»Teilweise historische Preisausschläge« bei Getreide, Mais und Ölsaaten wie Raps beobachtet der Vorstandsvorsitzende des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse, Thorsten Tiedemann: »Wenn sich die Preise noch eine Weile so halten für Pflanzenöle und für Getreide, dann wird sich das in-nerhalb einiger Monate sicherlich in den Lebensmittelpreisen auch im Supermarkt niederschlagen«, sagte er gegenüber der dpa.
Bei fast allen Agrarrohstoffen meldet die Welternährungsorganisation FAO steigende Preise. Seit sieben Jahren ist mit dem FAO-Preisindex von 31 Prozent über dem des Vorjahres der höchste Stand erreicht. Der Preis für die Tonne Mahlweizen liegt im Augenblick bei 247 Euro, sonst kostete die Tonne rund 170 Euro. Ebenfalls liegt der Preis für die sogenannten Ölsaaten wie Raps mit 553 Euro pro Tonne auf einem historischen Hoch. Ursache laut Welternährungsorganisation FAO: der grüne Run auf Biokraftstoffe.
Für Milchviehhalter, die viel Raps und Soja als Futtermittel benötigen, bedeutet dies sehr hohe Kosten fürs Viehfutter. Ebenso steigen im Schweine- und Geflügelbereich die Futterkosten in immer größere Höhen. Es liegen zudem in den Lagerhäusern zu geringe Vorräte im Vergleich zum Verbrauch – eine explosive Mischung.
Deutlich teurer ist auch der aktuelle Maispreis an der europäischen Börse MATIF mit rund 250 Euro pro Tonne und damit immerhin etwa 70 Euro mehr als vor einem Jahr.
An der maßgeblichen Weizenbörse in Chicago sind die Preise aufgrund neuer Prognosen über Erntemengen etwas unter Druck geraten. Es kann gut sein, dass dies eine Gegenbewegung zu dem doch recht wahnwitzigen steilen Anstieg der Preise bis vor kurzem ist.
Doch es gibt derzeit eine Reihe von Hinweisen darauf, dass die Ernte in diesem Jahr nicht so gut wird; denn das Wetter ist schlecht, kühl und regnerisch, und es bleibt vermutlich eine Weile noch so. So liegt der wärmeliebende Mais noch immer weit zurück, der erste Mais sollte eigentlich schon vor 4-5 Wochen aufgegangen sein. Es ist ihm zu kalt, die Pflanzen ziehen es vor, noch unter der Erde zu bleiben. Die positiven Effekte der alten Bauernregel »Ist der Mai kühl und nass, füllt es den Bauern Scheun und Fass« kippen zumindest partiell in das andere Extrem.
Auf einet Reihe von Flächen geraten die Maissaaten zudem unter Druck: überall dort, wo zu viel Wasser auf dem Boden steht und nicht nach unten abfließt. Zu viel Wasser ist Gift für den Mais, wissen die Bauern. Er bekommt zu wenig Sauerstoff, wächst kaum, wird braun.
Insgesamt wird es in diesem Jahr auf der Nordhalbkugel zu viel Wasser und zu viel Kälte geben – schlecht für die Ernten. Auf einer Reihe von Flächen konnten die Bauern bis jetzt noch nicht einmal die Maissaat auf die Felder bringen, weil die zu feucht waren und unter Wasser standen, nicht befahrbar sind. Umgekehrt sieht es auf der Südhalbkugel aus, vor allem Südamerika erwartet geringere Erntemengen.
Ändern kann sich dies, wenn doch noch schnell Wärme und Sonnenschein kommen und bis zur Erntezeit Ende August anhalten. Dies halten viele Bauern mit langer Erfahrung langsam für unwahrscheinlich. So viel zur angeblichen katastrophalen Klimaerwärmung, wie sie gepredigt wird. Warmzeiten waren bisher immer die besseren Zeiten als Kaltzeiten.
Die Rolle der Düngeverordnung in Deutschland
Eine besonders unrühmliche Rolle spielt Deutschland. Ministerin Julia Klöckner hat bekanntlich auf Druck von Umweltministerin Schulze, hinter der zahllose grüne NGOs stehen, eine Düngeverordnung durchgepeitscht, die dramatische Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion in Deutschland hat.
Deutschland wiederholt damit das dänische Experiment. Dort wurden ebenfalls die Düngemengen aus vorgeschobenen Umweltschutzgründen reduziert, in der Folge war Dänemark kaum mehr in der Lage, seinen Brotweizen selbst zu produzieren, sondern beträchtliche Mengen mussten importiert werden. Erst 2016 wurde dieses Experiment beendet, doch es wird noch mehrere Generationen dauern, bis sich die ausgelaugten Böden wieder erholt haben werden und einigermaßen brauchbare Ernten möglich sind.
Auf die Weizenmärkte wird sich das deutsche Experiment insofern auswirken, als dass die nicht mehr produzierten Mengen von den bereits unter Druck stehenden Weltmärkten importiert werden müssen. Weitere Folgen: höhere Knappheit an Nahrungsmitteln und damit Hunger in ärmeren Ländern, die sich keine teuren Importe leisten können.
Thorsten Tiedemann beobachtet, dass die Selbstversorgung Deutschlands bei Agrarrohstoffen abnehme. Deutschland sei in diesem Getreidewirtschaftsjahr auf einen Nettoexport von nur noch rund zwei Millionen Tonnen gekommen. Früher seien »auch schon mal netto sieben bis zehn Millionen Tonnen« exportiert worden. Tiedemann: »Das sind nicht mal fünf Prozent der gesamten Getreideproduktion, die wir hier übrig haben.«
Bezogen auf sämtliche Lebensmittel jedoch ist Deutschland nur noch zu 85 Prozent in der Lage, sich selbst zu versorgen. Es muss also Lebensmittel importieren, obwohl es zu den Ländern zählt, die von Klima und Güte der Bodenflächen sowie der Leistungsfähigkeit der Landwirte bevorzugt sind.
Noch ist unklar, wie sich die großen Weizenexporteure wie Russland und Ukraine verhalten werden. In Russland wird eine gute Ernte erwartet. Doch es könnten gut Exportbeschränkungen auferlegt werden, die zu einer Verknappung des weltweiten Weizenangebotes beitragen. Denn der Verbrauch vor allem von Weizen steigt schneller als die Produktionsmengen.
China kauft beträchtliche Mengen auf; das Land will auf keinen Fall eine Hungersnot seiner Landsleute riskieren und sorgt vor. Erinnert werden muss daran, dass der eigentliche Grund jener Aufstände in der arabischen Welt, die vielfach als »arabischer Frühling« gedeutet wurden, Hungeraufstände waren, als die Brotpreise ins Unermessliche stiegen.