Tichys Einblick
Im EU-Vergleich sind die Preise am höchsten

Internet-Wüste Deutschland: Hohe Kosten und lahmer Ausbau

Deutschland hat die höchsten Internetpreise in der gesamten EU. Besonders für private Haushalte bedeutet das eine finanzielle Belastung. Für Unternehmen stellt der mangelnde Glasfaserausbau eine große Herausforderung dar, insbesondere im Kontext der KI-Revolution.

picture alliance / Goldmann | Goldmann

Deutschland hält in einem weiteren Bereich eine unrühmliche Spitzenposition: Laut einer aktuellen Analyse von Verivox, über die die dts-Nachrichtenagentur berichtet, sind die Kosten für stationäres Breitband-Internet in keinem anderen EU-Land so hoch wie hierzulande.

Diese Zusatzbelastung trifft Haushalte in einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten bereits durch explodierende Energiepreise, teures Benzin und steigende Lebensmittelkosten in die Höhe getrieben wurden. Damit wird einmal mehr deutlich, wie sehr Deutschland unter der Ampel-Politik sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich ins Hintertreffen geraten ist.

Während Verbraucher in rund der Hälfte aller EU-Staaten für ein Megabit nur wenige Cent zahlen, liegt der Preis in Deutschland bei einem Euro pro Megabit. Zum Vergleich: In Rumänien kostet ein Megabit gerade einmal einen Cent, in Polen und der Slowakei drei Cent. Frankreich, Spanien, Portugal und Italien bleiben alle unter zehn Cent pro Megabit. Der EU-Durchschnitt liegt mit 18 Cent pro Megabit weit unter den deutschen Tarifen, wie eine Auswertung des britischen Vergleichsportals Bestbroadbanddeals.co.uk zeigt, die von der Funke-Mediengruppe veröffentlicht wurde.

Warum deutsche Verbraucher so tief in die Tasche greifen müssen, erklärt Jörg Schamberg, Telekommunikationsexperte bei Verivox, mit deutlichen Worten: „Dass die deutschen Anbieter die mit Abstand höchsten Megabit-Preise in der EU verlangen, liegt in erster Linie an der aus Verbrauchersicht unzureichenden Wettbewerbssituation‟.

Obwohl der deutsche Markt seit 1998 liberalisiert ist, gibt es weiterhin eine marktbeherrschende Stellung der Deutschen Telekom, die viele Wettbewerber in Abhängigkeit hält. „Sie kaufen deren Vorleistungsprodukte zu festgelegten Preisen ein‟, so Schamberg weiter. Das bedeutet: Der Telekommunikationsmarkt in Deutschland bleibt trotz offizieller Marktöffnung in einer monopolähnlichen Struktur gefangen, was sich direkt auf die Preise auswirkt. Der Monopolist, in diesem Fall die Deutsche Telekom, legt die Preise weitgehend unabhängig von Angebot und Nachfrage fest.

Trotz hoher Preise: Deutschlands Glasfaserausbau bleibt auf der Strecke

Angesichts der enormen Internetkosten, die deutsche Verbraucher im europäischen Vergleich tragen, könnte man zumindest eine fortschrittliche digitale Infrastruktur erwarten, doch das Gegenteil ist der Fall. Statt flächendeckender Hochgeschwindigkeitsnetze setzt Deutschland weiterhin auf veraltete DSL-Technik und hinkt anderen Ländern weit hinterher.

Glasfaser gehört zu den modernsten Übertragungstechniken und ermöglicht ultraschnelle sowie meist störungsfreie Datenübertragungen. Während herkömmliche DSL-Verbindungen auf maximal 16 MBit/s kommen und VDSL bestenfalls bis zu 250 MBit/s bietet, erreicht Glasfaser problemlos 100 bis 1.000 MBit/s, mit Spitzenwerten von über 1 GBit/s. Diese Hochleistungsinfrastruktur ist besonders für datenintensive Anwendungen, etwa im Bereich Künstliche Intelligenz, von entscheidender Bedeutung.

Versagen der Ampelregierung: Internetausbau klaglos gescheitert

Die Ampelregierung hatte vollmundig versprochen, bis 2030 alle Haushalte mit Glasfaser zu versorgen. Laut einer Analyse der Beratungsfirma Goldmedia dürfte dieses Vorhaben jedoch frühestens 2034 realistisch sein.

Im Jahr 2023 lag der Anteil der mit Glasfaser erschlossenen Haushalte bei gerade einmal 37 bis 40 Prozent. 2024 hat sich daran kaum etwas geändert: Zum Stichtag 30. Juni 2024 waren lediglich 43,2 Prozent der Haushalte mit Glasfaser „versorgt“. Das bedeutet mitnichten, dass die Haushalte auch tatsächlich Glasfaser nutzen können, denn die Angaben basieren auf dem sogenannten „Homes Passed“-Prinzip.

Dieses Prinzip bezieht sich auf die Anzahl der Haushalte oder Gebäude, die an das Glasfasernetz angeschlossen werden könnten, weil die Infrastruktur an diesen Standorten bereits verfügbar ist. D.h., dass die Glasfaserleitung in der Nähe dieser Haushalte bereits verlegt wurde, und ein Anschluss technisch möglich wäre. Es sagt jedoch nichts darüber aus, wie viele Haushalte tatsächlich bereits an das Netz angeschlossen sind. Gilt „Homes Passed“ als Maßstab, wirkt der Glasfaserausbau laut Statistik also deutlich weiter fortgeschritten, als er es tatsächlich ist. Um das Ziel 2030 einzuhalten, müssten jährlich vier Millionen Haushalte ans Glasfasernetz angeschlossen werden.

Digitales Entwicklungsland: Deutschlands Glasfaser-Rückstand bremst Unternehmen aus

Für Unternehmen wird der schleppende Glasfaserausbau in Deutschland zunehmend zur Wachstumsbremse, insbesondere angesichts der rasanten Fortschritte in der KI-Technologie: Langsame Datenübertragungsraten behindern den Einsatz moderner KI-Anwendungen, die enorme Rechenleistungen und schnelle Verbindungen erfordern. Während andere Industrienationen ihre digitale Infrastruktur konsequent ausbauen, bleibt Deutschland in dieser Hinsicht ein Entwicklungsland und gefährdet seine Zukunftsfähigkeit in einer der zentralen Technologien des 21. Jahrhunderts.

Anzeige
Die mobile Version verlassen