtschaftliche Depression bleibt – insbesondere mit Blick auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die sich die Bundesrepublik manövriert hat – in den nächsten Jahren möglich.

Die Ängste des Mittelstands dürfen keinesfalls ignoriert oder abgetan werden, da dieser das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellt. Immerhin entfallen 99,3 Prozent aller Unternehmen in Deutschland auf kleine und mittlere Betriebe (KMU).

Die Bedenken des Mittelstandes teilt auch ein Großteil der Bevölkerung. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA für die BILD-Zeitung verdeutlicht die gedrückte Stimmung: Von 1.005 Befragten Bürgern glaubt fast die Hälfte (46 Prozent), dass sich ihre wirtschaftliche Lage im kommenden Jahr nicht verbessern wird. Nur 34 Prozent äußern sich optimistisch, während 20 Prozent unentschlossen bleiben.

Wachstumsprognose der Bundesregierung – Aufschwung im Jahr 2025 scheint unrealistisch

Auf der anderen Seite stehen die Prognosen von Bundesregierung und Ifo-Institut für 2025, die beide für das kommende Jahr mit einer wirtschaftlichen Erholung rechnen – die Regierung prognostiziert ein Wachstum von +1,1 Prozent, das Ifo-Institut zwischen +0,4 und 1,1 Prozent.

Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die bisherigen BIP-Wachstumsaussichten immer wieder nach unten korrigiert wurden. Anfang 2024 war die Bundesregierung auch noch von einem BIP-Wachstum von +0,3 Prozent ausgegangen und hatte sich im Rahmen der Frühjahrsprojektion „vorsichtig optimistisch“ gezeigt. Doch bereits im Oktober musste Wirtschaftsminister Habeck diese Erwartungen revidieren und eingestehen, dass sich Deutschland für ein weiteres Jahr in der Rezession befinden wird.

Ein ähnliches Szenario könnte sich 2025 wiederholen. Die aktuellen Wachstumsprognosen von +1,1 Prozent könnten im Laufe des Jahres nach unten korrigiert werden – möglicherweise auf ein geringes Wachstum oder gar einen erneuten Rückgang des BIPs. Angesichts der Herausforderungen, vor denen die deutsche Wirtschaft steht, erscheint dies durchaus realistisch.

Konjunkturflaute: Grüne Wende als Wachstumshemmer

Die umfassende Krise in der deutschen Industrie, maßgeblich ausgelöst durch die grüne Transformation, hat deutliche Spuren hinterlassen. Besonders die Herausforderungen rund um die E-Mobilität und der damit einhergehende Nachfrageeinbruch in der Automobilbranche sind alarmierend. Die Automobilindustrie, ein bedeutender Wirtschaftszweig, der rund 5 Prozent zum deutschen BIP beiträgt, stellt ein erhebliches Risiko für die Gesamtwirtschaft dar.

Des Weiteren kommt die Belastung der Energiebranche hinzu. Die Umstellung auf erneuerbare Energien hat zu einem Anstieg der Stromkosten geführt. Für Unternehmen sind die daraus entstandenen Betriebs- und Produktionskosten kaum mehr tragbar. Die Situation ist alarmierend: Es besteht eine reale Gefahr, dass ganze Branchen aussterben könnten. „Einige Industrien werden verschwinden‟, warnt auch Friederike Welter, Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung im Interview mit dem Handelsblatt.

Angesichts des EU-Green-Deals und den weiter voranschreitenden Klimamaßnahmen erscheint ein wirtschaftliches Wachstum in der Bundesrepublik in den kommenden Jahren nahezu ausgeschlossen. Die hohen Energiekosten und die strengen Produktionsauflagen belasten die Unternehmen massiv. Vom Verbrenner-Verbot in der Automobilindustrie über die Umstellung von Hochöfen auf DRI-Anlagen in der Stahlproduktion bis hin zur Nutzung von klimafreundlichem Zement in der Baubranche – die Liste der Herausforderungen für die deutsche Industrie ist lang und schwerwiegend.

Hinzu kommen zahlreiche Bürokratieauflagen und hohe Steuersätze. Mit einem Spitzensteuersatz von 42 Prozent bei der Einkommensteuer steht Deutschland im globalen Vergleich unattraktiv da.

Kleine und mittlere Unternehmer als Leidtragende: Erdrückende Bürokratie

Besonders der Bürokratieapparat belastet die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland zunehmend. Die jährlichen Bürokratiekosten summieren sich hierzulande auf schätzungsweise 146 Milliarden Euro, wie eine aktuelle Studie des Ifo-Instituts im Auftrag der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern zeigt.

Die Kosten entstehen vor allem durch einen Überhang an Gesetzen und Vorschriften, denen sich die Unternehmen beugen müssen. Trotz politischer Versprechen, die Regelungsdichte zu verringern, ist diese in den vergangenen zehn Jahren sogar deutlich gestiegen. Während es 2014 noch 1.671 Gesetze mit 44.216 Einzelnormen gab, wuchs die Zahl bis 2024 auf 1.792 Gesetze mit 52.155 Einzelnormen an. Insbesondere KMU, die oft mit begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen arbeiten, leiden unter den immer komplexeren bürokratischen Anforderungen.

Nach Angaben einer Mittelstandsforschung tragen deutsche KMU etwa 84 Prozent der entstehenden Bürokratiekosten, wobei Unternehmen mit einem Umsatz bis zu einer Million Euro besonders stark betroffen sind. Über die Hälfte dieser Betriebe (54,7 Prozent) fühlt sich durch staatliche Bürokratie massiv eingeschränkt – eine Belastung, die sie in ihrer Existenz und Wettbewerbsfähigkeit zunehmend gefährdet.

Steigende Arbeitslosigkeit bereitet Anlass zur Sorge

Auch die wachsende Arbeitslosigkeit gibt Anlass zur Sorge und könnte dazu führen, dass die Wirtschaftskrise sich weiter zuspitzt. Vor allem, da neben dem großflächigen Stellenabbau in Unternehmen durch die vollständige Abdeckung der Grundbedürfnisse in Form von Bürger-, Kinder- und Wohngeld kaum ein Anreiz zur Erbringung von Leistung geschaffen wird.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm prognostiziert für 2025 einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland. „Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe werden Arbeitsplätze abgebaut“, erklärte Grimm gegenüber der Bild-Zeitung. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg verdeutlicht die Bedenken. Laut Prognosen wird die Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr in allen Bundesländern zunehmen. In Ostdeutschland dürfte die Arbeitslosenquote 2025 um 0,2 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent steigen, in Westdeutschland um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Besonders betroffen werden wohl Regionen wie Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Bayern sein.

Fazit: Verfällt Deutschland in den nächsten Jahren in eine wirtschaftliche Depression?

Die anhaltende Bürokratie- und Steuerlast, gekoppelt mit den Herausforderungen der grünen Transformation und einer ansteigenden Arbeitslosenquote, belastet die deutsche Wirtschaft in einem Ausmaß, das kaum noch tragbar erscheint. Vornehmlich kleine und mittlere Unternehmen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, stehen unter Druck. Ohne grundlegende Reformen, die Bürokratie abbauen, die Energiekosten senken und letztendlich die Wettbewerbsfähigkeit stärken, bleibt die Gefahr einer langfristigen Deindustrialisierung real.

Setzt sich dieser Abwärtstrend fort, erscheint es durchaus realistisch, dass Deutschland in den kommenden Jahren in eine tiefgreifende wirtschaftliche Depression gerät. Ein zusätzliches Risiko stellt die potenzielle Instabilität des Euro dar, der möglicherweise in eine Phase der Hyperinflation übergehen könnte. Eine solche Entwicklung würde die wirtschaftliche Lage Deutschlands verschärfen und das Szenario einer umfassenden Depression weiter befeuern.

Anzeige
Die mobile Version verlassen