Tichys Einblick
Geheimsache Empfang

Internet: Ausfälle häufen sich augenfällig in jüngster Zeit

Angst vor dem Ausfall der Versorgung mit Strom und Wärme beherrscht derzeit die Schlagzeilen. Doch auch in Sachen DSL, Fernseh- und Mobilfunk-Empfang ist Deutschland kein Paradies für Verbraucher. Bei Zahlen mauern die großen Anbieter.

IMAGO / Jan Huebner

Unlustig, unsachlich und an den Interessen der Kunden vorbei. Die Rede ist nicht von der Heute Show, sondern vom Komikernachwuchs, der für das Twitter-Team von Vodafone arbeitet: „Danke für die Analyse Bro“ oder „Uff fast perfekt, willst Du bei uns im Kundenservice anfangen?“, lauten die patzigen Antworten des Teams, wenn jemand Störungen thematisiert. Gerne setzen die Vodafone-Mitarbeiter dann auch auf abwertende Gifs. Nur wer Vodafone schmeichelt, darf auf hippe Varianten von „Techniker ist informiert“ und „Wir tun, was wir können“ hoffen.

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Doch das ist nur das Twitter-Team. Die eigentliche Konzern-Informationspolitik nimmt das Problem der sich häufenden Netzausfälle sicherlich ernster: „Es gibt in Deutschland naturgemäß an jedem Tag, in jedem Landkreis, in jeder Stadt und bei jedem Netzbetreiber individuelle Einschränkungen an einzelnen Anschlüssen“, lautet die Antwort auf eine Presseanfrage. Meist lägen die Gründe dafür gar nicht beim Netzbetreiber und falls doch, „bedarf es aber auch des Einsatzes von Vor-Ort-Technikern oder auch umfangreicher Tiefbauarbeiten, um Störungen zu beheben“. Wir tun, was wir können – der Techniker ist informiert.

„Weitergehende Informationen können wir Ihnen leider nicht zur Verfügung stellen“, heißt es auf die Anfrage zu Häufigkeit und Ursachen von flächendeckenden Ausfällen. Da auch die anderen Anbieter mauern, wenn es um eine Analyse der Versorgungssituation geht, muss diese empirisch erhoben werden. Klingt gut, heißt aber nichts anderes, als Seiten zu besuchen, auf denen Nutzer Störungen melden.

Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann so gar nicht erst erhoben werden. Doch die Häufungen fallen durchaus ins Auge:

So war an diesem Donnerstag der Großraum Hamburg besonders von Gesamtausfällen betroffen, laut Computerbild betraf es aber auch andere Teile der Republik. In der Woche davor waren es der Raum Bonn, das Saarland und das Rhein-Main-Gebiet. Ende vergangener Woche kam es über mehrere Tage für Vodafone-Kunden zu Einschränkungen beim Versand und beim Empfang von SMS-Nachrichten. Am Anfang jener Woche waren nur Kunden mit älteren Ultracards betroffen. Zwar nutzen nur noch wenige SMS privat, dafür laufen viele Authentifizierungsverfahren über sie. Zur gleichen Zeit war auch der Empfang mehrerer Sky-Sender ausgefallen, wie die Plattform Digitalfernsehen.de berichtet.

Das sei die Folge eines Stromausfalls gewesen, der im Raum München das gesamte Vodafone-Angebot beeinträchtigt habe. Auch für den Ausfall von DSL, Fernsehen und Mobilfunk im Rhein-Main-Gebiet seien Probleme mit der Stromversorgung die Ursache gewesen, wie die VRM berichtet. Demnach sei die Betriebsstelle in Mainz-Kastel vom Stromnetz abgeschnitten gewesen.

Technische Wirklichkeit
Auf das Gewitter folgt oft der Ausfall des Internets
Gründe für einen Totalausfall kann es viele geben: Verteilerstellen können ausfallen, Kabel defekt sein, Bagger können Faser zerstören oder Verteilerknoten überhitzen. Gewitter können Überspannungen auslösen und das Netz schlicht und einfach überlastet sein, weil zu viele Nutzer gleichzeitig darauf zurückgreifen. Dass die Anbieter so sparsam mit Informationen darüber umgehen, wann welcher Grund vorliegt, ist nicht nur ein Problem für die Berichterstatter. Sondern vor allem für die Nutzer. Die Internetversorgung in Deutschland ist ein Standort-Nachteil im internationalen Vergleich. Firmen, die aufs Netz angewiesen sind, können sich eben so wenig verlassen wie Arbeitnehmer, die ins Homeoffice wechseln wollen. Fällt das Netz aus, brauchen sie konkrete Informationen, wann wieder mit Empfang zu rechnen ist. „Der Techniker ist informiert“, hilft so wenig wie „Wir tun, was wir können“. Die lustigen Gifs der Twitter-Redaktion von Vodafone sind dann obendrein wie ein Schlag ins Gesicht.

Die Wirtschaftswoche hat sich Anfang des Monats des Themas angenommen. Da waren von den Störungen vor allem Kunden der Telekom betroffen. Zentrale Netzelemente seien zwar grundsätzlich zweimal vorhanden, berichtete das Fachblatt. Doch die Ausfälle verhindere das nicht. Am Monatsanfang hoffte die Wirtschaftswoche noch darauf, dass sich Vodafone und die Telekom auf ein gemeinsames „Roaming“ einigen, sodass sie sich gegenseitig unterstützen können, wenn einem von beiden das Netz ausfällt. Doch nur zwei Wochen später berichtete die Seite „Der Aktionär“: „Die Deutsche Telekom hat ihre Funktürme an ein Konsortium aus Finanzinvestoren verkauft und dabei eine Bewertung von 17,5 Milliarden Euro ohne Schulden und Barmittel durchgesetzt.“ Laut Konzernchef Tim Höttges habe auch die Vodafone-Tochter Vantage Towers Interesse an dem Deal gehabt. Der Telekom-Chef hätte laut „Der Aktionär“ auch gerne mit ihnen zusammengearbeitet. Doch das Kartellamt habe dies wegen Bedenken verhindert, es könne zu einer marktdominierenden Stellung kommen. Die Telekom halte jetzt noch 49 Prozent an den Funktürmen.

Die Telekom beantwortet Fragen zur Versorgungssicherheit ebenfalls nur kryptisch: „Auch das ‚Beste Netz‘ ist vor einzelnen Störungen nicht gefeit.“ Die aktuelle Situation sei für die Jahreszeit so üblich. Dass in jüngster Zeit vermehrt Störungen aufgetreten seien, könne die Telekom nicht bestätigen. „Seien Sie gewiss, dass wir jede Störung so schnell beheben wie nur irgend möglich.“ Der Techniker ist informiert – wir tun, was wir können.

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