Den Weltmarkt für Elektroautos kennzeichnen aktuell drei Charakteristika: Erstens, er entwickelt sich dynamisch und zulasten der Verbrennerautos. Zweitens, es ist wie mit dem Elefanten, der unter großem Getöse kreißt und dann nur eine Maus gebiert; das Zulassungsniveau ist überall äußerst mickrig! Drittens, PR-Genie Elon Musk hat die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vom Absatz seiner Elektroautos und Fabrikeröffnungen auf spektakuläre Verkäufe eigener Tesla-Aktien gelenkt; der Machtkampf bei Volkswagen zwischen VW-Chef Herbert Diess und Gabriella Cavallo war dabei hilfreich.
Alternative Antriebe sind auf allen großen Märkten der Welt weiter auf dem Vormarsch, trotz des globalen Mangels an Speicherchips und anderen Vormaterialien sowie gravierenden Lieferschwierigkeiten im Netzwerk der weltweiten Transport- und Logistikketten. Nach Schätzungen von Experten werden dadurch 2021 über 11 Millionen Automobile – überwiegend Verbrenner – nicht gebaut. Die Zahlen werden mit Sicherheit noch nach oben korrigiert – sehr zur Freude der Umweltaktivisten.
Globale Elektromarktentwicklung (Quelle: ACEA, Automobilwoche)
Der weltgrößte Automobilmarkt China blieb auch im Oktober schwach. Im Oktober sind auf dem chinesischen Markt mit 1,74 Millionen Neuwagen (Pkw, SUVs und Minivans) 14 Prozent weniger Autos verkauft worden als im Vorjahresmonat. In China erschwert seit Monaten die schwierige Lage bei der Versorgung mit Elektronikchips die Situation am Markt. Das Land ist für die deutschen Autobauer der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt. Volkswagen ist als Marktführer im Massenmarkt des Landes besonders vom Produktionseinbruch betroffen, zuletzt mussten aber auch Daimler und BMW im Premium-Segment Verluste hinnehmen.
Auch in der EU sind die Neuzulassungen im Oktober deutlich zurückgegangen. Im Oktober wurden 665.001 Autos neu zugelassen und damit 30,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Damit ist die Zahl der Neuzulassungen den vierten Monat in Folge gesunken. Auf die ersten zehn Monate gesehen lag der Absatz wegen des guten ersten Halbjahres mit 8,2 Millionen Autos noch 2,2 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.
Im Gegensatz zur allgemeinen Marktschwäche nahmen die Verkäufe von Batterie-Elektroautos (BEV) im dritten Vierteljahr 2021 um 56,7 Prozent weiter auf 212.582 Einheiten zu. Ihr Marktanteil beträgt inzwischen rund 9,8 vH, woran zahlreiche Kaufprämien-Programme in wichtigen Märkten einen hohen Anteil hatten. So wiesen die vier größten EU-Märkte je nach Niveau der Bezugsbasis teils dreistellige Zuwachsraten auf: Italien (+122,0 Prozent), Deutschland (+62,7 Prozent), Frankreich(+34,6 Prozent) und Spanien (+21,8 Prozent).
Plug-In-Hybrid-Elektroautos (PHEVs) gewannen ebenfalls Marktanteile hinzu und lagen im dritten Quartal 2021 bei 9,1 vH. Die Neuzulassungen expandierten um 42,6 Prozent auf 197.300 Einheiten. Das stärkste Wachstum fand in Italien mit 130,6 Prozent statt, gefolgt von Spanien (+87,5 Prozent), Frankreich (+49,5 Prozent) und Deutschland (+37,5 Prozent).
Verbrennerautos verloren in der EU weiter an Boden: Benziner verloren gegenüber dem Vorjahr mit 855.476 Einheiten 35,1 Prozent; ihr Marktanteil sank von 47,6 vH auf 39,5 vH, die Verkäufe halbierten sich fast (von 769.922 auf 381.473). Der Diesel-Marktanteil sank im 3. Quartal um über 10 Prozentpunkte von 27,8 vH auf 17,6 vH, die Verkäufe halbierten sich von 769.922 auf 381.473.
E-Marktentwicklung in Deutschland (Quelle: VDA, KBA)
Zunächst eine erfreuliche Meldung für die Umweltpolitik der Bundesregierung: 41,2 Prozent aller neu zugelassenen Personenkraftwagen waren in den zurückliegenden zehn Monaten mit alternativen Antrieben (Elektrobatterie, Hybrid, Plug-In, Brennstoffzelle, Gas, Wasserstoff) ausgestattet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zeigte sich damit ein deutlicher Anstieg von 88,1 Prozent. Im Oktober 2021 sieht das Bild allerdings etwas schattiger aus:
- Im Oktober 2021 wurden 30.560 BEV-Neuwagen zugelassen, ihr Anteil betrug 17,1 vH, die Steigerung zum Vorjahresmonat betrug +32,0 Prozent.
- Mehr als ein Viertel (28,7 vH) aller Neuzulassungen, waren mit 51.327 Pkw und damit -18,4 Prozent weniger als im Vergleichsmonat mit hybridem Antrieb ausgestattet. Die Anzahl der Plug-In-Hybride (PHEV) ging mit 23.734 um -4,5 Prozent zurück und erreichte damit einen Anteil von 13,3 vH.
- Die Anzahl neu zugelassener Pkw mit Benzinantrieb ging um -43,9 Prozent zurück, ihr Anteil betrug 36,2 vH. Der Anteil der dieselbetriebenen Neuwagen betrug nach einem Rückgang von -56,7 Prozent 17,3 vH.
Nach Angaben des KBA in Flensburg zeigte sich in den ersten 10 Monaten 2021 am deutschen Markt für alternative Antriebe folgendes Bild:
- Bei den alternativ angetriebenen Pkw deutscher Marken lag Audi mit einem Anteil von 70,4 vH (+37,5 Prozent) vorn. BMW erreichte innerhalb seiner Neuwagenflotte einen Anteil von vH (+124,2 %); bei Mercedes waren 42,9 vH (+78,8 Prozent), bei Porsche 31,8 vH (+ 47,9 Prozent) und bei Schlusslicht VW 23,7 vH, aber mit hoher Zuwachsrate (+109,7 Prozent), aller Pkw-Neuzulassungen mit einem Elektroantrieb ausgestattet.
- Rund 45 Prozent aller neu zugelassenen Pkw mit alternativem Antrieb entfielen auf die Importmarken. Die volumenstärkeren Marken Toyota mit 66,9 vH (+15,1 Prozent) und Hyundai mit 65,2 vH (+161,8 Prozent) kamen auf Anteile von jeweils mehr als 60 vH.
- Auf Neuwagen mit einem Elektroantrieb (BEV, Plug-In, Brennstoffzelle) entfielen mit 24,2 vH (+122,0 Prozent) knapp ein Viertel aller Neuzulassungen. BEV-Pkw erreichten im Berichtszeitraum einen Neuzulassungsanteil von 12,2 vH (+134,6 Prozent).
- Die deutschen Marken erreichten bei den Pkw-Neuzulassungen mit Elektroantrieb zusammen einen Anteil von knapp 60 Prozent der Neuzulassungen mit dieser Antriebsart. Bei den Marken Mercedes, Porsche, Mini und Audi verfügten jeweils mehr als ein Viertel aller Neuwagen über einen Elektroantrieb. Mercedes brachte im Berichtszeitraum mit 59.696 Einheiten unter den deutschen Marken die meisten Neuwagen mit Elektroantrieb zur Zulassung.
- VW war mit 90.388 (+127,7 Prozent) neuen Elektrofahrzeugen (BEV) die volumenstärkste Marke insgesamt.
- Mit einem Anteil von 100 Prozent und 27.439 Elektrofahrzeugen (BEV) war Tesla bei den Importmarken die volumenstärkste Elektro-Marke, vor Hyundai, Renault, Seat und Skoda.
- Den reinen Zuwächsen nach lag Polestar nach Abschluss der ersten zehn Monate mit 229,6 Prozent bei 1,928 Einheiten vorn, gefolgt von Tesla mit 139,2 Prozent (27.439) und Smart mit 92,2 Prozent und 19.332 Einheiten; zum Vergleich VW mit 90.388 (+ 232,9 Prozent).
- Der Gesamt-Marktanteil von Tesla erhöhte sich von 0,5 vH (per Oktober 2020) auf 1,2 VH in 2021. Der Gesamt-Marktanteil der Volkswagen E-Autos nahm binnen Jahresfrist von 1,7 vH auf 4,1 vH zu.
- Bezogen auf den Elektromarkt alleine nahm der Tesla-Anteil von 4,6 vH in 2020 auf 5,0 vH in 2021 zu. Im gleichen Zeitraum verzehnfachte sich der vergleichbare Anteil bei VW von 1,7 vH (2020) auf 17,0 vH.
- Die Zeiten, in denen Tesla unter den BEV-Marken Primus war, sind längst dahin. Der trendmäßige Rückgang der Tesla-Neuzulassungen in Deutschland kam allerdings in der Zwischenzeit zum Stillstand. Im Oktober wurden 1.469 Tesla (+482,9 Prozent) neu zugelassen, ähnlich viele wie bei Nissan und Suzuki.
Der Wettbewerb auf dem Markt für Elektroautos wird zunehmend härter. Im Anhang ist dazu die neueste Statistik des Kraftfahrzeug-Bundesamtes angefügt: Von den dort aufgeführten 35 Marken haben inzwischen alle einen Elektroantrieb im Programm, 2020 waren noch vier ohne elektrischen Antrieb.
Ausblick
Längerfristig werden die Märkte für Elektroautos weiter expandieren, allein schon die COP26-Klimavereinbarungen zur Dekarbonisierung von Energie und Verkehr sorgen für weitere Impulse. Hinzu kommt, dass synthetische Treibstoffe etc., die für eine umweltfreundliche Marktalternative sorgen könnten, bislang nur vielfach angekündigt, aber noch nicht verfügbar sind. Der Engpass ist all überall „grüner“ Strom.
Bereits kurzfristig absehbar ist, dass der Verdrängungswettbewerb auf diesem bisherigen Nischenmarkt voll Fahrt aufgenommen hat. Dafür sorgen immer mehr Hersteller mit immer mehr Modellen, die in voller Breite in den Elektromarkt drängen. Das hohe Wachstumstempo der Pioniere hat damit zu Ende – für Investoren ein untrügliches Anzeichen zum Verkauf ihrer Anteilsscheine.
Ehemalige Pionier- und Monopolanbieter werden, ähnlich wie die Ausreißer bei der Tour de France, erst vom Hauptfeld eingeholt und dann auf Normalmaß zurückgestutzt und ins Feld integriert. So funktioniert Wettbewerb im marktwirtschaftlichen System.